Softwaretests waren für den TÜV tabu
"Wir sind keine Hackerbude": Der TÜV Nord untersucht wie andere Prüforganisationen im Auftrag des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) neue Automodelle, bevor sie zugelassen werden
Auf die mehrfache Frage, ob es dem TÜV verboten sei, in die Software zu schauen, betonte Guido Rettig, man halte sich an die Regeln und Gesetze
Der TÜV Nord, der viele VW-Modelle für die Typgenehmigung testet, kann keinen Einblick in die Motorsoftware nehmen. Das sähen die Prüfregeln nicht vor, sagte der ehemalige Vorstandsvorsitzende der TÜV Nord AG, Guido Rettig, im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Rettig, der am 31. Dezember 2016 aus dem Amt schied, hatte bereits im November 2015 in einem "Welt"-Interview betont, man habe daher keine Chance gehabt, die illegale Manipulation der Abgasreinigung bei VW-Dieselmodellen zu erkennen. Davon hat Rettig nach eigener Aussage erst Mitte September 2015 as der Presse erfahren.
Der TÜV Nord untersucht wie andere Prüforganisationen im Auftrag des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) neue Automodelle, bevor sie zugelassen werden. Auf die mehrfache Frage, ob es dem TÜV verboten sei, in die Software zu schauen, betonte Rettig, man halte sich an die Regeln und Gesetze. "Wir sind keine Hackerbude", sagte der 63-Jährige. Das Bundesverkehrsministerium hatte erklärt, in begründeten Fällen sei es den Prüfern erlaubt, die Einsicht in die Motorsteuerung zu nehmen. Einen solchen Auftrag hat der TÜV Rettig zufolge nicht erhalten.
Allerdings habe man mehrfach gefordert, dass die Software offengelegt wird. Auch für die regelmäßigen Hauptuntersuchungen schlug Rettig einen Check vor, ob die Software geändert wurde. Grundsätzlich seien heute Hard- und Software in vielen Produkten untrennbar verbunden. Das Verkehrsministerium betont dagegen in einem Vermerk, aus dem die CDU zitierte, es habe vom TÜV keinen Vorschlag gegeben, die Typgenehmigungsvorschriften anzupassen.
Für eine Offenlegung der Motorsoftware sprach sich der Computerexperte Felix Domke aus. Der Programmierer aus Lübeck hatte die umstrittene Abschalteinrichtung bei VW decodiert und war auch an Tests von Opel-Modellen beteiligt. Domke hatte zunächst in einem gemeinsamen Projekt der Deutschen Umwelthilfe (DUH), des ARD-Magazins "Monitor" und des Magazins "Der Spiegel" auffällige Stickoxid-Werte bei einem Opel Zafira festgestellt. Die Ergebnisse hatte Domke auch dem KBA übermittelt. Dieses beauftragte Domke am 21. Juli 2016, für die Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums, den Zafira nochmals zu überprüfen. Opel hatte nach Beanstandungen durch die Kommission Verbesserungen vorgenommen.
Domke warf den Herstellern generell vor, ihre Software gezielt undurchsichtig als "Black Box" zu gestalten. Das mache es letztlich schwerer zu beurteilen, ob etwas legal oder illegal sei. Die Behörden sollten daher Einblick in die Motorsoftware nehmen können. Der IT-Experte stand dem Ausschuss bereits zum zweiten Mal Rede und Antwort. Am 22. September 2016 war er als Sachverständiger geladen, diesmal als Zeuge.
Für die Prüfungen erhält der TÜV keine Serienmodelle, wie Rettig weiter erläuterte. Die Hersteller könnten bei den Fahrzeugen für die Typprüfung vieles tun und lassen, was sie vom Serienfahrzeug unterscheide. Die Sicherstellung, dass diese der Genehmigung entsprechen, nimmt das KBA im Rahmen sogenannter Konformitätsprüfungen vor. Rettig betonte zugleich die Unabhängigkeit des TÜV: "Sonst könnten wir die Pforten des TÜV zumachen." (Deutscher Bundestag: ra)
eingetragen: 31.01.17
Home & Newsletterlauf: 27.02.17
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