Sie sind hier: Home » Recht » EU & Europa » Europäische Kommission

Bekämpfung von Steuervermeidung


Staatliche Beihilfen – Europäische Kommission stellt britische Steuerregelung für multinationale Unternehmen auf den Prüfstand
Durch die eingeführte Steuerbefreiung für konzerninterne Finanzierungen brauchen Finanzerträge, die eine Offshore-Tochter von einem anderen ausländischen Konzernunternehmen erhält, nicht dem britischen Mutterunternehmen zugeordnet werden und sind damit von der Besteuerung im Vereinigten Königreich ausgenommen



Die Europäische Kommission wird eine britische Steuerregelung genauer unter die Lupe nehmen. Diese nimmt bestimmte gewisse Transaktionen multinationaler Konzerne von der Anwendung britischer Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidung aus. Geprüft wird, ob die Regelung es multinationalen Konzernen erlaubt, im Vereinigten Königreich weniger Steuern zu zahlen, und damit gegen die EU-Beihilfevorschriften verstößt.

Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager äußerte sich hierzu wie folgt: "Alle Unternehmen müssen einen fairen Steuerbeitrag leisten. Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidung spielen hierbei eine wichtige Rolle. Diese Vorschriften dürfen jedoch nicht ihrem Zweck zuwiderlaufen und bestimmte Unternehmen besser stellen als andere. Deshalb werden wir uns eine britische Ausnahmeregelung, die bestimmte Transaktionen multinationaler Unternehmen von Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidung ausnimmt, genauer ansehen. Wir wollen sicher gehen, dass hier kein Verstoß gegen das EU-Beihilferecht vorliegt."

Die britischen Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen (CFC) sollen im Grunde Unternehmen aus dem Vereinigten Königreich daran hindern, sich einer Tochtergesellschaft mit Sitz in einem Niedrig- oder Nullsteuerland zu bedienen, um der Besteuerung im Vereinigten Königreich zu entgehen. Die Regelung erlaubt es insbesondere britischen Steuerbehörden, alle Gewinne, die künstlich einer Offshore-Tochtergesellschaft zugeschlagen wurden, wieder der Muttergesellschaft im Vereinigten Königreich zuzuordnen, wo das Unternehmen entsprechend besteuert werden kann. CFC-Regeln sind im Allgemeinen ein wichtiges Instrument, das in vielen Steuersystemen zur wirksamen Bekämpfung von Steuervermeidung eingesetzt wird.

Seit 2013 sehen die britischen CFC-Regeln jedoch eine Ausnahmeregelung für bestimmte Finanzerträge (d. h. Zinserträge aus Darlehen) multinationaler Konzerne vor, die im Vereinigten Königreich tätig sind – die sogenannte Steuerbefreiung für konzerninterne Finanzierungen (Group Financing Exemption). Allgemein gilt, dass aufgrund der Kapitalmobilität, multinationale Unternehmen Finanzerträge oftmals zur Gewinnverlagerung nutzen. Durch die eingeführte Steuerbefreiung für konzerninterne Finanzierungen brauchen Finanzerträge, die eine Offshore-Tochter von einem anderen ausländischen Konzernunternehmen erhält, nicht dem britischen Mutterunternehmen zugeordnet werden und sind damit von der Besteuerung im Vereinigten Königreich ausgenommen. Ein im Vereinigten Königreich tätiges multinationales Unternehmen kann somit ein ausländisches Konzernunternehmen über eine Offshore-Tochter mit Finanzmitteln ausstatten. Aufgrund dieser Befreiung zahlt es wenig oder gar keine Steuern auf die Gewinne aus solchen Geschäften, weil die Offshore-Tochter in ihrem Sitzland wenig oder gar keine Steuern auf Finanzerträge zahlt und
die Finanzerträge der Offshore-Tochter nicht (oder nur teilweise) in das britische Steuersystem übergeführt werden.

Andere Einkünfte hingegen, die künstlich auf Offshore-Tochtergesellschaften britischer Muttergesellschaften verlagert wurden, werden dank der CFC-Regeln dem Vereinigten Königreich zur Besteuerung zugewiesen.

Die Beihilfeprüfung der Kommission stellt das Recht des Vereinigten Königreichs, CFC-Regeln einzuführen oder ein angemessenes Steuerniveau festzulegen, nicht in Abrede. Sie soll vielmehr gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten nicht bestimmte Unternehmen steuerlich besser stellen als andere. Aus der Rechtsprechung der EU-Gerichte geht eindeutig hervor, dass eine Freistellung von einer Vorschrift zur Bekämpfung von Steuervermeidung auf einen selektiven Vorteil hinauslaufen kann.

Zum jetzigen Zeitpunkt hat die Kommission Zweifel, ob die Steuerbefreiung für konzerninterne Finanzierungen mit dem EU-Beihilferecht vereinbar ist. Fraglich ist vor allem, ob diese Freistellung mit dem übergeordneten Ziel der britischen CFC-Regeln vereinbar ist. Die Einleitung einer eingehenden Prüfung gibt der britischen Regierung und interessierten Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Prüfverfahren wird ergebnisoffen geführt.

Hintergrund zu den CFC-Regeln
Die Steuerbefreiung für konzerninterne Finanzierungen wurde im Zuge der Reform der CFC-Vorschriften mit dem Finance Act 2012 im Vereinigten Königreich eingeführt. Unternehmen brauchen keinen Steuervorbescheid, um die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen zu können. Die Regelung trat am 1. Januar 2013 in Kraft.

Nach Erlass der Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung müssen alle EU-Mitgliedstaaten bis 1. Januar 2019 CFC-Regeln eingeführt haben. Die Richtlinie sieht keine spezifischen Steuerbefreiungen wie die hier zur Prüfung anstehende Freistellung für konzerninterne Finanzierungen vor.

Hintergrund zu den beihilferechtlichen Untersuchungen der Kommission im Steuerbereich
So lange das Vereinigte Königreich Mitglied der EU ist, hat es alle Rechte und Pflichten eines Mitgliedstaats. Das EU-Wettbewerbsrecht einschließlich des EU-Beihilferechts gilt uneingeschränkt für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten Königreich bis zu dessen Austritt aus der EU.

Die Kommission untersucht seit Juni 2013 die Praxis der Mitgliedstaaten im Bereich der Steuervorbescheide. Im Dezember 2014 richtete sie an alle Mitgliedstaaten Auskunftsersuchen. Im Oktober 2015 gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass Luxemburg und die Niederlande Fiat bzw. Starbucks selektive Steuervorteile gewährt hatten. Im Januar 2016 stellte die Kommission fest, dass selektive Steuervorteile, die Belgien mindestens 35 multinationalen Unternehmen, größtenteils aus der EU, im Rahmen seiner Steuerregelung für "Mehrgewinne" gewährt hatte, nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang stehen. Im August 2016 kam die Kommission zu dem Schluss, dass Irland dem Unternehmen Apple unrechtmäßige Steuervergünstigungen von bis zu 13 Mrd. EUR gewährt hatte. Im Oktober 2017 gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass Luxemburg dem Unternehmen Amazon unrechtmäßige Steuervergünstigungen von bis zu 250 Mio. EUR gewährt hatte. Die Kommission führt zurzeit ferner zwei eingehende Prüfungen durch, da sie beihilferechtliche Bedenken in Bezug auf Steuervorbescheide in Luxemburg hat; diese Prüfungen beziehen sich auf die Unternehmen McDonald's und GDF Suez (heute Engie).
(Europäische Kommission: ra)

eingetragen: 03.01.18
Home & Newsletterlauf: 02.02.18


Meldungen: Europäische Kommission

  • Maßnahme zum Schutz des EU-Finanzsystems

    Die Europäische Kommission hat ihre Liste der Länder mit hohem Risiko, die strategische Mängel in ihren nationalen Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung aufweisen, aktualisiert. Akteure in der EU, die unter den Rahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche fallen, müssen bei Transaktionen, an denen die betreffenden Länder beteiligt sind, erhöhte Wachsamkeit walten lassen - eine wichtige Maßnahme zum Schutz des EU-Finanzsystems.

  • Umsetzung der FRTB-Eigenkapitalanforderungen

    Die Europäische Kommission hat einen delegierten Rechtsakt angenommen, der den Geltungsbeginn der grundlegenden Überprüfung des Handelsbuchs (FRTB) in der EU um ein weiteres Jahr verschiebt. Somit greift der verbleibende Teil der internationalen Basel-III-Standards erst ab dem 1. Januar 2027. Mit der FRTB sollen ausgefeiltere Methoden zur Messung von Risiken eingeführt werden, damit die Eigenkapitalanforderungen besser zu den Risiken passen, denen die Banken bei ihren Tätigkeiten an den Kapitalmärkten tatsächlich ausgesetzt sind.

  • Bereitstellung von Satellitenkapazitäten

    Die Europäische Kommission hat die geplante Übernahme von Intelsat Holdings S.à r.l. ("Intelsat") durch SES S.A. ("SES") ohne Auflagen nach der EU-Fusionskontrollverordnung genehmigt. Nach Prüfung des Vorhabens kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gibt. Sowohl SES als auch Intelsat sind weltweit tätige Satellitennetzbetreiber, die geostationäre Satelliten besitzen und betreiben. Während beide Unternehmen ihren Hauptsitz in Luxemburg haben und im EWR tätig sind, befinden sich die Haupttätigkeiten und der Verwaltungssitz von Intelsat in den USA.

  • Handelsbeziehungen zwischen EU und Kanada

    Eine Studie zeigt: Das umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen (CETA) zwischen der EU und Kanada fördert Handelsexporte und diversifizierte Lieferketten in allen EU-Mitgliedstaaten. Die Studie, die von unabhängigen Sachverständigen im Rahmen der Verpflichtung der Kommission zu einer faktengestützten Politikgestaltung durchgeführt wurde, liefert eindeutige Beweise dafür, dass ein offener, regelbasierter, berechenbarer und kooperativer Handel funktioniert.

  • Finanzmittel mobilisieren

    Die Europäische Kommission hat ein Maßnahmenpaket angenommen, das dazu beitragen soll, den EU-Verbriefungsrahmen einfacher und zweckmäßiger zu machen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen haben das Ziel, Verbriefungstätigkeiten in der EU zu erleichtern, ohne die Finanzstabilität zu beeinträchtigen. Ein stärkerer und einfacherer Verbriefungsrahmen kann dazu beitragen, mehr Investitionen in die Realwirtschaft zu lenken, und so das Wirtschaftswachstum, Innovationen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der gesamten EU fördern. Diese Überarbeitung ist die erste Gesetzgebungsinitiative, die im Rahmen der Strategie für eine Spar- und Investitionsunion vorgeschlagen wurde.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen