Prüfung von Wirecard durch die EZB
Prüfung des Wirecard-Konzerns durch die Europäische Zentralbank
Wirecard hatte aufgrund von Plänen über konzerninterne Verschiebungen bereits im Jahr 2018 ein Inhaberkontrollverfahren ausgelöst, für dessen Beurteilung die EZB zuständig war
Die Bundesregierung sieht die geltenden Regelungen zu Inhaberkontrollverfahren bei Kreditinstituten als ausreichend an. In einer Antwort (19/23685) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/23040), schreibt sie außerdem, dass die Regularien europaweit harmonisiert und nationale Sonderregelungen grundsätzlich nicht möglich seien. Unter dem Eindruck des Wirecard-Falls gebe es aber Vorschläge, die die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) weiter stärken sollen. In der Antwort wird auch der grundlegende Ablauf eines Inhaberkontrollverfahrens erläutert.
Die Europäische Zentralbank (EZB) fälle dabei die Entscheidung, die benötigten Unterlagen werden von der BaFin zusammengestellt. Zur Arbeit der EZB könne die Bundesregierung allerdings keine Auskunft geben, auch zur Prüfung im Falle Wirecard müsse die EZB direkt befragt werden. Die EZB habe allerdings die Einschätzung der BaFin und der Bundesbank geteilt, dass die Wirecard AG nicht als Finanzholding-Gesellschaft einzustufen sei.
Vorbemerkung der Fragesteller
Komplexe Beteiligungsstrukturen von Unternehmen können mitunter dazu führen, dass Anlagebetrug, Geldwäsche und andere Formen der organisierten Kriminalität für die Aufsicht schwer zu entdecken sind. Insbesondere Veränderungen der Inhaberstruktur eines Unternehmens, etwa durch rechtsgeschäftliche Übertragung von Anteilen oder durch Kapitalerhöhungen, bergen die Gefahr, Verstöße gegen geltendes Recht zu verdecken. Um dieser Möglichkeit wirkungsvoll zu begegnen, sind Unternehmen bei wesentlichen Veränderungen ihrer Inhaberstruktur dazu verpflichtet, die zuständigen Aufsichtsbehörden über ebendiese Veränderungen zu informieren.
Im Rahmen eines sogenannten Inhaberkontrollverfahrens prüfen in der Regel die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank die genannten Veränderungen der Inhaberstruktur eines jeden Instituts im Sinne des deutschen Kreditwesengesetzes (KWG). Hiermit werden Unternehmen nicht nur im Hinblick auf Anlagebetrug, Geldwäsche sowie weitere Formen organisierter Kriminalität durchleuchtet. Mit dem Inhaberkontrollverfahren wird zudem ein entscheidender Beitrag zum Gläubigerschutz gewährleistet, da die Solvenz und die Funktionsfähigkeit eines Instituts durch das Verfahren geprüft werden sollen.
Zuständig für das Inhaberkontrollverfahren ist nach § 2c Absatz 1a Satz 1 KWG grundsätzlich die BaFin. Handelt es sich bei der Beteiligung aber um eine bedeutende Beteiligung an einem CRR-Kreditinstitut (CRR = Capital Requirements Regulation), legt die BaFin gemäß § 2c Absatz 1a Satz 10 KWG lediglich einen Beschlussentwurf der Europäischen Zentralbank (EZB) vor. Diese hat dann die alleinige Kompetenz nach Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 (Einheitlicher-Aufsichtsmechanismus-VO), die Beteiligung gewissenhaft zu kontrollieren und ggf. zu untersagen.
Das deutsche börsennotierte Zahlungsabwicklungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen Wirecard, das in der Folge von Bilanzmanipulationen im Juni 2020 Insolvenz angemeldet hat, hatte aufgrund von Plänen über konzerninterne Verschiebungen bereits im Jahr 2018 ein Inhaberkontrollverfahren ausgelöst, für dessen Beurteilung die EZB zuständig war. Im Rahmen der Aufklärung der aus Sicht der Fragestellenden eklatanten Versäumnisse bei der Aufsicht der Wirecard AG gilt es, die Prüfung durch die EZB sowie durch die BaFin eingehend zu berücksichtigen.
(Deutsche Bundesregierung: ra)
eingetragen: 14.01.21
Newsletterlauf: 19.02.21
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