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Compliance erreicht den Mittelstand


Datenverschmutzung in Adressbeständen reduzieren: Auch für Mittelständler und Kleinbetriebe (KMU) gelten heute komplexe Compliance-Vorschriften
Schutz des Betriebs und Risikominimierung: Thema Compliance gezielt angehen und Datenqualität unter die Lupenehmen


Compliance in der Datenqualität
Compliance in der Datenqualität Für jedes Unternehmen ein Thema, Bild: © Michael Mrozek

(12.06.07) - Bilanzskandale sind in der globalen Wirtschaft fast schon an der Tagesordnung. Die Folge: Zahlreiche neue Gesetze und Regulierungsvorschriften, die zum Teil das Management für Fehler persönlich verantwortlich machen. Weil hier Unwissenheit nicht vor Strafe schützt, müssen sich Mittelständler ebenfalls verstärkt dem Thema Datenqualität widmen.

"Gehen Sie ins Gefängnis. Begeben Sie sich direkt dorthin! Gehen Sie nicht über Los und ziehen keine Millionen ein!" Dass dieses Prinzip nicht nur beim bekanntesten Brettspiel der Welt, sondern auch bei erfolgreichen Unternehmern greift, zeigte sich in den vergangenen Jahren recht häufig. So verurteilte das Landgericht Hildesheim erst vor wenigen Wochen vier Spitzenmanager und den Gründer des ehemaligen Geldtransporteurs Heros wegen schwerer Untreue und Bankrott zu hohen Haftstrafen. Die Manager hatten nach Auffassung des Gerichts mithilfe eines Schneeballsystems Kundengelder in Millionenhöhe benutzt, um immer neue interne Finanzlöcher zu stopfen. Mehr als 1.000 Firmen sollen so geschädigt worden sein. Heros selbst meldete im Anschluss an den Skandal Konkurs an.

Dass das Ex-Heros Management nun persönlich für das Fiasko büßen muss, hilft zwar weder Anlegern noch Ex-Angestellten, macht jedoch die Bedeutung der "Corporate Compliance" deutlich. Gerade um solchen Szenarien vorzubeugen, wurden in den letzten Jahren auch in Deutschland die entsprechenden gesetzlichen Regelungen verschärft. Auch für Mittelständler und Kleinbetriebe (KMU) gelten heute komplexe Compliance-Vorschriften, die sie verpflichten, bestimmte Informationen öffentlich zu machen sowie Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Betriebs und zur Risikominimierung zu treffen.

Das scheint jedoch leichter gesagt als getan. Schließlich müssen die Betriebe nicht nur die ständig neuen Regelungen zur transparenten Aufbewahrung von Daten und Dokumenten kennen, sondern ihre Systeme auch laufend an diese Anforderungen anpassen. Allein in der letzten Legislaturperiode kamen in Deutschland 400 Gesetze und 1.400 Verordnungen hinzu. Im Ausland tätige Firmen haben sich zudem auf internationale Vorschriften einzustellen. Basel II, MaK, Sarbanes-Oxley, Anlegerschutzverbesserungsgesetz, Änderungen im WpHG und die neuen internationalen Rechnungslegungsstandards sind dabei nur einige Stichworte, die inzwischen vielen Firmenchefs den Schweiß auf die Stirn treiben.

"Viele Verantwortliche sind anlässlich spektakulärer Prozesse aus der jüngeren Vergangenheit für das Thema Compliance stark sensibilisiert", hat Gert Serwas, Deutschland-Geschäftsführer des Softwareherstellers Human Inference mit Sitz in Neuss, festgestellt. Und dies hat auch gute Gründe: Zwar steht nicht jeder Unternehmer, der gesetzliche Vorgaben nur unzureichend umsetzt, gleich direkt mit einem Bein im Gefängnis.

"Trotzdem können die Strafen im Schadensfall ziemlich hart ausfallen", weiß der Human Inference-Chef. Und außerdem drohen neben Geldbußen auch Imageschäden und Vertrauensverluste für das Unternehmen. Und auch im eigenen Interesse ist es wichtig, dass ein Betrieb weiß, mit wem er Geschäfte macht. Etwa um rechtzeitig finanzielle Risiken aufzudecken.

Grund genug auch für mittelständische Betriebe, das Thema Compliance gezielt anzugehen und sich mit der Datenqualität näher zu beschäftigen. Etwa im Bereich der Kunden- und Adressdaten. Denn was, wenn sich Besteller von Waren hinter verschiedenen Namen und Adressen verbergen? Wenn etwa eine Firma unterschiedliche Tochterbetriebe unterhält oder in Datenbanken parallel als HGK GmbH und "Humboldt Geyer Klotz" geführt wird? "Nur wenn solche Dubletten zweifelsfrei erkannt und konsequent eliminiert werden, lässt sich eine zufrieden stellende Datenqualität erreichen", sagt Holger Wandt, Principal Advisor bei Human Inference.

Wie lässt sich eine solche Aufgabe aber effizient und zuverlässig automatisieren? Abgleiche nach rein mathematischer Logik, die in der Steinzeit der Datenverarbeitung – also vor noch nicht einmal 15 Jahren – Gang und Gäbe waren, reichen für heutige Anforderungen nicht mehr aus. "Gleicher Name, gleiche Straße, gleiche Adresse – diese Dopplung lässt sich leicht erkennen und wurde auch früher vom System gemeldet", so Wandt. Tippfehler, wie z.B. Buchstabendreher in Namen oder Adresse bemerken Systeme, die auf rein mathematischer Logik basieren, dagegen nicht.

"Um eine optimale Datenqualität sicherzustellen, sind deshalb Sprachkenntnisse und kulturelles Wissen unerlässlich. Denn nur damit lässt sich erkennen, dass es sich beispielsweise bei EVO AG und der Energieversorgungsgesellschaft Offenbach um ein und denselben Kunden handelt", verdeutlicht Wandt. Genau hier zeigt sich die Stärke der Lösungen von Human Inference. Denn sie analysieren vorhandene Datensätze nicht nur, sondern interpretieren sie auch. Das ist immens wichtig.

Schließlich müssen zur korrekten Verarbeitung und Bewertung von Namenseintragungen einzelne Namenselemente ebenso wie deren Bestandteile und Beziehung zueinander bekannt sein. Handelt es sich etwa bei "Siemens" um einen Firmen- oder einen Familiennamen? Steht der Begriff Dr. Hans Wegener-Wein für eine Rüdesheimer Kellerei oder einen verheirateten Akademiker mit Doppelnamen? "Der Mensch trifft diese Unterscheidung in Sekundenbruchteilen, mit rein mathematischer Logik ist dies dagegen nicht möglich", sagt Wandt.

Noch schwieriger wird es, wenn ein Unternehmen europa- oder gar weltweit operiert. Und das tun inzwischen auch zahlreiche Mittelständler: So ist laut einer Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (kfw) nahezu ein Viertel der kleinen und mittleren deutschen Unternehmen im Exportgeschäft aktiv. Zwei Drittel der Ausfuhren gehen dabei in Länder der europäischen Union.

"Hier braucht man spezielles Know-how in den verschiedenen Märkten, da zum Beispiel die Adressen in den verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich geschrieben werden", weiß Gert Serwas. Nur wer dieses Know-how hat und gezielt einsetzt, kann die Datenverschmutzung in seinen Adressbeständen nachhaltig reduzieren. Und dann klappt es auch mit der Compliance. (Human Inference: ra)



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