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Deutliche Kritik am SWIFT-Abkommen


Peter Schaar: Übermittlung von SWIFT-Daten in die USA sind weder datenschutzgerecht noch demokratisch legitimiert
SWIFT-Abkommen und das Verfahren seines Zustandekommens seien mit gravierenden Fehlern behaftet


(03.02.10) - Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Peter Schaar übte in seinem Vortrag an der Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach bei der Tagung "Freiheit braucht Mut - Zum Datenschutz in der digitalen Welt" deutliche Kritik am SWIFT-Abkommen und an der Art seines Zustandekommens. Vor zwei Monaten hatte der Europäische Rat der Innen- und Justizminister den Entwurf des SWIFT-Abkommens gebilligt, das ab 1. Februar 2010 vorläufig angewendet werden soll.

Die bei SWIFT gespeicherten Daten, die im Zusammenhang mit Überweisungen aus Europa in Drittstaaten anfallen, sollen aus der EU in die USA übermittelt werden. In geringerem Umfange können aber auch Daten zu innerdeutschen Überweisungen betroffen sein.

Schaar sagte: "Die Entscheidung von Rat und Kommission, US-Behörden vom 1. Februar an Zugriff auf in Europa gespeicherte Bankdaten einzuräumen, ist ein nachhaltiger Eingriff in den Datenschutz. Das SWIFT-Abkommen und das Verfahren seines Zustandekommens sind mit gravierenden Fehlern behaftet. Es wurde ohne Beteiligung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten abgeschlossen. Die Volksvertretungen konnten deshalb ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag als Wächter der Grundrechte der EU-Bürger nicht nachkommen."

Das Abkommen selbst weise erhebliche datenschutzrechtliche Defizite auf. So seien die Schwellen für die Datenübermittlung so niedrig gesetzt, dass voraussichtlich ganz überwiegend Daten des Terrorismus völlig unverdächtiger Bankkunden übermittelt werden. Zudem fehle eine wirksame Kontrolle durch unabhängige Datenschutzbeauftragte. Das Abkommen enthalte keine Benennung der in den USA gegen Abkommensverstöße bestehenden Rechtsbehelfe und Schadensersatzansprüche.

Die Kommission und der Rat hatten anlässlich der Billigung des Abkommens durch die Innen- und Justizminister versprochen, das Abkommen nicht ohne eine zustimmende Entscheidung des Europäischen Parlaments in Kraft zu setzen.

Schaar erwartet deshalb von der Bundesregierung, dass sie sich auf europäischer Ebene kurzfristig dafür einsetzt, das Abkommen bis zu einem Votum des Europäischen Parlaments nicht anzuwenden.

Für Schaar stellt das Abkommen in seiner gegenwärtigen Fassung auch keine tragfähige Basis für eine für November 2010 geplante Folgeregelung dar. "Ohne angemessenen Daten- und Rechtsschutz dürfen personenbezogene Daten nicht übermittelt werden", sagte er.

Schaar begrüßte in diesem Zusammenhang auch die Äußerung der künftigen EU-Justizkommissarin Reding, die in diesen Tagen das SWIFT-Abkommen über die Weitergabe von Bankdaten an US-Terrorfahnder im Wesentlichen mit datenschutzrechtlichen Argumenten infrage gestellt hatte. Hierin sieht Schaar ein positives Signal für einen beginnenden Umdenkungsprozess. (BfDI: ra)


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