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Compliance & EU-Finanzgesetzgebung


Kapitalmarktunion: Ein Aktionsplan für mehr Unternehmens- und Investitionsfinanzierung
Im Einklang mit den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung startet die Kommission auch eine Sondierung zur Gesamtwirkung der Finanzmarktgesetzgebung

(22.10.15) - Die Europäische Kommission stellte ihren Aktionsplan für die Kapitalmarktunion vor, mit dessen Hilfe ein echter Kapitalbinnenmarkt für alle 28 Mitgliedstaaten geschaffen werden soll. Auch die ersten und dringendsten Schritte des Aktionsplans, wie etwa die Wiederbelebung solider Verbriefungsmärkte, werden der Öffentlichkeit heute vorgestellt. Als Beitrag zur Priorität der Juncker-Kommission, EU-weit mehr Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen zu schaffen, ist die Kapitalmarktunion eine tragende Säule der Investitionsoffensive. Ihr Ziel ist es, die Investitionsschwäche anzupacken, indem sie die Finanzierungsquellen für europäische Unternehmen und langfristige Projekte mehrt und diversifiziert.

Finanzierungsalternativen, die die Bankfinanzierung ergänzen – insbesondere die Kapitalmärkte sowie Risikokapital, Crowdfunding und die Vermögensverwaltungsbranche – werden in anderen Teilen der Welt stärker genutzt und sollten in höherem Maße zur Finanzierung von Unternehmen beitragen, insbesondere von KMU und Start-up-Unternehmen, die Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung haben. Breiter gestreute Finanzierungsquellen sind nicht nur gut für die Investitionen und die Unternehmen, sondern auch von zentraler Bedeutung für die Finanzstabilität, da sich mögliche Probleme im Bankensektor dann nicht mehr so stark auf die Unternehmen und deren Finanzierungszugang auswirken würden. Deswegen ist die Kapitalmarktunion auch wichtiger Bestandteil der Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.

Außerdem will die Kommission Hindernisse für grenzübergreifende Investitionen in der EU beseitigen, um es Unternehmen und Infrastrukturprojekten zu erleichtern, unabhängig von ihrem Standort die benötigte Finanzierung zu erhalten.

Die Kapitalmarktunion ist ein mittelfristiges Projekt, beinhaltet aber auch einige wichtige zeitnahe Initiativen. Die Kommission stellt heute ein erstes Maßnahmenpaket vor, mit dem neue Impulse für hochwertige Verbriefungen und langfristige Infrastrukturinvestitionen gesetzt werden. Außerdem wird die Kommission noch vor Jahresende Änderungsvorschläge für die Prospektrichtlinie vorlegen, um die Kapitalbeschaffung für kleine und mittlere Unternehmen einfacher und billiger zu machen.

Darüber hinaus hat die Kommission zwei Konsultationen zu Risikokapitalfonds und zu gedeckten Schuldverschreibungen eingeleitet.

Im Einklang mit den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung startet die Kommission auch eine Sondierung zur Gesamtwirkung der Finanzmarktgesetzgebung – um sicherzustellen, dass sie den gewünschten Effekt hat und beispielsweise keine doppelten Berichtsanforderungen oder Widersprüche zwischen einzelnen Vorschriften mit sich bringt.

Die Kommission verfolgt mit der Kapitalmarktunion das übergeordnete Ziel, den Anlegern neue Möglichkeiten zu eröffnen, Finanzierung und Gesamtwirtschaft besser miteinander zu verknüpfen und ein krisenfesteres Finanzsystem mit tieferer Integration und mehr Wettbewerb zu schaffen. Wir verfolgen einen pragmatischen, schrittweisen Ansatz, der auf sorgfältigen wirtschaftlichen Analysen beruht und die Risiken für die Finanzstabilität aufmerksam im Auge behält.

Der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident Jyrki Katainen erklärte: "Wichtigster Bestandteil der Investitionsoffensive für Europa ist die Beseitigung von Investitionshemmnissen durch Vertiefung des Binnenmarkts. Während meiner Informationstouren höre ich häufig, dass es für Versicherer nicht einfach ist, in Infrastrukturprojekte zu investieren. Deswegen hoffe ich, dass sie mit den Änderungen an der delegierten Verordnung Solvabilität II die richtigen Anreize für solide Investitionen erhalten."

Der für Finanzmarktstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zuständige Kommissar Jonathan Hill erklärte: "Ich möchte, dass die Kapitalmarktunion den europäischen Unternehmen und vor allem unseren KMU dabei hilft, mehr Finanzierungsquellen zu erschließen. Ich möchte, dass sie den Konsumenten mehr Möglichkeiten bietet, ihr Geld zu investieren. Ich möchte Hindernisse aus dem Weg schaffen, damit Kapital ungehindert zwischen allen 28 Mitgliedstaaten fließen kann."

Hintergrund
Im Februar 2015 leitete die Kommission eine Konsultation dazu ein, welche Maßnahmen ergriffen werden müssten, um Investitionen in der EU zu mobilisieren und einen Kapitalbinnenmarkt zu schaffen und führte außerdem Konsultationen zur Prospektrichtlinie und zu Verbriefungen durch. Die Kommission erhielt eine Fülle von Beiträgen aus der Wirtschaft, von Anlegern, dem Finanzsektor, den nationalen Parlamenten, dem Europäischen Parlament, dem Rat und den EU-Bürgerinnen und -Bürgern.

Die über 700 Antworten zeigten eine breite Unterstützung für die Kapitalmarktunion (Konsultationsbeiträge siehe hier). Auf die Konsultation folgte am 8. Juni 2015 eine hochkarätige Konferenz.

Die Konsultationsbeiträge zeigten, dass ein Binnenmarkt für Kapital zu mehr grenzübergreifender Risikoteilung, tieferen und liquideren Märkten und einer größeren Vielfalt an Finanzierungsquellen in der Gesamtwirtschaft beitragen würde. Die Konsultationsteilnehmer befürworteten das im Grünbuch vorgeschlagene schrittweise Vorgehen.

Der Aktionsplan basiert auf folgenden zentralen Grundsätzen:
>> Schaffung von mehr Anlagemöglichkeiten:
Die Kapitalmarktunion sollte dazu beitragen, Kapital in Europa zu mobilisieren und allen Unternehmen, insbesondere KMU, sowie den für Wachstum und Arbeitsplatzschaffung notwendigen Infrastrukturprojekten zuzuführen. Sie sollte den privaten Haushalten bessere Möglichkeiten zur Verwirklichung ihrer Altersversorgungsziele eröffnen.

>> Bessere Verknüpfung von Finanzierung und Realwirtschaft: Die Kapitalmarktunion ist ein klassisches Binnenmarktprojekt, das allen 28 Mitgliedstaaten zugute kommt. Die Mitgliedstaaten werden von einer besseren Kanalisierung von Kapital und Investitionen in ihre Projekte stark profitieren.

>> Förderung eines stärkeren und krisenfesteren Finanzsystems: Die Erschließung einer größeren Vielfalt an Finanzierungsquellen und mehr langfristiger Investitionen wird dafür sorgen, dass die EU-Bürger und EU-Unternehmen für Finanzmarkterschütterungen künftig nicht mehr so anfällig sind wie während der Krise.

>> Vertiefung der Finanzintegration und Stärkung des Wettbewerbs: Die Kapitalmarktunion sollte zu mehr grenzübergreifender Risikoteilung und liquideren Märkten führen, was die Finanzintegration vertiefen, Kosten senken und die Wettbewerbsfähigkeit Europas erhöhen wird.

Wichtige zeitnahe Maßnahmen sind:

Neue Vorschriften für Verbriefungen
Bei Verbriefungen werden Vermögenswerte (z. B. Autokredite oder Darlehen an KMU) , in aller Regel durch einen Kreditgeber wie z. B. eine Bank, gebündelt und als Finanzinstrument aufgelegt, das dann von Anlegern erworben werden kann. Auf diese Weise kann eine größere Zahl von Anlegern erreicht werden, wodurch die Liquidität steigt und Kapital der Banken für neue Kredite freigesetzt wird. Die Kommission schlägt einen Rechtsrahmen für Verbriefungen vor, die einfach, transparent und standardisiert sind und einer angemessenen Aufsicht unterliegen. Würden die Verbriefungsemissionen in der EU wieder das Volumen erreichen, das sie vor der Krise im Durchschnitt aufwiesen, so würde dies nach den Schätzungen der Kommission zwischen 100 und 150 Mrd. EUR zusätzliche Finanzmittel für die Wirtschaft frei machen.

Neue Behandlung von Infrastrukturprojekten im Rahmen von Solvabilität II
Investitionen in Infrastrukturprojekte sind von zentraler Bedeutung, um die Konjunktur und das Wachstum Europas zu unterstützen, doch sind für solche Projekte hohe Summen an langfristiger Finanzierung erforderlich. Die Versicherungswirtschaft ist gut gerüstet, um langfristige Finanzierung bereitzustellen, indem sie sich sowohl an Infrastrukturprojekten beteiligt als auch in Infrastrukturanleihen investiert. Die Kommission will ungerechtfertigte aufsichtliche Hindernisse beseitigen, damit Versicherer bei europäischen Infrastrukturprojekten eine bedeutende Rolle spielen können. Auf der Grundlage einer Empfehlung der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) wird mit den heute vorgelegten Rechtsvorschriften eine eigene Anlageklasse für Infrastrukturinvestitionen geschaffen und die vorgeschriebene Eigenmittelunterlegung der Schuldtitel- und Beteiligungsinvestitionen von Versicherern in qualifizierte Infrastrukturprojekte abgesenkt.

Öffentliche Konsultation zu Risikokapital
Nicht an der Börse notierte kleine und mittlere Unternehmen haben häufig Probleme, herkömmliche Bankkredite zu erhalten, und können sich Kapital auch nicht über die Aktienmärkte beschaffen. Alternativen wie Risikokapitalfonds können ihnen helfen, zu expandieren und sich weiterzuentwickeln. Mit der EuVECA- und der EuSEF-Verordnung wurden im bestehenden EU-Recht zwei Arten von Investmentfonds geschaffen, die es für private Sparer einfacher und attraktiver machen, in nicht börsennotierte KMU zu investieren. Bei der Konsultation wird die Frage gestellt, ob gezielte Änderungen an diesen Verordnungen die Nutzung dieser Investmentfonds fördern könnten. Bei der Konsultation wird es auch um die Beschränkungen in Bezug auf die Verwalter solcher Fonds, um die Mindestanlagesumme von 100 000 EUR und um die Frage gehen, ob Fondsverwalter aus Drittländern die Möglichkeit haben sollten, EuVECA oder EuSEF anzubieten. Die Konsultation läuft bis zum 6. Januar 2016.

Öffentliche Konsultation zu gedeckten Schuldverschreibungen
In vielen EU-Mitgliedstaaten sind gedeckte Schuldverschreibungen ein wichtiges Instrument der langfristigen Finanzierung, um dem Immobilienmarkt und dem öffentlichen Sektor Finanzierung zuzuführen. Bei der Emission gedeckter Schuldverschreibungen sind die europäischen Kreditinstitute weltweit führend, doch ist der Markt derzeit noch nach Ländern aufgesplittert, was der Standardisierung der Emissions- und Offenlegungspraktiken Grenzen setzt und die Entstehung tiefer, liquider und zugänglicher Märkte, vor allem über nationale Grenzen hinweg, behindert. Die Kommission wird eine Konsultation zu einem europaweiten Rahmen für gedeckte Schuldverschreibungen durchführen; ein solcher Rahmen würde auf gut funktionierenden nationalen Regelungen aufbauen, ohne diese zu beeinträchtigen, und sich auf hochwertige Standards und bewährte Verfahren der Märkte stützen. Bei der bis 6. Januar 2016 laufenden Konsultation werden auch Standpunkte zur Verwendung von gedeckten Schuldverschreibungen, die mit KMU-Krediten besichert sind, eingeholt. Nach Abschluss der Konsultation wird die Kommission entscheiden, ob die EU tätig werden muss.

Gesamtwirkung der Finanzmarktgesetzgebung
Die Kommission leitet heute eine Sondierung ein, um Datenbelege zu sammeln und die kumulativen Auswirkungen und Wechselwirkungen der geltenden Finanzmarktvorschriften abzuschätzen. Im Rahmen der Konsultation will die Kommission nicht nur etwaige Widersprüchlichkeiten, Inkohärenzen und Regulierungslücken ermitteln, sondern auch unnötige regulatorische Belastungen und andere Faktoren, die sich langfristig negativ auf Investitionen und Wachstum niederschlagen.

Weitere Informationen:

Aktionsplan zur Kapitalmarktunion
http://ec.europa.eu/finance/capital-markets-union/index_de.htm#action-plan

Vorschlag zur Verbriefung
http://ec.europa.eu/finance/securities/securitisation/index_de.htm#150930

Öffentliche Konsultation zu Risikokapital
http://ec.europa.eu/finance/consultations/2015/venture-capital-funds/index_de.htm

Öffentliche Konsultation zu gedeckten Schuldverschreibungen
http://ec.europa.eu/finance/consultations/2015/covered-bonds/index_de.htm

Gesamtwirkung der Finanzmarktgesetzgebung
http://ec.europa.eu/finance/consultations/2015/financial-regulatory-framework-review/index_de.htm

(Europäische Kommission: ra)


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    Das Gesetz über digitale Dienste ist das wegweisende Regelwerk der EU, mit dem das Online-Umfeld sicherer, gerechter und transparenter gemacht werden soll, und wird auf alle Online-Vermittler in der EU angewandt. Es schützt die Nutzer in der EU besser vor illegalen Waren und Inhalten und sorgt für die Wahrung ihrer Rechte auf Online-Plattformen, auf denen sie mit anderen Nutzern in Kontakt treten, Informationen austauschen oder Produkte kaufen.

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    Die Europäische Kommission und die nationalen Verbraucherschutzbehörden von 22 Mitgliedstaaten sowie Norwegen und Island haben die Ergebnisse einer Überprüfung ("Sweep") von Influencer-Posts in den sozialen Medien veröffentlicht. Demnach veröffentlichen fast alle Influencerinnen und Influencer (97 Prozent) kommerzielle Inhalte, aber nur jeder fünfte gibt systematisch an, dass es sich bei diesem Content um Werbung handelt.

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