Unions-Antrag zur EU-Luftqualitätsnovelle


Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes zu den Verhandlungen über einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Luftqualität und saubere Luft für Europa
Union: Die Novelle stelle Deutschland vor nicht lösbare Aufgaben, kritisierte eine Vertreterin der Fraktion während der Diskussion im Ausschuss



Die CDU/CSU-Fraktion ist mit einem Vorstoß zur EU-Luftqualitätsrichtlinie gescheitert. Der Umweltausschuss lehnte einen Antrag (20/7354) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der AfD-Fraktion und Abwesenheit der Linksfraktion ab, mit dem die Union einen Aufschub neuer EU-Luftqualitätsvorschriften fordert.

Die EU-Kommission plant, mit einer Änderung der seit 2008 geltenden EU-Luftqualitätsrichtlinie die Grenzwerte für die Emission von Luftschadstoffen wie etwa Feinstaub, Stickstoffdioxid und Schwefeldioxid den 2021 erneuerten Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anzunähern. Laut Kommissionsvorschlag soll so zum Beispiel ab 2030 der Stickstoffdioxid-Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sinken. Für Feinstaub der Partikelgröße 2,5 Mikrometer soll ein Jahresmittel-Grenzwert von zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft anstatt von bisher 25 Mikrogramm gelten.

Für die Union eine unverhältnismäßige Verschärfung: Die Novelle stelle Deutschland vor nicht lösbare Aufgaben, kritisierte eine Vertreterin der Fraktion während der Diskussion im Ausschuss. Die Zielrichtung der Novelle sei zwar grundsätzlich richtig, doch solch niedrige Grenzwerte seien nicht einhaltbar. Als Folge drohten flächendeckende Fahrverbote, Industrieabschaltungen oder Stilllegung von Baustellen, warnte sie. Unter Wettbewerbsgesichtspunkten sei das gerade angesichts der wirtschaftlichen Lage in Deutschland nicht hinzunehmen. Die Bundesregierung müsse sich mit Blick auf die im Dezember beginnenden Trilog-Verhandlungen auf EU-Ebene zwischen Rat, Kommission und Parlament für eine Verschiebung neuer Vorschriften einsetzen. Unverhältnismäßige Belastungen auch durch zusätzliche Bürokratie müssten für Kommunen und Betriebe vermieden werden, forderte die Unions-Abgeordnete.

Auch die AfD sah negative Folgen für die Wirtschaft: Würden die niedrigeren Grenzwerte umgesetzt, sei mit einer Verteuerung und Einschränkung von Produktion und Mobilität zu rechnen. Gleichzeitig stellte sie den Nutzen der Verschärfung von Grenzwerten infrage: Die WHO-Richtlinien basierten nicht auf klinischen Studien, sondern auf epidemiologischen Modellrechnungen, monierte ein Vertreter der Fraktion. Davon gebe es sehr unterschiedliche. Die Empfehlungen der WHO seien daher nicht einleuchtend.

Dem widersprachen Vertreter der Koalitionsfraktionen. Sie verwiesen auf die hohe Bedeutung sauberer Luft für Gesundheit und Umwelt. Zwar habe sich die Luftqualität in den vergangenen fünfzehn Jahren bereits stark verbessert. Doch noch immer stürben pro Jahr viele Tausend Menschen vorzeitig vor allem aufgrund hoher Feinstaub-Belastung, machte ein SPD-Abgeordneter deutlich. Besonders gefährdet für eine Erkrankung seien vor allem Angehörige vulnerabler Gruppen, zu denen auch einkommensschwache Personen gehörten, die häufiger an verkehrsreichen Straßen wohnten als einkommensstarke Menschen und daher stärker schmutziger Luft ausgesetzt seien, unterstrich eine Grünen-Abgeordnete.

Gleichzeitig betonten SPD und Grüne, auch die Wirtschaft im Blick zu haben: Die Transformation hin zu einer klimaneutralen und schadstoffärmeren Produktion dürfe nicht durch neue Regeln nicht ausgebremst werden, bekräftigten sie. Daher setze sich die Bundesregierung auch für die schrittweise Anpassung der Grenzwerte und zeitlich flexible Maßnahmen ein. Ziel sei ein Interessenausgleich - darum sei die Union jedoch nicht bemüht, so der Vorwurf einer Vertreterin der Grünen. Diese spreche sich zwar für saubere Luft aus, konkrete Maßnahmen lehne sie aber wie bereits im Zusammenhang mit der Änderung der EU-Industrieemissionsrichtlinie oder der Euro-7-Abgasnorm ab.

Kritik an der Änderung der EU-Luftqualitätsrichtlinie kam jedoch auch von der FDP: Die EU-Kommission vernachlässige den Aspekt der technischen Umsetzbarkeit völlig, betonte ein Vertreter der Fraktion. Das gelte auch für die Kosten der Umrüstung, die auf die Unternehmen zukomme, um schärfere Grenzwerte einhalten. Das sei zu einseitig. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 28.11.23
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