Eine "Nahezu-Identität" sei nicht gegeben
BGH bestätigt - kein Bußgeld gegen St. Gobain Weber wegen haftungsbefreiender Rechtsnachfolge
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "Nach wie vor gibt es Gesetzeslücken, die es einem Kartell-Beteiligten ermöglichen, sich durch geschickte Umstrukturierung dem Bußgeld wegen eines Kartellverstoßes zu entziehen"
(01.07.15) - Mit erst kürzlich veröffentlichtem Beschluss vom 16. Dezember 2014 hat der Bundesgerichtshof (BGH) einen Freispruch der St. Gobain Weber GmbH durch das Oberlandesgericht Düsseldorf wegen haftungsbefreiender Rechtsnachfolge bestätigt. Das Bundeskartellamt hatte im Jahre 2009 Bußgelder wegen verbotener Kartellabsprachen gegen die maxit Deutschland GmbH (maxit) sowie acht weitere Hersteller von Trockenmörtel verhängt. Nachdem das ebenfalls am Kartell beteiligte Unternehmen St. Gobain Weber GmbH (St. Gobain) die maxit übernommen hatte, wurde maxit wenige Monate nach Abschluss des Kartellverfahrens auf die St. Gobain verschmolzen.
Der BGH bestätigte nun die Auffassung des OLG Düsseldorf, dass die Voraussetzungen für die Verhängung einer Geldbuße gegen die Rechtsnachfolgerin St. Gobain nicht vorlägen. Auch eine europarechtskonforme Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen ändere an diesem Ergebnis nichts. Eine "Nahezu-Identität" zwischen dem Vermögen der verschmolzenen Gesellschaft und dem der Rechtsnachfolgerin sei nicht gegeben.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Auch wenn auf diesen Fall noch die alte Gesetzeslage zur Anwendung gekommen ist, verdeutlicht er erneut den bestehenden Handlungsbedarf für den Gesetzgeber. Nach wie vor gibt es Gesetzeslücken, die es einem Kartell-Beteiligten ermöglichen, sich durch geschickte Umstrukturierung dem Bußgeld wegen eines Kartellverstoßes zu entziehen. Nach diesem BGH-Beschluss ist nun auch klar, dass ein Rückgriff auf die europarechtliche Regelung zur Rechtsnachfolge ohne eine Gesetzesänderung nicht möglich ist. Das wird voraussichtlich auch noch auf weitere anhängige Verfahren negative Auswirkungen haben."
Gegen maxit, die nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes eine führende Rolle in dem Kartell einnahm, war ein Bußgeld in Höhe von rund 12 Mio. Euro verhängt worden.
Ein Teil der übrigen Bußgeldbescheide war ohne gerichtliche Überprüfung rechtskräftig geworden. Vier Unternehmen, die neben maxit Beschwerde eingelegt hatten, verurteilte das OLG Düsseldorf. (Bundeskartellamt: ra)
Meldungen: Kartellrecht
Kartellrecht und Kartellvergehen
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Alternative Carrier sind dünn gesät
Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."
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Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt
Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.
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Zusammenschluss musste freigeben werden
Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.
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Kein Verfahren gegen die DFL
Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.
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Austauschbarkeit der Produkte
Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.