Compliance beim Beschäftigtendatenschutz


Tim Wybitul: "Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Datenschutz ist nicht Täterschutz"
Unternehmen dürfen Mitarbeiter unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit überwachen lassen, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen



Unternehmen verstoßen nicht gegen §32 Bundesdatenschutzgesetz, wenn sie einen Mitarbeiter wegen eines auf Tatsachen gegründeten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung von einem Detektiv überwachen lassen. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Erfurt (2 AZR 597/16) in einem Kündigungsschutzverfahren entschieden und ein anders lautendes Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg aufgehoben.

Tim Wybitul, Partner bei Hogan Lovells in Frankfurt und Experte für Beschäftigtendatenschutz, teilt dazu mit:
"Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Datenschutz ist nicht Täterschutz. Dieses Grundsatzurteil schließt Hintertüren für Straftäter. Wer Arbeitsunfähigkeit vortäuscht und weiter Lohn bekommt, begeht Arbeitszeitbetrug. Das ist eine Straftat. Die Richter machen praxisgerechte Vorgaben zum Beschäftigtendatenschutz.

Aber auch bei sonstigen Pflichtverletzungen schafft das Bundesarbeitsgericht Klarheit: Unternehmen dürfen Mitarbeiter unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit überwachen lassen, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen, dass Mitarbeiter in erheblichem Umfang gegen ihre Pflichten verstoßen. Solche Indizien können sogar heimliche Beobachtungen rechtfertigen, etwa durch Detektive oder im Rahmen von Compliance-Ermittlungen."

Im zugrundeliegenden Fall war ein Mitarbeiter nach 38 Jahren Betriebszugehörigkeit entlassen worden. Er hatte sich Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschlichen und in dieser Zeit für einen Konkurrenten - eine Firma seiner Söhne - gearbeitet. Das hatten Recherchen eines Detektivs ergeben, den der Arbeitgeber beauftragt hatte. Der Arbeitgeber hatte zuvor von einer E-Mail der Konkurrenzgesellschaft Kenntnis erhalten, aus der hervorging, dass der Mitarbeiter für die Konkurrenzgesellschaft tätig war. Die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, hatte geurteilt, die Detektive hätten mit ihren Ermittlungen gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen, die Beweise dürften deshalb nicht verwertet werden und der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers stattgegeben. Dem hat das Bundesarbeitsgericht nun widersprochen. (Hogan Lovells International LLP: ra)

eingetragen: 22.09.17
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