Binnenmarkt für Telekommunikationsdienste
Europäische Kommission stoppt deutschen Vorschlag für Festnetz-Zustellungsentgelte in Höhe des dreifachen EU-Durchschnitts
Neelie Kroes: "Ich fordere die BNetzA dringend auf, einen neuen Vorschlag mit niedrigeren Verbraucherpreisen vorzulegen, der zur Schaffung des Telekommunikationsbinnenmarkts beiträgt"
(30.04.13) - Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag der deutschen Regulierungsbehörde für die Telekommunikation (Bundesnetzagentur – BNetzA) gestoppt, der das Dreifache (300 Prozent) der Festnetz-Zustellungsentgelte vorsah, die der Durchschnitt der Länder anwendet, die den Empfehlungen der EU-Vorschriften für den Telekommunikationssektor folgen. Zustellungsentgelte sind diejenigen Tarife, die Telekommunikationsnetzbetreiber sich gegenseitig für die Anrufzustellung zwischen ihren Netzen in Rechnung stellen. Dabei übt jeder Betreiber im Bereich des Zugangs zu Kunden des eigenen Netzes Marktmacht aus. Die dabei entstehenden Kosten werden letztlich an Verbraucher und Unternehmen weitergegeben.
Der Vorschlag der BNetzA sieht Zustellungsentgelte zwischen 0,0036 EUR/min (Hauptzeiten) und 0,0025 EUR/min (Nebenzeiten) vor. Betreiber in Ländern, die sich an den Empfehlungen der Europäischen Kommission orientieren, zahlen durchschnittlich 0,001 EUR/min.
Die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Neelie Kroes, erklärte hierzu: "Meine Aufgabe ist es, einen Binnenmarkt für Telekommunikationsdienste für alle Bürgerinnen und Bürger der EU zu schaffen. Alle EU-Mitgliedstaaten – große wie kleine – haben die Vorschriften mitverabschiedet und setzen sie in diesem Sinne um. Kein Land darf uns von diesem Ziel abbringen. Ich fordere die BNetzA dringend auf, einen neuen Vorschlag mit niedrigeren Verbraucherpreisen vorzulegen, der zur Schaffung des Telekommunikationsbinnenmarkts beiträgt."
Nach dem Schreiben, in dem die Kommission der BNetzA ihre ernsthaften Zweifel an dem Vorschlag mitteilt, hat diese drei Monate Zeit, um mit der Kommission und dem Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) eine Lösung auszuarbeiten. Die Umsetzung des Vorschlags wird währenddessen ausgesetzt.
Hintergrund
Anfang Februar 2013 teilte die BNetzA der Kommission ihre Absicht mit, die Märkte für Festnetz-Zustellungsentgelte auf der Grundlage einer anderen Berechnungsmethode zu regulieren, als sie in der Empfehlung der Kommission über Zustellungsentgelte vorgesehen ist. Die BNetzA schlägt vor, die LRAIC+-Methode zur Berechnung der langfristigen durchschnittlichen Zusatzkosten (Long-Run Average Incremental Cost+) anzuwenden, während die Kommission das Bottom-up-Kostenmodell (reines Bottom-up-LRIC) empfiehlt.
Bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr gehen die Meinungen der Kommission und Deutschlands hinsichtlich der Art der Anwendung nationaler Abhilfemaßnahmen nach Artikel 7a der Telekommunikations-Rahmenrichtlinie auseinander.
Artikel 7 der Telekommunikations-Rahmenrichtlinie schreibt vor, dass nationale Regulierungsbehörden für Telekommunikation die Kommission, das GEREK (Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation) und die Telekommunikations-Regulierungsbehörden in anderen EU-Ländern von Maßnahmen unterrichten, die sie zur Behebung von Wettbewerbsproblemen auf den betreffenden Märkten einführen wollen.
Darüber hinaus kann die Kommission nach den neuen Vorschriften weitere Harmonisierungsmaßnahmen in Form von Empfehlungen oder (verbindlichen) Beschlüssen erlassen, falls Ungereimtheiten zwischen den Regulierungsansätzen der nationalen Regulierungsbehörden (z. B. bei Abhilfemaßnahmen) in der EU längerfristig fortbestehen.
Nützliche Links
Das Schreiben der Kommission an die deutsche Regulierungsbehörde wird veröffentlicht unter: https://circabc.europa.eu/w/browse/0fc4cbf9-3412-45fe-84bb-e6d7ba2f010e
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>