Praktikabilität des Blauen Engels


eco Allianz kritisiert neue Richtlinie zum Blauen Engel für Rechenzentren als praxisfern 
Allianz fordert realistische Anforderungen für Energieversorgung 



Die vom eco Verband initiierte Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen kritisiert die vom Umweltbundesamt (UBA) vorgesehenen Richtlinien-Neuerungen des Blauen Engels als weiterhin untauglich und praxisfern. Dazu sagt Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland:  

"Der Blaue Engel muss handhabbar und praktikabel für Rechenzentren werden. Bei der Überarbeitung des Umweltzeichens hat das UBA die Gelegenheit verstreichen lassen, den sehr starren Anforderungskatalog flexibler auszugestalten und die Praktikabilität des Blauen Engels zu stärken. Fakt ist: Rechenzentrenbetreiber haben ein Eigeninteresse, die Effizienz ihrer Rechenzenten so gut wie möglich zu steigern.

Die Kriterien zum Blauen Engel erkennen zwar vorhandene und praktizierte Konzepte zur Eigenstromversorgung von Rechenzentren an. Beim Thema Abwärmenutzung – dem neuen Kriterium des Blauen Engels – besteht jedoch dasselbe Problem wie bei dem von der Bundesregierung geplanten Energieeffizienzgesetz. Zwar ist es grundsätzlich sinnvoll, die Bereitschaft der Betreiber zur Abgabe von Abwärme im Rahmen des Blauen Engels abzubilden. Doch besteht eine der größten Herausforderungen weiterhin darin, Abnehmer für die Abwärme zu finden. Da die notwendige kommunale Wärmenetzinfrastruktur nicht entwickelt ist, finden die Betreiber bislang nur wenige Abnehmer. Zudem ist die Möglichkeit der Abwärmenutzung grundsätzlich standortabhängig und nicht überall möglich. An dieser Stelle ist es Aufgabe der Politik, einen Markt für Abwärme-Abnehmer sowie ausreichend Ressourcen für Grünstrom aus erneuerbaren Energien zu schaffen. Ansonsten können diese Potenziale nicht genutzt werden."  

Bereits vor der Neuerung hatte die eco Allianz realistische Anforderungen für die Energieversorgung gefordert. Waldhauser: "Mit dem Blauen Engel ausgezeichnete Rechenzentren müssen zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen versorgt werden. Das ist unterstützenswert, aber an diesem Punkt sind wir schlichtweg noch nicht, weil die Politik die Energiewende um mehr als zehn Jahre verschlafen hat. Auch die Eigenstromnutzung kann damit nur ein Baustein zur Versorgung sein, wird allerdings nicht ausreichen, um den gesamten Strombedarf von Rechenzentren abzudecken."

 Blauer Engel hat international nur wenig Bedeutung   
Gleichzeitig bleibe dann jedoch weiterhin das Problem bestehen, dass der Blaue Engel im international geprägten Markt nur wenig durchdringe, mahnt Waldhauser:

"Europäische Selbstregulierungsinitiativen wie etwa den Climate Neutral Data Centre Pact halte ich für sehr viel sinnvoller. Die meisten in Deutschland ansässigen Rechenzentren agieren im europäischen und internationalen Wettbewerb, sodass national ausgelobte Umweltzeichen nur wenig Relevanz und Anerkennung bei internationalen Kunden finden.  

 Das eigentliche Hauptproblem beim Blauen Engel sind die willkürlich gesetzten Grenzwerte, die zu einer mangelnden Markt- und Branchenakzeptanz führen. Ich erwarte nicht, dass sich die Anzahl der Blauen Engel Umweltkennzeichennehmern in der Branche nach den Richtlinien-Anpassungen signifikant erhöhen wird. Die Anforderungskriterien zum Blauen Engel müssen sich deutlich stärker an europäischen Normen, Branchenstandards und Vereinbarungen orientieren. Insbesondere wäre es notwendig, die Zertifizierung an die praktischen Gegebenheiten der Rechenzentren anzupassen. Konvergente und anschlussfähige Kriterien sollten auch für den Blauen Engel im Vordergrund stehen. Nur so können Vergleichbarkeit und Transparenz in einem europäischen Marktumfeld sowie ein Mehrwert für Rechenzentren und deren Kunden geschaffen werden. (eco: ra) 

eingetragen: 07.02.23
Newsletterlauf: 27.04.23

eco: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Weitere Maßnahmen sollten folgen

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) begrüßt die Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), den sektoralen Systemrisikopuffer für Wohnimmobilienfinanzierungen von zwei auf ein Prozent zu senken. Damit reagiert die Aufsicht auf die veränderten Marktbedingungen und kommt einer Forderung der Kreditwirtschaft nach. Der Schritt ist ein wichtiges Signal für die differenzierte und verantwortungsvolle Anwendung makroprudenzieller Instrumente.

  • Dringend gesetzliche Klarheit & Bürokratieabbau

    Als am 1. Juli 2024 die Pflegepersonalbemessungsverordnung (PPBV) in Kraft getreten ist, waren sich die meisten Krankenhäuser über die weitreichenden Folgen vermutlich noch gar nicht im Klaren. Denn: Auch wenn der ursprüngliche Gedanke aus dem Gesundheitsministerium durchaus begrüßenswert ist - nämlich Pflege und Versorgung im Gesundheitswesen zu verbessern - ist es wieder einmal das Wie, das eine Besserung der oftmals dramatischen Lage verhindert. In der Praxis erweist sich die Verordnung nämlich nicht als pragmatische Lösung für bessere Arbeitsbedingungen oder einen Abbau von zeitintensiver Bürokratie, sie ist ziemlich genau das Gegenteil: ein bürokratisches Monster, das an inhaltlicher Komplexität seinem eigenen Namen in nichts nachsteht.

  • Stärkung der Demokratie notwendiger denn je

    Transparency Deutschland (TI-D) hat den Koalitionsvertrag der neuen Regierung geprüft - die Bilanz fällt weitgehend ernüchternd aus. Mit Blick auf Lieferkettengesetz, Geldwäschebekämpfung sowie Klima- und Umweltpolitik seien leider erhebliche Rückschritte zu erwarten.

  • Bewertung von PCI DSS 4.0

    Am 31. März 2025 trat die neueste Version des Payment Card Industry Data Security Standard (PCI DSS) in Kraft - Version 4.0*. PCI DSS 4.0 verlangt nicht nur, dass digitale Identitäten eindeutig Personen zugeordnet werden, sondern legt zudem den Fokus auf die Aufrechterhaltung robuster Sicherheitsmaßnahmen angesichts sich ständig weiterentwickelnder Cyberbedrohungen. Organisationen, die mit Zahlungskartendaten arbeiten, müssen verbesserte Sicherheitsanforderungen umsetzen - darunter auch starke Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA).

  • EU-Richtlinie gegen Diskriminierung muss kommen

    Auf EU-Ebene fanden weitere Verhandlungen zur "5. Antidiskriminierungsrichtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung" statt. Der Sozialverband VdK fordert die Bundesregierung auf, sich endlich dafür einzusetzen, dass diese verabschiedet wird.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen