Deutschland muss Gruppenklage einführen


VW-Skandal zeigt Handlungsbedarf: Für Verbraucher muss es einfacher werden, Rechte gemeinsam einzuklagen
Compliance & Manipulation von Abgaswerten die Verbraucher: Rechtsbruch darf sich für Unternehmen nicht lohnen

(20.10.15) - VW hat mit der Manipulation von Abgaswerten die Verbraucher massiv getäuscht. Sollten sich daraus für Kunden in Deutschland finanzielle Ersatzansprüche ergeben, fehlen bislang die rechtlichen Mittel, um die Ansprüche vieler geschädigter Verbraucher durchzusetzen. Darauf macht der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) aufmerksam. Bislang gibt es in Deutschland keine Gruppenklagen. Wer nicht auf seinem Schaden sitzen bleiben will, muss selbst klagen. Der vzbv fordert die Einführung von Gruppenverfahren. So ließe sich auch verhindern, dass mögliche Ansprüche bis zur vollständigen Aufklärung eines Falls verjährt sind.

Immer wieder erleiden Verbraucherinnen und Verbraucher durch rechtswidriges Verhalten von Unternehmen hohe finanzielle Schäden. Gerichte untersagen zwar solche Geschäftspraktiken. Doch trotz gewonnener Unterlassungsverfahren bleiben Verbraucher häufig auf dem Schaden sitzen. Zu dem Ergebnis kommt ein aktuelles juristisches Gutachten im Auftrag des vzbv.

Klaus Müller, Vorstand des vzbv: "Rechtsbruch darf sich für Unternehmen nicht lohnen. Es ist an der Zeit, dass Verbraucher nicht nur zu ihrem Recht, sondern auch zu ihrem Geld kommen." Verbraucherverbände wie die Verbraucherzentralen können zwar stellvertretend für Betroffene klagen, die ihre Ansprüche an die Verbände abtreten. Diese Verfahren sind aber unverhältnismäßig aufwändig. Die Verbände können nur wenige Verbraucher vertreten, so dass es in Fällen mit vielen Betroffenen an der Breitenwirkung fehlt.

Die Europäische Kommission hat bereits im Jahr 2013 eine Empfehlung zur Einführung von Gruppenverfahren verabschiedet. Doch bislang gehört Deutschland in Europa zu den Schlusslichtern bei Gruppenklagen. Der vzbv appelliert an die Bundesregierung, zu handeln. Die Forderungen im Überblick:

Gruppenverfahren einführen
Verbraucher müssen sich in gleichgelagerten Fällen zusammenschließen und gemeinsam klagen können – entweder mit oder ohne Beteiligung von Verbraucherbänden. Die Möglichkeit, sich einem Gruppenverfahren anzuschließen, muss niedrigschwellig sein. Solche Verfahren sind nicht mit Sammelklagen wie in den USA vergleichbar. Verbraucher sollen nur die Ansprüche geltend machen können, die jedem einzelnen zustehen und die theoretisch auch individuell durchsetzbar wären.

Verjährung hemmen
Verbraucherverbände müssen Rechtsfragen, von denen viele Menschen betroffen sind, in Musterverfahren klären lassen können. Damit die Urteile auch nach einem jahrelangen Rechtsstreit nicht zu spät für die Betroffenen kommen, dürfen diese Fälle bis zur finalen Entscheidung nicht verjähren.

Mit Vergleichs- und Schlichtungsangeboten helfen
Gruppen- und Musterverfahren können häufig nur zentrale Rechtsfragen klären. Sie sollten jeweils mit gerichtlich begleiteten Vergleichsverfahren oder Schlichtungsangeboten verbunden werden, um Verbraucher bei der Berechnung ihrer individuellen Ansprüche zu unterstützen.

Abschöpfung von Unrechtsgewinnen erleichtern
Auch wenn die Schäden jedes Einzelnen so gering sind, dass die Auszahlung an die betroffenen Verbraucher unwirtschaftlich wäre, dürfen Unternehmen unrechtmäßige Gewinne nicht behalten. Zwar ist es schon heute möglich, diese Beträge einzuklagen, doch die Anforderungen sind zu hoch. So kann das Geld bislang zum Beispiel nur abgeschöpft werden, wenn der unrechtmäßige Gewinn konkret beziffert wird und den Unternehmen ein Vorsatz nachgewiesen werden kann. Der vzbv fordert, die rechtlichen Hürden etwa durch Beweiserleichterungen zu senken. (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)

Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Datenschutz und Informationsfreiheit

    Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider ihren Tätigkeitsbericht vorgestellt. Dazu erklärt Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung: "Das Amt der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit ist mit Blick auf die digitale Transformation und Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz eines der wichtigsten in Deutschland. Der vorgelegte Tätigkeitsbericht zeigt den eingeschlagenen und dringend notwendigen Perspektivwechsel der BfDI, die Datenschutz und verantwortungsvolle Datennutzung gleichermaßen in den Blick nimmt."

  • Bitkom zum "AI Continent Action Plan" der EU

    Die EU-Kommission hat den "AI Continent Action Plan" vorgestellt, mit dem Europa bei Künstlicher Intelligenz zu den aktuell führenden Nationen USA und China aufschließen will. Dazu erklärt Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung: "Mit dem AI Continent Action Plan verschiebt die EU den Fokus von KI-Regulierung auf KI-Förderung - und dafür ist es höchste Zeit. Die europäischen Staaten können nur gemeinsam zu den führenden KI-Nationen USA und China aufschließen und die Grundlagen für eine wettbewerbsfähige, europäische KI schaffen. Eine KI aus Europa würde einen entscheidenden Beitrag zu Europas digitaler Souveränität leisten. Die aktuelle geopolitische Lage und die angespannten Handelsbeziehungen zu den USA machen dies notwendiger denn je."

  • Rückschlag im Kampf gegen Korruption

    Transparency Deutschland kritisiert den Koalitionsvertrag von Union und SPD als unzureichend im Hinblick auf Korruptionsbekämpfung und -prävention sowie Transparenz. Keine der drei Kernforderungen, die die Antikorruptionsorganisation bereits im Wahlkampf an die künftige Bundesregierung formuliert hatte, wurde im Koalitionsvertrag berücksichtigt. In der nächsten Legislaturperiode bleiben damit gravierende Defizite bestehen - und der Handlungsbedarf verschärft sich.

  • Nachhaltigkeit in der Unternehmensstrategie

    Die Europäische Kommission hat am 26.02.25 mit der Omnibus-Richtlinie ein neues Paket von Vorschlägen zur Vereinfachung der EU-Nachhaltigkeitsvorschriften und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit vorgelegt. Stefan Premer, Principal Sustainability Consultant - Global Lead Climate Strategy bei Sphera, Anbieterin von Lösungen für das Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen, erläutert unten seine Sicht zu diesen Vorschlägen.

  • Risiken frühzeitig zu kontrollieren

    Die Regulierung von KI ist ein zentrales politisches und wirtschaftliches Thema - doch während Europa auf Vorschriften setzt, treiben die USA und China die Umsetzung voran. Die EU versucht mit dem AI-Act, Risiken frühzeitig zu kontrollieren, doch der technologische Fortschritt lässt sich nicht per Gesetz erzwingen. Unternehmen müssen Verantwortung übernehmen, indem sie Transparenz fördern und Vertrauen schaffen - nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch für wirtschaftliche Vorteile.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen