Schieflage der Depfa und der Hypo Real Estate


Zeuge vor dem HRE-Untersuchungsausschuss: Pleite von Lehman Brothers verursachte Depfa-Krise
Wurden die Verluste der Depfa und der HRE allein durch die Katastrophe von Lehman Brothers ausgelöst?


(03.06.09) - Aus Sicht Manfred Eders wurde die Schieflage der irischen Tochter Depfa der Hypo Real Estate (HRE) im September 2008 durch den Zusammenbruch des Interbankenmarkts und durch das damit verbundene Ende einer kurzfristigen Kredit-Refinanzierung als Folge der Pleite von Lehman Brothers verursacht.

Vor dem HRE-Untersuchungsausschuss erklärte am Donnerstag der Bundesbank-Mitarbeiter, der im Frühjahr 2008 für eine Sonderprüfung der Depfa zuständig war, ein solches Worst-Case-Szenario sei nicht vorstellbar gewesen und deshalb bei der Kontrolle der HRE-Tochter auch nicht durchgespielt worden. Der Zeuge sagte, für ihn sei zwar ein Fortdauern der bereits vor dem Aus für Lehman Brothers zu beobachtenden "schwierigen Situation" auf dem Kreditmarkt denkbar gewesen, ein "totaler Zusammenbruch" sei jedoch nicht absehbar gewesen. Eine solche "Extremsituation" habe es in der gesamten Nachkriegszeit nicht gegeben.

Der Untersuchungsausschuss unter Vorsitz von Hans-Ulrich Krüger (SPD) befasst sich mit der Frage, ob die Verluste der Depfa und der mittlerweile mit fast 90 Milliarden Euro staatlichen Geldern gestützten HRE allein durch die Katastrophe von Lehman Brothers ausgelöst wurden oder ob ein frühzeitiges Eingreifen der Bankenaufsicht und der Regierung das Desaster hätte vermeiden können.

Mehrfach wollten Abgeordnete der Koalition wie der Opposition von Eder wissen, ob die Krise der Depfa und der HRE hätte verhindert oder abgemildert werden können, wenn die bei der Sonderprüfung der irischen Tochter ermittelten zahlreichen Missstände zügig abgestellt worden wären. Laut dem Zeugen war eine Nachprüfung für 2009 eingeplant.

Die Parlamentarier zitierten aus Medienveröffentlichungen über den Bericht zur Depfa-Kontrolle, in dem von 49 Verstößen gegen die Funktionsfähigkeit des Risikomanagements die Rede war, darunter von 29 "mittelschweren" und zwölf "gewichtigen" Beanstandungen. Dazu erklärte Eder, eine Beseitigung der Mängel hätte an dem Geschäftsmodell der Depfa nichts geändert, die sich vor allem in der langfristigen Staatsfinanzierung engagiert und zu 50 Prozent mit kurzen Krediten refinanziert habe. Dieses Prinzip habe ja auch funktioniert, die Depfa sei mit einem hohen Rating bewertet worden.

Die Pleite von Lehman Brothers mit der raschen Stilllegung des Interbankenmarkts habe diesem Geschäftsmodell jedoch den Boden entzogen. Im Nachhinein, so Eder, könne sich die Frage stellen, ob man dem Faktor Risikovorsorge mehr Gewicht hätte geben sollen.

Vertreter der Oppositionsfraktionen kritisierten, dass aus dem ebenfalls wesentlich in riskanten irischen Geschäften wurzelnden Debakel der SachsenLB im Jahr 2007 offenbar nicht die nötigen Konsequenzen für Kontrollen durch die Bankenaufsicht gezogen worden seien. Auch wurde moniert, dass die Bundesbank zwar bei der Neugründung von Kreditinstituten deren Geschäftsmodell unter die Lupe nehme, dies beim Kauf der irischen Depfa durch die HRE aber unterblieben sei.

Eder sagte dazu, als Folge der Erfahrungen bei der SachsenLB hätten sich die Schwerpunkte bei Bankprüfungen geändert. Im Übrigen sei das Geschehen bei der SachsenLB mit dem Fall Depfa und HRE nicht vergleichbar. Er sehe keine Mängel bei der durch die Bafin veranlassten Kontrolle des irischen Instituts durch die Bundesbank. (Deutscher Bundestag: ra)

Lesen Sie auch:
HRE-Krise: Bankenaufsicht habe nicht geschlafen


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Kernkraftwerk kein Notstromaggregat

    Unter den deutschen Atomkraftbetreibern herrschten offenbar unterschiedliche Auffassungen über die Möglichkeiten des Weiterbetriebs der letzten drei deutschen Atomkraftwerke, die aufgrund der Gesetzeslage Ende 2022 abgeschaltet werden sollten, wegen der durch den Ukraine-Krieg erwarteten Energieprobleme aber dann doch bis zum 15. April 2023 in Betrieb blieben. Während PreussenElektra bereit war, sein Kraftwerk Isar 2 auch über den mehrmonatigen Streckbetrieb hinaus weiter zu betreiben, war der RWE-Konzern weniger geneigt, sein Kraftwerk Emsland noch länger zu betreiben.

  • Unterrichtung zu Online-Verfahren an Gerichten

    Über die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit (20/13082) informiert die Bundesregierung in einer Unterrichtung (20/13635). Das Gesetz sieht vor, dass an ausgewählten Amtsgerichten künftig bestimmte zivilgerichtliche Verfahren auch als Online-Verfahren geführt werden können.

  • Mutmaßlich gefälschte UER-Zertifikate

    Ein Drittel der unter Betrugsverdacht stehenden Upstream-Emissionsreduktions-Projekte (UER-Projekte) in China hat das Umweltbundesamt (UBA) inzwischen bereits rückabgewickelt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (20/13705) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/13509) hervor.

  • Lobbygesellschaft für Digitale Transformation

    Die Bundesregierung gestaltet nach eigener Darstellung die digitale Transformation im Sinne der Bürger durch digitalpolitische Initiativen aktiv mit. Dazu würden bestehende Verfahren kontinuierlich modernisiert und implementiert im Hinblick auf aktuelle technische Entwicklungen, heißt es in der Antwort (20/13814) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/13448) der AfD-Fraktion.

  • AfD fordert Stopp der Wärmewende

    Die AfD-Fraktion will durch einen Stopp der Wärmewende Wohnen wieder bezahlbar machen. In einem Antrag (20/13764) wird insbesondere eine Absenkung der Energiestandards bei Neubauten verlangt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen