Altersbilder und Altersgrenzen auf dem Prüfstand
Koalitionsfraktionen: Es gibt nicht "das" Alter, sondern höchstens einen "Prozess des Alterns" - Die falschen Altersbilder würden das Denken und das Handeln beeinflussen
SPD kritisiert: Weiterentwicklung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs werde in konkrete Politik nicht umgesetzt
(04.05.12) - Die Koalitionsfraktionen wollen die in der Gesellschaft vorherrschenden Altersbilder und die gültigen Altersgrenzen auf den Prüfstand stellen sowie die Potenziale älterer Menschen besser nutzen. Der Familienausschuss verabschiedete den entsprechenden Antrag der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion (17/8345) mehrheitlich gegen die Stimmen der SPD- und der Links-Fraktion bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Abgelehnt wurde hingegen ein SPD-Antrag (17/2145) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen das Votum der Sozialdemokraten und der Grünen bei Enthaltung der Linken. Der Ausschuss beriet zudem abschließend den "Sechsten Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland" (17/3815).
Aus Sicht der Koalitionsfraktionen stehen die in der Gesellschaft vorherrschenden Bilder über das Alter und ältere Menschen im Widerspruch zur Realität. Dies sei durch den sechsten Altenbericht dargestellt worden. Es gebe nicht "das" Alter, sondern höchstens einen "Prozess des Alterns". Die falschen Altersbilder würden das Denken und das Handeln beeinflussen. Wer aber falsche Bilder im Kopf habe, so hieß es aus der Unionsfraktion, der werde auch politisch falsch handeln. Altersgrenzen in allen Bereichen der Gesellschaft und auch die geltenden gesetzlichen Altersgrenzen müssten auf den Prüfstand. Dies gelte auch für die Altersgrenze zum Ruhestand, die flexibilisiert werden müsse. In diesem Sinne argumentierte auch die FDP-Fraktion. Starre Altersgrenzen müssten abgeschafft werden und Diskriminierungen von älteren Menschen auf dem Arbeitsmarkt und bei der Weiterbildung beseitigt werden.
Die SPD-Fraktion unterstützte zwar prinzipiell die Sichtweise der Koalitionsfraktionen, kritisierte jedoch zugleich, dass sich ihr vorgelegter Antrag weitestgehend auf Prüfaufträge an die Bundesregierung beschränke und keine konkreten Forderungen beinhalte. So mahne die Koalition zwar zu Recht eine Weiterentwicklung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs an, in konkrete Politik werde dies aber nicht umgesetzt. Zudem wolle die Koalition alle Aufgaben an die Kommunen weiterreichen. Kritik wurde aus den Reihen der SPD-Fraktion zudem am Altenbericht geübt, der keine Aussagen zum Thema Altersarmut mache und zudem keine Handlungsempfehlungen ausspreche.
Kritik am Altenbericht übte auch die Linksfraktion. Er stelle im Vergleich zum fünften Bericht keinen Fortschritt dar. Die Linke bemängelte vor allem fehlende Aussagen im Bericht zur Altersarmut, von der vor allem Frauen stark betroffen seien. Frauen bezögen im Schnitt 60 Prozent weniger Rente als Männer. Kritisch beurteilt die Linksfraktion eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit. Berufstätige im Bereich des Pflegewesens oder der Baubranche sollten vielmehr früher in Rente gehen können.
Auch aus den Reihen der Grünen wurde Kritik am Altenbericht und dem Koalitionsantrag geübt. Der Bericht sei zwar bedeutsam hinsichtlich der Überprüfung von vorherrschenden Altersbildern in der Gesellschaft. Allerdings weise er Defizite bei den Handlungsempfehlungen auf. Dem Koalitionsantrag attestierten die Grünen, dass er die wichtigen Themen des Berichts aufgreife, er belasse es jedoch weitgehend bei unverbindlichen Prüfaufträgen an die Bundesregierung. (Deutscher Bundestag: ra)
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