Sie sind hier: Home » Recht » Datenschutz und Compliance

Facebook-Dating aus Datenschutzsicht


Tiefergehende Persönlichkeitsfragen: Datenschützer wie Marit Hansen sehen Facebook-Dating kritisch
Facebook fragt die Dating-interessierten Nutzer selbst aus, um auf dieser Basis passende Partner zu vermitteln



Das soziale Netzwerk Facebook hat einen neuen Dienst angekündigt: Facebook-Dating. Die Einführung in Europa ist für das Jahr 2020 geplant, in den USA ist der Dienst schon jetzt nutzbar. Datenschützer wie Marit Hansen sehen dieses neue Angebot kritisch. Jede Partnervermittlung basiert auf personenbezogenen Daten. Als Daumenregel gilt: Personen passen gut zueinander, wenn sie gemeinsame Interessen haben und psychologisch auf einer Wellenlänge sind. Viele Facebook-Nutzer tragen ihre Interessen ein, außerdem führt Facebook detaillierte Analysen durch, um passgenaue Werbung zu ermöglichen. Für den Facebook-Mechanismus ist es egal, ob Produkte an die passenden Kunden vermittelt oder Partner zusammengebracht werden sollen: Hilfreich für beides sind psychologische Profile.

Marit Hansen, die Landesbeauftragte für Datenschutz Schleswig-Holstein, kommentiert dies: "Für Facebook ist die Analyse von psychologischen Eigenschaften und anderen sensiblen Informationen kein Neuland: In 2017 wurde bekannt, dass ein australischer Forscher bei Facebook Algorithmen entwickelte, um festzustellen, ob sich die jugendlichen Nutzerinnen und Nutzer ängstlich, nervös, gestresst, dumm, unsicher, wertlos oder als Versager fühlten. Vor einem Jahr lieferte Facebook gezielt "Gay-Cure"-Werbung an homosexuelle junge Leute aus – solche Werbung erklärt, wie sie vermeintlich von ihrer sexuellen Präferenz "geheilt" werden können, und vermittelt den Eindruck, es sei mit einem etwas nicht in Ordnung. Erst nach einem Hinweis der Medien wurden diese manipulativen Werbungen gestoppt. Außerdem verwendet Facebook laut Medienberichten in einigen Ländern Verfahren der Künstlichen Intelligenz, um Gemütszustände anhand von Postings oder Fotos – bis hin zu Depressionen oder Suizidgefahr – zu erkennen.

Nun geht Facebook noch einen Schritt weiter und fragt die Dating-interessierten Nutzer selbst aus, um auf dieser Basis passende Partner zu vermitteln. In einer "Secret-Crush"-Liste kann man eintragen, für welche der Freunde man heimlich schwärmt. In den Nutzerfragen geht es z. B. um Angaben zu dem, was man leidenschaftlich gern tut, wofür man dankbar ist, welches Ziel man noch nicht erreicht oder was man gar nicht kann. Hansen bewertet dies so: "Das sind schon etwas tiefergehende Persönlichkeitsfragen, die es ermöglichen, eine Person mit ihren Facetten näher kennenzulernen – ebenso für interessierte Vermittlungskandidaten wie für Facebook selbst. Werden diese Informationen künftig die Basis für zielgerichtete Werbung sein? Es wäre leicht möglich, die selbst offenbarten oder vom Algorithmus entdeckten Unsicherheiten und Schwächen von Personen auszunutzen – dannwäre einer Manipulation der Menschen Tür und Tor geöffnet."

Der Dating-Dienst kann dazu führen, dass die Nutzenden Facebook weitere Daten zur Verfügung stellen, z. B. Standortdaten, die für das Verkuppeln ausgewertet werden können, oder Inhalte des eigenen Instagram-Nutzerkontos, die sich dort integrieren lassen.

Hansen übt Kritik an dem neuen Dienst: "Facebook hat schon jetzt eine Riesenmenge an Informationen über die Nutzer – einschließlich Interessen und psychologischer Einschätzungen. Mit der Dating-Funktion werden es noch deutlich mehr werden. Die Skandale der letzten Monate und Jahre um Facebook haben aber deutlich gezeigt, dass die Plattform immer wieder große Sicherheits- und Datenschutzmängel hat. Erst vor wenigen Tagen wurde die Entdeckung eines Datenbestands mit 419 Millionen Einträgen zu Facebook-Nutzer-IDs und Telefonnummern bekannt, der frei im Internet verfügbar war. Wenn Nutzerdaten bei Facebook nicht sicher sind, fehlt mir das Vertrauen, dass das Unternehmen die sensiblen Dating-Informationen gut genug schützen wird. Sonst tauchen bald die ersten Datenbestände mit "Secret-Crush"-Listen oder psychologischen Profilen zu Facebook-Mitgliedern im Internet auf. Mein Rat: Daten zur Partnersuche nur datenschutzkonformen und vertrauenswürdigen Diensten ohne Sicherheitsprobleme anvertrauen – Finger weg vom Facebook-Dating und anderen Anbietern ohne ausreichenden Schutz." (ULD: ra)

eingetragen: 16.09.19
Newsletterlauf: 31.10.19


Meldungen: Datenschutz und Compliance

  • BvD fordert praxisnahe Reform der DSGVO

    Der Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD) e.V. fordert in einem aktuellen Positionspapier eine umfassende Reform der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Ziel ist eine moderne, risikobasierte Weiterentwicklung, die Bürokratie reduziert, Unternehmen mehr Rechtssicherheit bietet und zugleich den Schutz für Betroffene erhöht. Der Verband appelliert an die Bundesregierung, sich in Brüssel aktiv für praxisnahe Nachbesserungen starkzumachen - gerade im Interesse kleiner und mittlerer Unternehmen "Die DSGVO ist ein Meilenstein des Grundrechtsschutzes, aber sie braucht ein Update, das den digitalen Realitäten gerecht wird", sagt Thomas Spaeing, Vorstandsvorsitzender des BvD. "Datenschutzbeauftragte sind die Brückenbauer zwischen Regulierung und unternehmerischer Praxis. Wenn wir die Digitalisierung in Europa sicher und rechtskonform gestalten wollen, müssen wir ihre Rolle gezielt stärken - gerade im Mittelstand", führt er weiter aus.

  • Digitale Aufsicht im Praxistest

    Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat erstmals eine automatisierte Webseitenprüfung durchgeführt und dabei Verstöße bei der Einbindung von YouTube-Videos auf Webseiten des Bundes identifiziert.

  • BfDI verhängt Geldbußen gegen Vodafone

    Die BfDI, Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, hat der Vodafone GmbH zwei Geldbußen in einer Gesamthöhe von 45 Millionen Euro auferlegt. Durch böswillig handelnde Mitarbeitende in Partneragenturen, die im Auftrag von Vodafone Verträge an Kunden vermitteln, war es unter anderem zu Betrugsfällen durch fingierte Verträge oder Vertragsänderungen zulasten von Kunden gekommen.

  • Auslegung der Digitalrechtsakte

    Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, führte in Brüssel den wichtigen Dialog zur praxistauglichen und innovationsfreundlichen Auslegung der Digitalrechtsakte.

  • Pilotprojekt KI-Reallabor

    Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, hat gemeinsam mit der Hessischen Ministerin für Digitalisierung und Innovation, Prof. Dr. Kristina Sinemus, und dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, ein Pilotprojekt zur Simulation eines KI-Reallabors gestartet.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen