Schweigen wird als Zustimmung gewertet
vzbv kritisiert aktuellen Gesetzesentwurf: Reform des Pauschalreiserechts birgt unerwünschte Überraschungen
Kurzfristige Vertragsänderungen und Preiserhöhungen sind möglich - Regelungen zu verbundenen Reiseleistungen sind zu kompliziert
Das Pauschalreiserecht soll ins digitale Zeitalter überführt werden. Bislang waren Urlauber, die ihre Reise über Vermittlungsplattformen im Internet gebucht hatten, nicht durch die Regelungen geschützt. Doch neben längst überfälligen Anpassungen bringt die geplante Reform auch gravierende Verschlechterungen für Verbraucher. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisiert dies in einer aktuellen Stellungnahme.
"Mit der geplanten Reform des Pauschalreiserechts verpasst der Gesetzgeber eine Chance für verbraucherfreundlichere Regelungen. Urlauber brauchen Planungssicherheit bei Pauschalreisen", sagt Kerstin Hoppe, Reiserechtsexpertin beim vzbv.
Kurzfristige Vertragsänderungen möglich
Mit den neuen Regelungen sind Preiserhöhungen bis zu acht Prozent bis 20 Tage vor Reiseantritt möglich, ebenso wie unwesentliche Änderungen des Vertrags bis zum Antritt der Reise. Dies gibt die EU-Richtlinie vor. Bisher gilt eine Viermonatsfrist und eine Preiserhöhung darf höchsten fünf Prozent betragen.
Wesentliche Änderungen des Vertrags gelten als akzeptiert, wenn der Reisende nicht aktiv widerspricht. Das Schweigen des Urlaubers wird als Zustimmung gewertet. "Das ist eine inakzeptable Regelung zu Lasten der Verbraucher. Die Anbieter können wesentliche Änderungen auch kurzfristig vornehmen und die Preise über acht Prozent erhöhen. Sofern der Kunde schweigt, hat er die Änderung akzeptiert", so Hoppe.
In der Gesetzesreform fehlten außerdem ein Widerrufsrecht bei Buchungen im Internet, eine Erhöhung des Insolvenzschutzes bei Pauschalreisen sowie eine Insolvenzabsicherung bei Flugbuchungen. "Urlauber dürfen nicht auf möglichen Schäden sitzen bleiben", sagt Kerstin Hoppe.
Anwendungsbereich wird erweitert
Erfreulich ist die Erweiterung des Anwendungsbereiches des Pauschalreiserechts. Als Pauschalreise gelten neben vorab zusammengestellten auch maßgefertigte Reisen. Künftig werden auch verbundene Reiseleistungen erfasst, die sich Verbraucher über ein Online-Portal selbst zusammenstellen. Dies kann in einem Zug oder innerhalb von 24 Stunden erfolgen. "Diese Regelungen sind in der Richtlinie leider außerordentlich kompliziert ausgefallen, so dass mit zahlreichen Rechtsstreitigkeiten nach Inkrafttreten des Gesetzes zu rechnen ist", so Hoppe.
Reform des Pauschalreiserechts
Die Pauschalreiserichtlinie aus dem Jahre 1990 wurde im November 2015 durch eine neue EU-Richtlinie ersetzt. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie vorgelegt. Bis spätestens 2018 muss diese in deutsches Recht überführt werden. (Vrbraucherzentrale Bundesverband: ra)
eingetragen: 28.07.16
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