Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Vergabe von Pay-TV-Lizenzen


Kartellrecht: Europäische Kommission akzeptiert Verpflichtungen von Disney, NBCUniversal, Sony Pictures, Warner Bros. und Sky für grenzüberschreitende Pay-TV-Dienste
US-amerikanische Filmstudios lizenzieren in der Regel audio-visuelle Inhalte an einen einzigen Pay-TV-Dienstleister in jedem Mitgliedstaat (oder kombiniert für einige wenige Mitgliedstaaten mit einer gemeinsamen Sprache)



Die Europäische Kommission hat die von Disney, NBC Universal, Sony Pictures, Warner Bros. und Sky angebotenen Verpflichtungen nach den EU-Kartellvorschriften für rechtlich verbindlich erklärt. Diese Verpflichtungen beheben die Bedenken der Kommission hinsichtlich bestimmter Klauseln in den Lizenzverträgen dieser Filmstudios für Pay-TV-Dienste mit Sky UK.

Aufgrund dieser Klauseln wurde Sky UK daran gehindert, Verbrauchern in der EU, die nicht im Vereinigten Königreich oder in Irland ansässig sind, seine Pay-TV-Dienste zum Abonnement von Filmen über Satellit oder online anzubieten. Auch schrieben diese Klauseln NBC Universal, Sony Pictures und Warner Bros. vor sicherzustellen, dass andere Sender als Sky UK an der Erbringung von Pay-TV-Diensten im Vereinigten Königreich und Irland gehindert werden.

Disney, NBCUniversal, Sony Pictures und Warner Bros. haben sich nun verpflichtet, diese Klauseln in den bestehenden Filmlizenzverträgen für Pay-TV-Dienste mit Sendeunternehmen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) nicht anzuwenden. Auch haben sie sich dazu verpflichtet, derartige Klauseln in Filmlizenzverträgen für Pay-TV-Dienste mit Sendern im EWR nicht (wieder) einzuführen.

Sky wird dementsprechend bestehende Klauseln weder anwenden noch neue in seinen Filmlizenzverträgen für Pay-TV-Dienste mit Disney, Fox, NBCUniversal, Paramount Pictures, Sony Pictures und Warner Bros. (wieder) einführen.

Die Bedenken der Kommission
US-amerikanische Filmstudios lizenzieren in der Regel audio-visuelle Inhalte an einen einzigen Pay-TV-Dienstleister in jedem Mitgliedstaat (oder kombiniert für einige wenige Mitgliedstaaten mit einer gemeinsamen Sprache).

Die Kommission übermittelte im Juli 2015 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, in der sie vorläufig die Auffassung vertrat, dass bestimmte Klauseln in Filmlizenzverträgen für Pay-TV-Dienste mit Disney, Fox, NBCUniversal, Paramount Pictures, Sony Pictures, Warner Bros. und Sky UK gegen die EU-Kartellvorschriften verstoßen. Diesen Klauseln zufolge war a) Sky UK verpflichtet, den Zugang zu den Studiofilmen über seine Online-Pay-TV-Dienste und/oder über seine Satelliten-Pay-TV-Dienste außerhalb seines Lizenzgebiets (VK und Irland) zu blockieren (sogenanntes "Geoblocking"); auch wurden b) einige Studios aufgefordert sicherzustellen, dass außerhalb des Vereinigten Königreichs und Irlands ansässige Sender ihre Pay-TV-Dienste nicht im Vereinigten Königreich und Irland zugänglich machen können.

Derartige Klauseln schränken die Möglichkeit von Sendern ein, unaufgeforderte Anfragen (sogenannter "passiver Verkauf") für ihre Pay-TV-Dienste von Verbrauchern außerhalb ihres Lizenzgebiets zu akzeptieren. Nach Auffassung der Kommission könnten solche Klauseln den grenzübergreifenden Wettbewerb zwischen Pay-TV-Sendern ausschalten und den EU-Binnenmarkt entlang nationaler Grenzen aufteilen.

Die Bedenken der Kommission hinsichtlich der Filmlizenzverträge mit den Studios für Pay-TV-Dienste sind für diese Sache spezifisch. Der wirtschaftliche und rechtliche Hintergrund spielte bei der Würdigung durch die Kommission eine ausschlaggebende Rolle. Folglich kann diese Würdigung nicht auf ähnliche Klauseln ausgedehnt werden, die Bestandteil eines anderen wirtschaftlichen und rechtlichen Kontexts sind.

Die Verpflichtungen
Im November 2018 und im Dezember 2018 boten Disney, NBCUniversal, Sony Pictures, Warner Bros. und Sky Verpflichtungen an, die auf eine Ausräumung der Kommissionsbedenken abzielten. Die Kommission konsultierte Marktteilnehmer, um die Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Verpflichtungen zu prüfen.

Diese Marktuntersuchunghat bestätigt, dass die von Disney, NBCUniversal, Sony Pictures und Warner Bros. angebotenen Verpflichtungen den Bedenken der Kommission Rechnung tragen. Deshalb hat die Kommission diese Verpflichtungen für rechtlich verbindlich erklärt:

Bei der Vergabe von Pay-TV-Lizenzen für seine Filmproduktionen an einen Sender im EWR wird jedes sich verpflichtende Studio keine vertraglichen Verpflichtungen (wieder) einführen, die solche Pay-TV-Sender daran hindern, unangeforderten Anfragen von Verbrauchern nachzukommen, die zwar im EWR, aber außerhalb des Lizenzgebiets des Senders ansässig sind (keine "Sender-Verpflichtung").

Bei der Vergabe von Pay-TV-Lizenzen für seine Filmproduktionen an einen Sender im EWR wird jedes sich verpflichtende Studio keine vertraglichen Verpflichtungen (wieder) einführen, die einen Pay-TV-Sender daran hindern, unangeforderte Anfragen von Verbrauchern nachzukommen, die zwar im EWR, aber außerhalb des Lizenzgebiets des Senders ansässig sind (keine "Produzenten-Verpflichtung").

Die sich verpflichtenden Studios werden nicht versuchen, gerichtliche Maßnahmen für einen Verstoß des Senders und/oder ggf. Studios gegen vorhandene Klauseln in Bezug auf die Vergabe von Pay-TV-Lizenzen für seine Filmproduktionen durchzusetzen oder einzubringen.

Die sich verpflichtenden Studios werden keine Verpflichtung des Senders und/oder des Studios in einer bestehenden Vereinbarung über die Vergabe von Pay-TV-Lizenzen für seine Filmproduktionen durchsetzen oder honorieren.

Im Lichte der Ergebnisse ihrer Marktuntersuchung konnte die Kommission ebenfalls feststellen, dass die von Sky angebotenen Verpflichtungen auf ihre Bedenken eingehen, und sie für Sky rechtlich verbindlich machen:

Sky wird in Lizenzvereinbarungen für Pay-TV-Dienste mit Disney, Fox, NBCUniversal, Paramount Pictures, Sony Pictures und Warner Bros. weder "Sender"- noch "Produzenten-Verpflichtungen" (wieder) einführen. Auch wird Sky keine Studio- oder Produzentenverpflichtungen in bestehenden Lizenzvereinbarungen für Pay-TV-Dienste mit Disney, Fox, NBC Universal, Paramount Pictures, Sony Pictures und Warner Bros. durchsetzen oder honorieren.

Die Verpflichtungen werden im EWR fünf Jahre lang gelten. Sie betreffen sowohl die Online- als auch die Satelliten-Pay-TV-Dienste sowie Video-on-Demand-Abonnementdienste, sofern diese Teil einer Filmlizenzvereinbarung mit einem Pay-TV-Dienstleister sind. Ferner enthalten die Verpflichtungen eine Nichtumgehungsklausel sowie Klauseln über die Überprüfung der Verpflichtungen und die Bestellung eines Überwachungstreuhänders.

Alle derzeitigen und künftigen Tochtergesellschaften der sich verpflichtenden Parteien unterliegen diesen Verpflichtungen. Infolge der Übernahme von Fox durch Disney gelten die Verpflichtungen auch für Fox.

Die Verpflichtungen erfolgen unbeschadet der Rechte, die den sich verpflichtenden Studios aus der "Verordnung über Portabilität” oder dem Urheberrecht erwachsen. Auch beeinträchtigen sie nicht die Rechte der Studios oder eines Pay-TV-Senders, einseitig den Einsatz einer Geofiltertechnik zu beschließen.

Hintergrund
Im April 2016 bot Paramount Verpflichtungen an, um die Wettbewerbsbedenken der Kommission auszuräumen. Diese wurden im Juli 2016 angenommen und für rechtlich bindend erklärt.

Im Dezember 2018 bestätigte das Gericht der Europäischen Union uneingeschränkt den Beschluss, mit dem die Kommission die Verpflichtungen von Paramount für rechtlich bindend erklärt hatte (Rechtssache T-873/16, Groupe Canal+). Insbesondere bestätigte das Gericht die vorläufigen Bedenken der Kommission, dass die im Filmlizenzvertrag von Paramount mit Sky enthaltenen Verpflichtungen des Senders und des Studios gegen Artikel 101 AEUV verstießen, weil durch sie der grenzübergreifende Wettbewerb zwischen den Pay-TV-Sendern ausgeschaltet wurde.

Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens verbieten Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verhindern oder einschränken können. Nach Artikel 9 der EU-Kartellverordnung (Verordnung 1/2003) kann die Kommission ein Kartellverfahren beenden, indem sie die von Unternehmen angebotenen Verpflichtungen akzeptiert. Mit einem solchen Beschluss wird nicht festgestellt, ob die EU-Kartellvorschriften verletzt worden sind, sondern die Unternehmen werden rechtlich zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen verpflichtet.

Hält ein Unternehmen sich nicht an die Verpflichtungen, kann die Kommission gegen das Unternehmen eine Geldbuße in Höhe von bis zu 10 Prozent seines weltweiten Jahresumsatzes verhängen, ohne einen Verstoß gegen die Kartellvorschriften feststellen zu müssen.
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 10.03.19
Newsletterlauf: 26.04.19


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Europäische Kommission

  • Rahmen für grüne NGEU-Anleihen

    Mehr als drei Jahre nach der ersten Transaktion mit unseren grünen Anleihen im Rahmen von NextGenerationEU (NGEU) hat die EU grüne NGEU-Anleihen im Wert von insgesamt mehr als 65 Mrd. EUR ausgegeben und ist damit auf dem besten Weg, zum weltweit größten Emittenten grüner Anleihen zu werden.

  • Maßnahmen des CPC-Netzes gegen Apple

    Im Anschluss an eine koordinierte Untersuchung auf europäischer Ebene haben das Netz für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) und die Europäische Kommission Apple über mehrere potenziell verbotene Geoblocking-Praktiken unterrichtet, die das CPC-Netz bei bestimmten Apple Media Services festgestellt hat, nämlich den Mediendiensten App Store, Apple Arcade, Music, iTunes Store, Books und Podcasts.

  • Verwaltungskosten für Unternehmen senken

    Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, ein einheitliches digitales Meldeportal für Unternehmen einzurichten, die Dienstleistungen erbringen und Arbeitnehmer vorübergehend in einen anderen Mitgliedstaat entsenden, das als "entsandte Arbeitnehmer" bezeichnet wird.

  • Diskriminierende steuerliche Behandlung

    Die Europäische Kommission hat entschieden, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil das Land es versäumt hat, eine Einschränkung des freien Kapitalverkehrs (Artikel 63 AEUV und Artikel 40 des EWR-Abkommens) zu beseitigen, die durch die diskriminierende steuerliche Behandlung von reinvestierten Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf von in Deutschland gelegenen Immobilien bedingt war.

  • Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Facebook

    Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße in Höhe von 797,72 Mio. EUR gegen Meta verhängt, weil das Unternehmen gegen die EU-Kartellvorschriften verstößt, indem es seinen Online-Kleinanzeigendienst Facebook Marketplace mit seinem persönlichen sozialen Netzwerk Facebook verknüpft und anderen Anbietern von Online-Kleinanzeigendiensten unfaire Handelsbedingungen auferlegt hat.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen