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Gleichbehandlung der Menschen in der EU


Europäische Kommission stärkt Schutz von Verbrechensopfern
Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist das Diskriminierungsverbot bei der Durchsetzung der Opferrechte


(25.05.11) - Ein Tourist aus Polen wird bei einem Überfall in Paris schwer verletzt. Ein italienischer Schüler wird vor einer U-Bahn-Station in Helsinki tätlich angegriffen. Schätzungen zufolge werden jedes Jahr rund 75 Mio. Menschen in der EU Opfer einer Straftat. Neben den schweren Gesundheitsschäden, die die Opfer davontragen können, haben solche Straftaten für diese und ihre Familien oft auch verheerende emotionale und finanzielle Auswirkungen.

Geschieht so etwas im Ausland, kann es wegen der anderen Kultur, Sprache und den anderen Rechtsvorschriften zu erheblichen zusätzlichen Schwierigkeiten kommen. Wo erhält das Opfer Hilfe? Welche Rechte hat es? Eines der Grundprinzipien der EU ist die Gleichbehandlung der Menschen in allen EU-Staaten.

Dieser Grundsatz wurde 1989 in einem wegweisenden Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache Cowan gegen Trésor public bestätigt, durch das Opfern ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit ein Entschädigungsanspruch zugesprochen wurde. Opfer sollten stets mit Respekt behandelt werden, Schutz und Hilfe erhalten und Anspruch auf Rechtschutz haben, ganz gleich, ob sie Opfer eines Überfalls wurden oder bei einem Terroranschlag verletzt wurden. Die Rechtsvorschriften in den EU-Ländern sind jedoch uneinheitlich und erfüllen diese Grundanforderungen nicht immer.

Daher legt die Europäische Kommission ein Maßnahmenpaket vor, mit dem sie gewährleisten möchte, dass sich Opfer überall in der EU unabhängig davon, woher sie kommen und wo sie leben, auf einen Grundsockel an Rechten verlassen können und Hilfe sowie Schutz erhalten. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon ist die EU befugt, die Rechte von Verbrechensopfern zu regeln.

"Unsere Strafjustizsysteme konzentrieren sich auf die Verfolgung Krimineller und vergessen dabei manchmal die Opfer. Mit den heutigen Vorschlägen erhalten die Belange der Opfer in der EU Vorrang," stellte die für Justiz zuständige EU-Vizepräsidentin Reding fest. "Wenn man bedenkt, dass jedes Jahr Millionen Menschen Opfer einer Straftat werden, könnte es jeden Bürger treffen. Opfer brauchen Respekt, Hilfe, Schutz und das Gefühl, dass ihnen Gerechtigkeit widerfährt. Aus diesem Grund sorge ich dafür, dass sich Opfer überall in Europa auf grundlegende Rechte stützen können und Hilfe erhalten und so in den Fokus der Strafjustiz in der EU gelangen."

Ganz gleich, um welche Art Straftat es geht – Raubüberfall, Diebstahl, Einbruch, Angriff, Vergewaltigung, tätlicher Übergriff, Belästigung, durch Hass motivierte Straftat, Terroranschlag oder Menschenhandel –, einige Grundbedürfnisse sind bei allen Opfern gleich: sie müssen als Opfer anerkannt, respektvoll und würdig behandelt werden, ihre körperliche Integrität und ihr Eigentum müssen geschützt werden, sie brauchen Hilfe, Zugang zur Justiz und Entschädigung.

Dafür möchte die Kommission nun sorgen. Die heute vorgelegten Vorschläge werden die bestehenden einzelstaatlichen Regelungen durch EU-weite Mindeststandards stärken, so dass Opfer in der EU unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und dem Ort des Geschehens die gleichen grundlegenden Rechte genießen.

Die vorgeschlagene Richtlinie über Mindeststandards für den Opferschutz soll in den 27 EU-Staaten Folgendes gewährleisten:

>> Opfer werden respektvoll behandelt, Polizei, Staatsanwaltschaft und Richterschaft werden in einem angemessenen Umgang mit Opfern geschult.

>> Die Opfer werden in einer für sie verständlichen Form über ihre Rechte aufgeklärt und über ihren Fall informiert.

>> In allen Mitgliedstaaten ist für Opferhilfe gesorgt.

>> Opfer können sich auf Wunsch am Verfahren beteiligen und werden unterstützt, wenn sie dem Prozess beiwohnen wollen.

>> Besonders schutzbedürftige Opfer – wie Kinder, Vergewaltigungsopfer oder Behinderte – werden angemessen geschützt.

>> Opfer werden während der polizeilichen Ermittlungen und des Gerichtsverfahrens geschützt.

Um Gewaltopfer vor weiteren Übergriffen der Gewalttäter zu schützen, schlägt die Kommission darüber hinaus eine Verordnung über die gegenseitige Anerkennung zivilrechtlicher Schutzmaßnahmen vor. Die Verordnung wird sicherstellen, dass sich Gewaltopfer (wie Opfer häuslicher Gewalt) auch dann auf die Schutzanordnung gegen den Gewalttäter verlassen können, wenn sie in ein anderes EU-Land reisen oder dorthin umziehen.

Die Vorschläge sind ein erster Schritt in den Bemühungen, die Opfer in den Brennpunkt der Justizsysteme zu rücken. Für die nächsten Jahre plant die Kommission zudem die Konsolidierung der EU-Vorschriften über die Entschädigung der Opfer von Straftaten, damit Entschädigungsansprüche durchgesetzt werden können, auch wenn sich die Straftat im Ausland ereignet hat. Damit Personen, die in einem anderen EU-Land Opfer eines Verkehrsunfalls geworden sind, Schadenersatzansprüche anmelden können, möchte die Kommission außerdem die geltenden Kollisionsnormen der EU ändern und festlegen, dass stets die Fristen des Heimatlandes gelten.

Hintergrund
Jedes Jahr kommen mindestens 15 Prozent der Menschen in der EU durch Straftaten zu Schaden. Zudem kann eine noch viel größere Zahl enger Familienangehöriger indirekte Opfer werden, weil sie den ihnen nahestehenden Opfern bei der Verarbeitung der Tatfolgen, der Wiedererlangung ihrer Gesundheit oder der Bewältigung finanzieller Schwierigkeiten infolge der Tat beistehen. Das Risiko, Opfer zu werden, ist im Ausland genauso groß wie im Heimatland. Da sehr viele Europäer jedes Jahr eine Urlaubsreise in ein anderes Land der EU unternehmen (rund 1,25 Mrd. Reisen), werden zwangsläufig einige von ihnen im Ausland Opfer einer Straftat.

Mindestvorschriften für den Opferschutz entsprechen dem übergeordneten Ziel der EU, einen Europäischen Raum des Rechts aufzubauen, in dem für alle die gleichen grundlegenden Rechte gelten und die Menschen Vertrauen in das Rechtssystem haben, wo auch immer sie sich in der EU befinden.

Opferrechte berühren auch Grundrechte. So umfassen sie das Recht auf Achtung der menschlichen Würde, das Recht auf Privat- und Familienleben und auf Eigentum. Diese Rechte wie auch die Rechte der Verfahrensbeteiligten, beispielsweise der Angeklagten, sollten geschützt werden.

Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist das Diskriminierungsverbot bei der Durchsetzung der Opferrechte. Der Europäische Gerichtshof bestätigte in der Sache Cowan gegen Trésor public, dass eine Entschädigungszahlung nicht von der Staatsangehörigkeit abhängen darf. In dieser Sache ging es um einen britischen Tourist in Frankreich, der an einer U-Bahn-Station in Paris überfallen und verletzt wurde. Das Gericht befand, dass der britische Staatsangehörige den gleichen Anspruch auf Entschädigung für durch die Straftat erlittene Gesundheitsschäden haben sollte wie ein französischer Staatsangehöriger, weil er als Tourist die Dienstleistungsfreiheit in Anspruch nehmen durfte.

Die heute vorgelegten neuen Maßnahmen zur Verbesserung des Opferschutzes sind Folgemaßnahmen der Kommission zum Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010.

Weitere Informationen:
Newsroom der Generaldirektion Justiz:
http://ec.europa.eu/justice/news/intro/news_intro_en.htm
(Europäische Kommission: ra)


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