Preisfestsetzung von Qualcomm
Kartellrecht: Europäische Kommission eröffnet zwei förmliche Prüfverfahren gegen Chipsatz-Anbieter Qualcomm
EU-Kommission will dafür sorgen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis letztendlich stimmt
(19.08.15) - Die Europäische Kommission hat zwei förmliche Kartellrechtsuntersuchungen eingeleitet. Gegenstand ist eine mögliche missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung seitens des Unternehmens Qualcomm in Bezug auf Basisband-Chipsätze, die in Unterhaltungselektronik verwendet werden. In der ersten Untersuchung wird geprüft, ob Qualcomm gegen EU-Kartellrechtvorschriften verstoßen hat, die den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verbieten, indem es mit finanziellen Anreizen versucht hat, Kunden davon zu überzeugen, dass sie die Basisband-Chipsätze ausschließlich oder fast ausschließlich bei Qualcomm kaufen. Die zweite Untersuchung wird sich damit befassen, ob Qualcomm eine aggressive Preisstrategie verfolgte, indem es nicht kostendeckende Preise verlangt, um Wettbewerber vom Markt zu verdrängen.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin, Margrethe Vestager, erklärte hierzu: "Mit diesen Untersuchungen wollen wir sicherstellen, dass Hightech-Unternehmen auf dem Markt bestehen können, weil sie gute Produkte anbieten. Der Kundenkreis für Chipsätze ist sehr groß, denn Chipsätze werden in elektronischen Geräten wie Mobiltelefonen und Tablets verwendet, und wir wollen dafür sorgen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis letztendlich stimmt. Wirksamer Wettbewerb ist der beste Motor für Innovation."
Die europäischen Verbraucher nutzen das Internet zunehmend auf ihren Mobilfunkgeräten. Deshalb ist es umso wichtiger, dass in Bezug auf eine der wichtigsten Komponenten dieser Geräte Wettbewerb herrscht: Basisband-Chipsätze verarbeiten Kommunikationsfunktionen in Smartphone, Tablets und anderen mobilen Breitbandgeräten. Sie werden sowohl für die Stimm- als auch die Datenübertragung eingesetzt.
Qualcomm ist der weltweit größte Anbieter von Basisband-Chipsätzen
Den Schwerpunkt der ersten Untersuchung bilden die Lieferbedingungen von Qualcomm für bestimmte Chipsätze, die den Normen für 3G (UMTS) und 4G (LTE) entsprechen und die die Mobilfunkanbindung in Smartphones und Tablets ermöglichen. Die Kommission wird insbesondere prüfen, ob Kunden von Qualcomm Zahlungen, Rabatte oder andere finanzielle Anreize erhalten haben, damit sie alle oder einen großen Teil ihrer Basisband-Chipsätze bei Qualcomm erwerben, und ob ein solches Verhalten die Konkurrenzfähigkeit der Wettbewerber untergräbt.
Die zweite Untersuchung betrifft die Preisfestsetzung von Qualcomm in Bezug auf bestimmte Chipsätze, die den 3G-Normen (UMTS) entsprechen und die die Mobilfunkanbindung gewährleisten. Insbesondere wird die Kommission prüfen, ob Qualcomm eine aggressive Preisstrategie verfolgte, indem das Unternehmen diese Chipsätze zu nicht kostendeckenden Preisen verkauft, um seine Wettbewerber daran zu hindern, sich auf dem Markt zu behaupten.
Kartellverfahren werden von der Kommission vorrangig behandelt. Die Einleitung von Prüfverfahren greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor.
Allgemeine Informationen zu Kartellverfahren
Nach Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beinträchtigen könnte, verboten. Eine solche missbräuchliche Ausnutzung kann in der Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen bestehen. Wie diese Bestimmungen anzuwenden sind, regelt die Kartellrechtsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates), die sowohl von der Kommission als auch von den Wettbewerbsbehörden der EU-Mitgliedstaaten angewendet werden kann. Die Kommission hat Qualcomm und die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten über die Verfahrenseinleitung in dieser Sache unterrichtet.
Für den Abschluss von Untersuchungen zu wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen gibt es keine zwingende Frist. Die Dauer einer kartellrechtlichen Untersuchung hängt von verschiedenen Faktoren ab, z. B. der Komplexität der Sache, dem Umfang, in dem das betroffene Unternehmen mit der Kommission kooperiert, und der Ausübung der Verteidigungsrechte.
(Europäische Kommission: ra)
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