In ungerechtfertigter Weise diskriminiert
Dienstleistungsfreiheit: Europäische Kommission bringt Österreich wegen Beschränkungen für ausländische Skilehrer vor den Gerichtshof der EU
Nicht mit den in den Artikeln 45, 49 bzw. 56 AEUV festgelegten EU-Bestimmungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit sowie der ständigen Rechtsprechung der EU vereinbar
Die Europäische Kommission hat beschlossen, Österreich beim Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil einige Bundesländer Skilehrern aus anderen EU-Ländern bestimmte Beschränkungen auferlegen. Zwar ist die Kommission ebenfalls der Ansicht, dass der Beruf des Skilehrers eine angemessene Ausbildung und Qualifikation erfordert. Sie kam aber zu dem Schluss, dass einige der Anforderungen in Österreich ausländische Skilehrer ungerechtfertigter Weise diskriminieren.
Die Vorschriften des Bundeslandes Tirol untersagen es ausländischen Skilehrern, Schüler anzunehmen, die sich bereits vor Ort befinden. Somit dürfen diese Skilehrer Dienstleistungen nur für Kunden erbringen, die mit ihnen zusammen aus dem Land anreisen, in dem der jeweilige Skilehrer oder die jeweilige Skischule niedergelassen sind. Dieses Verbot benachteiligt ausländische Lehrer gegenüber den Tiroler Skilehrern, die sämtliche Kunden annehmen dürfen. Solche Anforderungen schränken die in Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verankerte Dienstleistungsfreiheit ein und verstoßen somit gegen das EU-Recht.
Außerdem sind nach Auffassung der Kommission die Vorschriften über Skischulen im Bundesland Steiermark nicht mit den in den Artikeln 45, 49 bzw. 56 AEUV festgelegten EU-Bestimmungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit, Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit sowie der ständigen Rechtsprechung der EU vereinbar. Bestimmte Qualifikationen ausländischer Skilehrer werden dort nicht anerkannt (z. B. Telemark, Skilauf für Behinderte oder Ski nordisch).
Die Kommission hatte ihre Bedenken bereits im Juli 2014 in einer begründeten Stellungnahme und im Juni 2015 in einer weiteren begründeten Stellungnahme vorgebracht. Da Österreich hierauf nicht in angemessener Weise reagiert und keine Maßnahmen zur Abhilfe ergriffen hat, beschloss die Kommission, die österreichischen Behörden vor dem Gerichtshof der EU zu verklagen.
Hintergrund
Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass die Tiroler Rechtsvorschriften nicht im Sinne der öffentlichen Sicherheit zu rechtfertigen sind, da im Rahmen der EU-Rechtsvorschriften über die Anerkennung von Berufsqualifikationen andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen, spezielle sicherheitsbezogene Qualifikationen von ausländischen Schilehrern zu überprüfen, ohne den Zugang zu einem Teil des Marktes zu blockieren. Außerdem scheint es in anderen alpinen Regionen keine solchen Beschränkungen zu geben. Die Tiroler Anforderungen sind weder verhältnismäßig noch notwendig und beschränken die Dienstleistungsfreiheit in der EU.
Ebenso kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Vorschriften zu Skischulen in der Steiermark gegen das EU-Recht verstoßen. Österreich hat zwar inzwischen seine Pflicht eingeräumt, Lehrern mit bestimmten Qualifikationen teilweise Zugang zum Markt gewähren zu müssen, hat dies aber bisher nicht in die Tat umgesetzt. Diese Verpflichtung geht auf die Auslegung des EU-Primärrechts durch den Gerichtshof der EU in den Rechtssachen C-330/03 "Collegio de Ingenieros de Caminos, Canales y Puertos gegen Administración del Estado” vom 19. Januar 2006 sowie C-575/11 "Eleftherios-Themistoklis Nasiopoulos gegen Ipourgos" vom 27. Juni 2013 zurück.
(Europäische Kommission: ra)
eingetragen: 28.07.16
Home & Newsletterlauf: 13.09.16
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