Folge der Wirtschaftskrise: Der Investorenstreik
KfW-Chef Ulrich Schröder: Pfandbriefmarkt für Kommunen ist praktisch tot - "Ein dramatisches Problem"
Solange vermutet werde, dass Banken noch "Dreck in den Bilanzen" hätten, sei nicht mit Geld zu rechnen
(19.12.08) - Der Chef der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Ulrich Schröder, sagte am Mittwoch in einer öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, es gebe einen regelrechten Investorenstreik bei Anleihen mit einer Laufzeit von über drei Jahren. Selbst die Deutsche Bank finde keinen Investor mehr, der eine Anleihe über fünf Jahre abnehme. Nach Ansicht des KfW-Chefs geht die Vertrauenskrise in das Bankensystem auch darauf zurück, dass die USA eine Bank Pleite gehen ließen.
Es gebe andererseits einen enormen Zufluss an kurzfristiger Liquidität, so dass kleine Firmen gut mit Geld versorgt seien. In allen anderen Wirtschaftsbereichen gebe es jedoch überhaupt kein Geld mehr. Schröder sprach von einem "dramatischen Problem". Solange vermutet werde, dass Banken noch "Dreck in den Bilanzen" hätten, sei nicht mit Geld zu rechnen.
Schröder erklärte, man habe es mit einer Kombination aus Bankenkrise und Konjunkturkrise zu tun. Die Konjunkturkrise habe die ganze Welt erfasst, während sich frühere Krisen nur auf Teilmärkte ausgewirkt hätten. "Wir haben alle keine Erfahrungen damit", sagte Schröder in der Anhörung. Daher sei es schwierig, Prognosen über die Dauer der Krise abzugeben und geeignete Rezepte gegen die Auswirkungen der Krise zu nennen. Schröder wies außerdem darauf hin, dass der Pfandbriefmarkt, über den sich die Kommunen mit Geld versorgen würden, praktisch tot sei. Wenn die Kommunen sich kein Geld mehr besorgen könnten, könnten sie auch nicht mehr investieren, warnte der KfW-Chef.
Beatrice Weder di Mauro von der Gutenberg-Universität Mainz bezeichnete den Rettungsschirm für die deutschen Banken als erfolgreich. Aber der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung habe zur Reaktivierung des Interbankenhandels nichts unternehmen können. Weder di Mauro empfahl, schlechte Elemente aus den Bank-Bilanzen herauszukaufen. Charles Blankart von der Humboldt-Universität Berlin warnte davor, dass der Staat langfristig zum Pflichtversicherer der Banken werden könnte. Es gebe erste Anzeichen, dass der Staat das nicht immer schaffen könne. Island habe das gezeigt.
Dierk Hirschel vom deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bestritt, dass der Rettungsschirm für die Banken funktioniert habe. Der Webfehler sei die nur freiwillige Teilnahme für die Banken gewesen. Hirschel forderte ein Ausgabenprogramm in Höhe von 60 Milliarden Euro. Die bisherigen Programme seien völlig unzureichend. Die Erhöhung der Staatsausgaben, die mit Krediten finanziert werden könne, sei wirkungsvoller als die Senkung von Steuern. Hirschel sprach sich für Konsumgutscheine, die Einführung einer Verschrottungsprämie für Altautos und für höhere Sätze bei Hartz IV aus.
Einen Antrag der Linksfraktion (16/10619), ein Konjunkturprogramm mit einem Volumen von 30 Milliarden Euro aufzulegen und auch Hartz IV zu erhöhen, lehnte der Ausschuss mit den Stimmen aller anderen Fraktionen ab. Für einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (16/11023), der unter anderem Milliarden-Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen und eine Umstellung der Kfz-Steuer auf Kohlendioxid-Ausstoß fordert, stimmte neben Bündnis 90/Die Grünen die Linksfraktion, während Union, SPD- und FDP-Fraktion ablehnten. Über den Antrag der FDP-Fraktion (16/10867), ein Anti-Rezessionsprogramm mit einem Volumen von 26 Milliarden Euro aufzulegen, wurde noch nicht abgestimmt, weil der Antrag vom Bundestag bisher nicht an den Ausschuss überwiesen wurde. (Deutscher Bundestag: ra)
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