Änderungen zum Sozialdatenschutz


Datenschutzvereinigung warnt vor "Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften"
Mit der Konzentration der Datenschutzkontrolle bei der Steuerverwaltung und der Einschränkung der Auskunftsansprüche werden die unliebsamen Landesdatenschutzaufsichtsbehörden in diesem Bereich nach Ansicht der DVD mundtot gemacht und es wird eine jahrelange europarechts- und verfassungswidrige Praxis der Auskunftsverweigerung legalisiert



Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V. (DVD) ist gegen den Änderungsantrag von CDU/CSU und SPD zum Entwurf eines Gesetzes "zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes". Dieses sog. Omnibusgesetz habe nichts mit Bundesversorgung zu tun, sondern sehe u. a. folgende datenschutzrechtlichen Änderungen vor:

o >> Schaffung einer umfassenden Befugnis zur Nutzung automatisierter Fingerabdruck-Scans von Asylsuchenden ohne irgendwelche Sicherungsmaßnahmen,

o >> Änderung der Zuständigkeit für die Datenschutzaufsicht im Steuerbereich von den Ländern hin zum Bund,

o >> Beschränkung des Auskunftsanspruchs der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Steuerverwaltung,

o >> Änderung der Vorschriften zum Sozialdatenschutz, insbesondere im Sozialgesetzbuch (SGB) X.

Diese und weitere grundlegende Änderungen beim Datenschutz wurden laut DVD dem Bundestag von der Bundesregierung mit einer "Formulierungshilfe" über die Regierungsfraktionen untergeschoben, ohne dass hierzu ein transparentes parlamentarisches Verfahren mit einer öffentlichen Diskussion stattfindet.

Angebliches Ziel der Änderungen ist die Anpassung an die vom 25.05.2018 an direkt anwendbare Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Tatsächlich verstoßen einige der geplanten Regelungen gegen Sinn und Wortlaut dieser DSGVO. So wird z. B. der Fingerabdruckscan für Asylsuchende umfassend eingeführt, ohne dass, wie in Art. 87 DSGVO gefordert, "geeignete Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen" vorgesehen werden.

Mit der Konzentration der Datenschutzkontrolle bei der Steuerverwaltung und der Einschränkung der Auskunftsansprüche werden die unliebsamen Landesdatenschutzaufsichtsbehörden in diesem Bereich nach Ansicht der DVD mundtot gemacht und es wird eine jahrelange europarechts- und verfassungswidrige Praxis der Auskunftsverweigerung legalisiert. So erlaubt z. B. der geplante § 32c Abgabenordnung den Finanzbehörden die Auskunftsverweigerung, wenn sie der Meinung sind, ihre nicht weiter spezifizierten Geheimhaltungsinteressen würden überwiegen, explizit wird genannt die Verhinderung zivilrechtlicher Ansprüche - z. B. zwecks Schadenersatz - gegen diese Behörden.

Mit den geplanten Änderungen zum Sozialdatenschutz werden Regelungsmonster geschaffen, die wohl für kaum eine Sachbearbeiterin oder einen Sachbearbeiter in einer Sozialbehörde, ja nicht einmal für die dort tätigen Justiziare, mehr verständlich sind.

Werner Hülsmann, stellvertretender DVD-Vorsitzender: "Im 'Jahr Vier' nach Snowden ist für die deutsche Politik der Datenschutz anscheinend keinen Pfifferling mehr wert. Was hier im Schnelldurchgang durchgeboxt werden soll, straft jedes Lippenbekenntnis der Bundesregierung zum Datenschutz Lügen. Sollten die Regierungsfraktionen dem zustimmen, so verraten sie den digitalen Grundrechtsschutz und lassen sich zum Handlanger exekutiver Verarbeitungsträume degradieren."

Thilo Weichert, Mitglied des DVD-Vorstands: "Die Bundesregierung nimmt sich im Datenschutz anscheinend den US-Präsidenten zum Vorbild, der auch ungeachtet rechtlicher Vorgaben und demokratischer Entscheidungsabläufe Grundrechte mit Füßen tritt. Der Unterschied zu Trump: Das Gesetz ist nicht populistisch, schon gar nicht populär, sondern extrem bürokratisch. Erst ein verfassungswidriges "Bundesdatenschutzgesetz", das keine Daten schützt, jetzt eine Änderung des Bundesversorgungsgesetzes, das die Asyl- und die Steuerverwaltung mit Daten versorgt und zugleich Schutzstandards beiseiteschiebt. CDU/CSU und SPD zeugen von einem äußerst sonderbaren (Un-)Verständnis bei der Digitalisierung unserer Gesellschaft, wenn sie dem zustimmen."

Frank Spaeing, DVD-Vorsitzender: "Transparente Gesetzesentwicklung geht anders! Wie kann es sein, dass dieses Gesetz als Omnibusgesetz komplett an der interessierten Öffentlichkeit vorbei verhandelt und besprochen wird, ohne dass besagte Öffentlichkeit den Gesetzestext zumindest sehen und entsprechend würdigen kann? Auf der Bundestagsseite jedenfalls war bis zum 30.05.2017 (außer der namensgebenden Änderung des Bundesversorgungsgesetzes) nicht viel von den anderen geplanten Gesetzesänderungen zu sehen. Nur wer es sich aus den Stellungnahmen und dem Wortprotokoll mühsam erschlossen hatte, konnte ungefähr erahnen, was in den geplanten Gesetzesänderungen wirklich drinsteht. Unabhängig von aller anderen gerechtfertigten Kritik dürfen die Bürgerinnen und Bürger vom Gesetzgeber doch hoffentlich wenigstens transparente Gesetzgebungsprozesse erwarten, oder?"
(DVD: ra)

eingetragen: 28.06.17
Home & Newsletterlauf: 04.07.17

DVD: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Reduktion bürokratischer Hürden war überfällig

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt, dass die EU-Kommission die Bedeutung des europäischen Verbriefungsmarktes erkannt und konkrete Reformvorschläge vorgelegt hat. Die geplanten Entlastungen bei Sorgfaltspflichten, Reporting und aufsichtlichen Prozessen sind ein Schritt in die richtige Richtung.

  • Haftungsübernahme der Banken & Betrugsproblem

    Die Europäische Union will Betrug eindämmen, bei dem Kundinnen und Kunden von Kriminellen getäuscht und zu Zahlungen verleitet werden. Der Rat hat sich nun auf seine Position zur Änderung des Zahlungsrechts verständigt. Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes und diesjähriger DK-Federführer, betont: "Betrug kann nur wirksam bekämpft werden, wenn alle Beteiligten - Kreditinstitute, Telekommunikationsanbieter und Internetplattformen - ihren Beitrag leisten. Das muss auch der gesetzliche Rahmen widerspiegeln." Denn die Kriminellen entwickelten ihre Betrugsmaschen ständig weiter und nutzen neue Einfallstore über Social Media und andere digitale Kommunikationsmittel. Unerlässlich ist aber auch die Wachsamkeit der Kundinnen und Kunden. "Ohne ihre Mithilfe kann das Problem nicht gelöst werden", so Herkenhoff weiter.

  • Neue EU-Labels zu Langlebigkeit

    Am 20. Juni 2025 trat die neue EU-Ökodesignverordnung in Kraft.?Zugleich gibt es neue EU-Labels zu Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Dazu erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: "Die neuen Regelungen zum Ökodesign und entsprechenden Kennzeichen sind ein wichtiger Schritt für mehr Nachhaltigkeit in der digitalen Welt."

  • Finanzsektor muss mitgedacht werden

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) sieht Fortschritte, da sich die EU-Mitgliedsstaaten auf eine allgemeine Ausrichtung zur Omnibus Initiative geeinigt haben. Die ursprünglich von der Europäischen Kommission geplanten Vereinfachungen bei Berichtspflichten im Bereich Sustainable Finance sind ein wichtiger Schritt, um Unternehmen von Bürokratie zu entlasten und Nachhaltigkeit in der Praxis wirksamer zu gestalten.

  • Krisenmanagement & Einlagensicherung

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt den politischen Kompromiss zur Reform des europäischen Rahmens für Krisenmanagement und Einlagensicherung (CMDI). "Der Kompromiss ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Einlagensicherung kann modernisiert, das europäische Abwicklungsregime gestärkt werden. Doch zentrale Fragen zur Rolle und finanziellen Belastung nationaler Sicherungssysteme bleiben offen", sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des diesjährigen DK-Federführers Bundesverband deutscher Banken."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen