Steuern auf Sekundär- und Ersatzbrennstoffe


Änderung des Energiesteuer- und des Stromgesetzes: Experten üben Kritik an höherer Besteuerung von Fernwärme und Sekundärbrennstoffen
"Sachlich nicht mehr nachvollziehbar": Die Abschaffung der Steuerbegünstigung der Einspeisung von Wärme in ein Fernwärmenetz


(18.11.10) - Die von der Deutschen Bundesregierung geplante höhere Besteuerung von Sekundär- und Ersatzbrennstoffen (unter anderem Plastikabfall) wird von den meisten Sachverständigen abgelehnt.

In einer nicht öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromgesetzes (17/3055) erklärte ein Vertreter des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), die Anlehnung des Steuersatzes für Ersatz oder Sekundärbrennstoffe an den des Heizöls (1,73 Euro) sei nicht nachvollziehbar. Der Steuersatz auf Heizöl diene Lenkungszwecken, die aber für die Abfallbeseitigung nicht greifen könnten. Der BDI empfahl für Sekundärbrennstoffe den Steuersatz für Kohle (0,33 Euro pro Gigajoule). Dies entspreche auch der Tatsache, dass mit dem Einsatz von Sekundärbrennstoffen besonders Kohle eingespart werde.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) verlangte eine eindeutige Definition von Ersatzbrennstoffen als Energieerzeugnisse. "Dabei ist insbesondere darauf zu achten, dass Abfälle aller Art (insbesondere kommunale und gewerbliche Abfälle oder Hausmüll), die unter anderem in Müllheiz(kraft)werken vernichtet werden, nicht der Besteuerung unterliegen. Diese Abfälle haben ihren originären Verwendungszweck schon erfüllt und sind zu keiner Zeit als Heizstoff hergestellt oder gehandelt worden", heißt es in der Stellungnahme des BDEW. Gewarnt wird auch vor steuerlichen Mehrbelastungen.

Wie andere Verbände wies auch der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) auf die ungeklärten Steuerfragen auf europäischer Ebene hin. Es sei nicht geklärt, ob Sekundär- und Ersatzbrennstoffe überhaupt als Energieerzeugnisse zu besteuern seien. "Darüber hinaus ist die von der Bundesregierung vorgesehene Anlehnung des Steuersatzes an den für Heizöl vollkommen haltlos", kritisierte der BDE. Der Energiegehalt von Sekundär- und Ersatzbrennstoffen sei mit dem von Heizöl nicht vergleichbar. Sie hätten höchstens den Energiegehalt von Braunkohle, vermindert um einen biogenen Anteil.

Der BDI kritisierte zudem, dass bei der Steinkohleförderung anfallendes Grubengas wie Erdgas besteuert werden solle. Damit wäre der Einsatz von Grubengas zum Heizen nicht mehr sinnvoll, "und das Gas müsste wieder verfackelt werden".

Der Verband der Chemischen Industrie forderte Steuerfreiheit für so genannte Industriegase.

Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft sah bei einigen Detailregelungen wie der Neuregelung der Besteuerung der Sekundär- und Ersatzbrennstoffe sowie der Abschaffung der Steuerbegünstigung auf Deponie- und Klärgas die Gefahr "ökologisch kontraproduktiver Auswirkungen". Als "sachlich nicht mehr nachvollziehbar" kritisierte das Forum die im Haushaltsbegleitgesetz vorgenommene Abschaffung der Steuerbegünstigung der Einspeisung von Wärme in ein Fernwärmenetz.

Dieser Punkt wurde auch vom BDEW scharf kritisiert. Die Streichung der steuerlichen Förderung der Fernwärmeversorgung habe ein Volumen von 40 Millionen Euro pro Jahr.

Die geplante zusätzliche Förderung der Landwirtschaft durch Änderungen beim steuerbegünstigten Agrardiesel wurde von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft als Subventionierung flächenstarker Ackerbaubetriebe kritisiert. Die Milchwirtschaft habe nichts davon. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft sah eine umwelt- und klimaschädliche Wirkung, da die Steuervergünstigung einem sparsamen Einsatz des Kraftstoffs entgegenstehe. (Deutscher Bundestag: ra)


Meldungen: Bundestag, Bundesregierung, Bundesrat

  • Internationale Standards und Normen

    Nach Ansicht der Bundesregierung werden im Amtsblatt der EU veröffentlichte harmonisierte europäische Normen nicht generell Teil des Unionsrechts, auch wenn die EU-Kommission aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine andere Meinung vertritt. Dies erklärt die Bundesregierung in der Antwort (20/15026) auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktion (20/14834).

  • Treibhausgas (THG)-Emissionen

    Die sektorenübergreifenden Treibhausgas (THG)-Emissionen sind seit dem Jahr 2021 deutlich gesunken,wobei alle Sektoren bis auf den Verkehr Rückgänge verzeichneten. Die Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung variiert erheblich zwischen den Sektoren. Das geht aus einer Unterrichtung der Bundesregierung zum Gutachten des Expertenrats für Klimafragen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen, Trends der Jahresemissionsmengen und zur Wirksamkeit von Maßnahmen hervor (20/14900).

  • Regierung: Berichtspflichten zu umfangreich

    Die Berichtspflichten für Unternehmen sind nach Auffassung der Bundesregierung im internationalen Wettbewerb zu umfangreich. Dazu zählt die Regierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion auch Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Die Offenlegung ähnlicher Sachverhalte solle weiter vereinheitlicht werden, um "Doppelreporting" zu vermeiden.

  • Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung

    Über die Beschaffung und den Einsatz von IT-(Sicherheits-)Produkten durch den Bund als öffentlichen Auftraggeber informiert die Bundesregierung in ihrer Antwort (20/14887) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU/CSU (20/14226). Unter der Überschrift "Digitale Souveränität in der Bundesverwaltung" wird darin ein umfassender Überblick über die Beschaffung und Zulassung von einzelnen IT-Sicherheitsprodukten und -diensten gegeben.

  • Aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen

    Die Bundesregierung bestätigt in ihrer Antwort (20/14693) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (20/14379) die zu Ende 2024 erfolgte Änderung der Richtlinien für eine aktive Beteiligungsführung bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung. Bereits die bis November 2024 geltenden Regelungen hätten vorgesehen, dass Mitglieder des Bundestages "in Ausnahmefällen" in Aufsichtsgremien von Unternehmen mit Bundesbeteiligung berufen werden können, heißt es in der Antwort.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen