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Oligopol auf dem Kraftstoffsektor


Bundeskartellamt hält an Oligopol-Befund in der Mineralölwirtschaft fest
OMV-Tankstellen gehen an einen Außenseiter - Shell muss Übernahmepläne reduzieren


(10.12.10) - Das Bundeskartellamt geht nach wie vor davon aus, dass die in Deutschland vertikal integrierten Mineralölkonzerne Shell, BP (Aral), ExxonMobil (Esso), ConocoPhilipps (Jet) und Total auf regionalen Tankstellenmärkten ein beherrschendes Oligopol bilden.

Der Präsident des Bundeskartellamtes Andreas Mundt, sagte: "Übernahmen und Zukäufe fremder Tankstellen-Standorte sind nur in engen Grenzen möglich, um eine weitere Konzentration des Marktes zu verhindern."

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte diesem Befund kürzlich eine Absage erteilt und geurteilt, dass die "Wettbewerbsbedingungen zwischen ihnen wesentlichen Wettbewerb erwarten lassen und sie im Verhältnis zu den übrigen Wettbewerbern keine überragende Marktstellung besitzen". Mit diesem Beschluss hatte das Gericht die Untersagungsentscheidung des Bundeskartellamtes, gegen das Zusammenschlussvorhaben der Total, 59 ostdeutsche Tankstellen der österreichischen OMV zu übernehmen (vgl. PM vom 29. April 2009), aufgehoben. Eine abschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofes steht in dieser Sache noch aus.

Die Sichtweise des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird durch die Erkenntnisse des Amtes nicht zuletzt im Rahmen der laufenden Sektoruntersuchung Kraftstoffe nicht bestätigt. Sie steht auch im Gegensatz zu den vielen Reaktionen, die das Amt von mittelständischen Tankstellenbetreibern und aus der Öffentlichkeit täglich erreichen.

Ob es zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes in der Sache kommen wird, ist jedoch offen, nachdem die OMV-Tankstellen zwischenzeitlich an die zum polnischen Orlen-Konzern gehörende Orlen Deutschland AG veräußert wurden. Das Bundeskartellamt hat diese Transaktion bereits freigegeben und verspricht sich davon eine Stärkung des Außenwettbewerbs auf den betroffenen ostdeutschen Regionalmärkten.

Übernahme von Edeka-Tankstellen durch Shell erst nach Anpassung genehmigt
Auch der Shell-Konzern hat seine ursprünglichen Übernahme-Pläne deutlich anpassen müssen, um eine drohende Untersagung des Gesamtvorhabens zu vermeiden.

Insbesondere von Seiten des Mineralölmittelstands waren in Bezug auf die zuletzt noch in Rede stehenden 19 Edeka-Tankstellen erhebliche Bedenken geltend gemacht worden, denen mit der nun gefundenen Lösung weitgehend Rechnung getragen werden konnte. So werden nun auf den beiden als wettbewerblich problematisch identifizierten Regionalmärkten Bielefeld und Herford mengenbezogen deutlich weniger Tankstellen übernommen, als ursprünglich beabsichtigt. In dieser reduzierten Form konnte das Vorhaben freigegeben werden.

Ergebnisse der Sektoruntersuchung Kraftstoffe Ende Januar 2011
Die Sektoruntersuchung Kraftstoffe wird in Kürze abgeschlossen. Nachdem der Zwischenbericht vom Juni 2009 vor allem eine Bewertung der Strukturen im Kraftstoffsektor und den Oligopolbefund zum Gegenstand hatte, konzentriert sich die Untersuchung seitdem auf Schwerpunktthemen wie die Prüfung von Preisscheren zu Lasten mittelständischer Tankstellenunternehmen, die kartellrechtliche Relevanz von so genannten Agentur- oder auch Markenpartnerverträgen, wettbewerbliche Probleme im Zusammenhang mit Tank- und Servicekarten sowie die Verhältnisse bei Bundesautobahntankstellen.

Zudem sollen mit einer sehr aufwändigen quantitativen Untersuchung der Tankstellenpreise auf den vier regionalen Märkten Hamburg, Köln, München und Leipzig erstmals valide Aussagen darüber ermöglicht werden, inwieweit es bestimmte Preissetzungsmuster gibt. Die Ergebnisse werden der Öffentlichkeit mit einem Bericht voraussichtlich Ende Januar bekannt gemacht. (Bundeskartellamt: ra)


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Alternative Carrier sind dünn gesät

    Das Bundeskartellamt hat den beabsichtigten Erwerb einer Minderheitsbeteiligung der Deutschen Lufthansa AG (Lufthansa) an der airBaltic Corporation AS (airBaltic) fusionskontrollrechtlich freigegeben. Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, sagte: "Die geplante Beteiligung löst auf mehreren Flugverbindungen zwischen deutschen Flughäfen und dem Baltikum erhebliche wettbewerbliche Bedenken aus."

  • Wettbewerbsimpuls auf dem Briefmarkt

    Das Bundeskartellamt hat ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Unternehmen der Deutschen Post AG (DPAG) sowie gegen Unternehmen der Max-Ventures-Gruppe aus dem Bereich Briefkonsolidierungsleistungen einstellen können, nachdem die Unternehmen untereinander bestehende gesellschaftsrechtliche Verflechtungen aufgelöst haben. Das Bundeskartellamt hatte das Verfahren im Juli 2023 eingeleitet, um dem Verdacht auf mögliche wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen den Unternehmen nachzugehen.

  • Zusammenschluss musste freigeben werden

    Das Bundeskartellamt hat die Übernahme aller Anteile an der Medienholding Süd durch die Neue Pressegesellschaft freigegeben. Die Medienholding Süd ist derzeit Teil der Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) und verlegt regionale Tageszeitungen in Baden-Württemberg, insbesondere die "Stuttgarter Zeitung" sowie den "Schwarzwälder Boten". Die Neue Pressegesellschaft verlegt ebenfalls regionale Tageszeitungen, in Baden-Württemberg insbesondere die "Südwest Presse". Beide Unternehmen verbreiten darüber hinaus Anzeigenblätter und sind an privaten Radiosendern beteiligt.

  • Kein Verfahren gegen die DFL

    Das Bundeskartellamt hat den Deutsche Fußball Liga e.V. (DFL) und die im Verfahren beigeladenen Vereine und Investoren über seine vorläufige kartellrechtliche Bewertung der 50+1-Regel und ihrer Anwendungspraxis informiert. Das Amt hat auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zum Sportkartellrecht keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Regel. Das Ziel der Vereinsprägung und der Mitgliederpartizipation ist geeignet, eine Ausnahme von kartellrechtlichen Verboten zu rechtfertigen.

  • Austauschbarkeit der Produkte

    Das Bundeskartellamt hat die geplante Übernahme des Automobil-Ethernet-Geschäfts der amerikanischen Marvell Technology, Inc. (Marvell) durch die Infineon Technologies AG (Infineon) freigegeben. Die Ethernet-Komponenten von Marvell werden vor allem für die Übertragung von Daten innerhalb des Netzwerks von softwaredefinierten Fahrzeugen (Software-defined Vehicles, SDVs) verwendet.

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