Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff kommt
Nachhaltige Finanzierung fehlt im Gesetzentwurf zum Pflegestärkungsgesetz II
Die bisherige Unterscheidung zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen und kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen soll entfallen
(21.10.15) - Die geplante gesetzliche Neuregelung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs und die Schaffung eines neuen Begutachtungsverfahrens schließt endlich eine Gerechtigkeitslücke in der Pflegeversicherung. Am 30. September 2015 führte der Gesundheitsausschuss des Bundestages eine Anhörung zum Entwurf des Pflegestärkungsgesetzes II durch, die zweite Stufe der Pflegereform. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) vermisst jedoch ein nachhaltiges zukunftsfähiges Finanzierungskonzept.
Das zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) führt einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff ein. Die bisherige Unterscheidung zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen und kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen soll entfallen. Damit verbunden ist ein neues "gerechteres" System der Begutachtung von Menschen zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Klaus Müller, Vorstand des vzbv: "Der Gesetzentwurf ist mit dieser Definition von Pflegebedürftigkeit und dem neuen Begutachtungsverfahren auf dem richtigen Weg. Um die Situation pflegebedürftiger Menschen wirksam zu verbessern, muss jetzt die Chance genutzt werden, wichtige Änderungen in den Gesetzentwurf einzufügen."
Nachhaltige Finanzierung fehlt
Die geplante Reform setzt zusätzliche Finanzmittel der Pflegeversicherung voraus. "Die Ausgaben, die mit dieser Reform auf uns zukommen, können nicht alleine dadurch bewältigt werden, dass die Versicherungsbeiträge ab Januar 2017 um 0,2 Prozentpunkte angehoben werden", so Müller. Der Gesetzentwurf enthält keine Lösungsansätze für eine nachhaltige Finanzierung der Sozialen Pflegeversicherung.
Der vzbv fordert, die Private und die Soziale Pflegepflichtversicherung mit einem gleichen, einkommensabhängigen und paritätisch finanzierten Pflegeversicherungsbeitrag für alle zusammenzuführen. Zu überlegen wäre zudem, weitere Einnahmen der Versicherten - neben denen aus unselbständiger Arbeit - in die Bemessungsgrundlage zur Beitragshöhe einzubeziehen.
Leistungsdynamisierung notwendig
Zu Recht gerät das Versäumnis, Vorschriften zu einer regelgebundenen Leistungsdynamisierung im Pflegeversicherungsgesetz zu verankern, verstärkt in den Fokus der öffentlichen Kritik. Klaus Müller: "Der Gesetzentwurf schreibt nur die bestehende Dynamisierungsregel fort. Diese bietet aber keine Gewähr für eine Anpassung. Sie ordnet lediglich eine erneute Prüfung der Anpassung der Leistungen erst im Jahr 2020 an. Das reicht nicht aus."
Der vzbv fordert daher, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die "automatisierte" Anpassungen in kurzen Abständen an gesetzlich eindeutig festgelegte Kriterien bindet. Seit der Einführung der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) vor 20 Jahren haben die Leistungen einen Kaufkraftverlust von mehr als 20 Prozent erlitten. Die pflegebedürftigen Menschen müssen einen zunehmend steigenden Eigenanteil an den im Pflegefall entstehenden Gesamtkosten privat tragen. Mittlerweile ist davon auszugehen, dass von den Versicherten mindestens die Hälfte der Gesamtkosten der Pflege getragen wird. (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)
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