Sie sind hier: Home » Recht » Kartellrecht

Entflechtung als Instrument des Kartellrechts


Marktbeherrschende Unternehmen zerschlagen: Arbeitskreis Kartellrecht diskutiert in Bonn über den Gesetzesentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums zur Entflechtung
Das Entflechtungsinstrument soll die Befugnisse des Bundeskartellamtes stärken und vervollständigen


(12.10.10) - Soll das Bundeskartellamt mit einem Instrument zur Entflechtung von marktbeherrschenden Unternehmen ausgestattet werden oder nicht? Mit dieser Frage hat sich auf Einladung des Bundeskartellamtes am 7. Oktober 2010 der Arbeitskreis Kartellrecht in Bonn befasst.

Die Sitzungen des Arbeitskreises Kartellrecht beschäftigen sich alljährlich mit grundsätzlichen und aktuellen wettbewerbspolitischen Themen. Der Arbeitskreis besteht insbesondere aus Hochschullehrern rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Fakultäten sowie Richtern der Kartellsenate beim Oberlandesgericht Düsseldorf und beim Bundesgerichtshof.

Im Mittelpunkt der diesjährigen Diskussion unter der Leitung des Vizepräsidenten des Bundeskartellamtes, Herrn Dr. Peter Klocker, stand der Referentenentwurf zur Einführung eines Entflechtungsinstruments vom Anfang des Jahres.

Das Entflechtungsinstrument soll die Befugnisse des Bundeskartellamtes stärken und vervollständigen. Der Entwurf sieht vor, dass in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) als ultima ratio die Möglichkeit integriert wird, auf gesamtwirtschaftlich bedeutenden Märkten, Unternehmen zu entflechten, deren marktbeherrschende Position den Wettbewerb erheblich beeinträchtigt.

In anderen europäischen Kartellrechtsordnungen sowie in den USA hat man schon seit vielen Jahren Erfahrungen mit ähnlichen Instrumenten sammeln können. Frau Celine Gauer, Leiterin des Energiereferates der Generaldirektion Wettbewerb bei der Europäischen Kommission, erläuterte die Vorgehensweise der Kommission, die in der jüngeren Vergangenheit große Energiekonzerne wie E.ON, RWE und ENI zu strukturellen Maßnahmen, wie der Abgabe von Produktionskapazitäten oder der Veräußerung der Transportnetze verpflichtet hatte.

Herr Peter Freeman, Chairman der Britischen Competition Commission, stellte die Vorteile eines Entflechtungsinstruments auch am Beispiel eines aktuellen Anwendungsfalls vor. Seine Behörde befasst sich derzeit mit der Entflechtung der Flughäfen in Großbritannien, insbesondere der drei Londoner Flughäfen, die allesamt in der Hand der British Airports Authority lagen.

Herr Prof. Dr. Justus Haucap, Vorsitzender der Monopolkommission, machte in seinem Vortrag deutlich, dass sich das Instrument zumindest aus ökonomischer Sicht gut in die ordnungspolitische Systematik einfügen ließe und verwies auf die Verwandtschaft zur Fusionskontrolle. Investitionsentscheidungen von Unternehmen könnten zwar durch eine Entflechtungskompetenz des Bundeskartellamtes gehemmt werden, doch sei dieses Problem letztlich über hinreichende Regelungen zur Kompensation zu lösen.

Der Beitrag von Herr Prof. Dr. Wulf-Henning Roth von der Universität Bonn befasste sich vor allem mit der kritischen Bewertung des Referentenentwurfes vor dem Hintergrund des europäischen Rechtsrahmens.

Grundlage der Diskussion war ein Arbeitspapier des Bundeskartellamtes zum Tagungsthema, dass auch auf der Internetseite des Bundeskartellamts abrufbar ist. (Bundeskartellamt: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kartellrecht

Kartellrecht und Kartellvergehen

  • Nach wettbewerblichen Bedenken

    Ansys Inc., Canonburg (USA), hat die Anmeldung des Erwerbs einer Minderheitsbeteiligung von knapp 35 Prozent an der Safe Parent Inc., Farmington Hills (USA) (bekannt unter der Marke "Humanetics"), zurückgenommen, nachdem das Bundeskartellamt den betroffenen Unternehmen seine wettbewerblichen Bedenken gegen den Anteilserwerb mitgeteilt hatte.

  • Dauerhaft eine zu hohe Marktmacht

    Das Bundeskartellamt hat das Vorhaben der Uniklinik Heidelberg einen Mehrheitsanteil an der Uniklinik Mannheim zu erwerben, nach intensiver wettbewerbsrechtlicher Prüfung untersagt. Das Universitätsklinikum Mannheim ("UKMA") ist das ehemalige Städtische Klinikum Mannheim, das seit dem Jahr 2001 die Bezeichnung Universitätsklinikum führen darf. Das UKMA gehört der Stadt Mannheim, während das Universitätsklinikum Heidelberg ("UKHD"), wie die anderen drei baden-württembergischen Unikliniken in Freiburg, Tübingen und Ulm, im Eigentum des Landes steht. Die medizinische Fakultät Mannheim ist zwar bisher schon in die Universität Heidelberg eingebunden, dies berührt aber nicht die Selbständigkeit des Krankenhausbetriebes der Universitätsklinik Mannheim.

  • VW und Rivian dürfen Joint Venture gründen

    Das Bundeskartellamt hat die Gründung eines Joint Ventures (Gemeinschaftsunternehmen) von Volkswagen und dem US-amerikanischen Elektroautobauer Rivian sowie den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an Rivian Automotive Inc. durch VW fusionskontrollrechtlich freigegeben. An dem Joint Venture sollen VW und Rivian jeweils zu 50 Prozent beteiligt sein.

  • Evidenz zu Branchen näher ausgewertet

    Die EU-Kommission hat den Bericht "Protecting competition in a changing world" vorgelegt. Der Bericht behandelt die Frage, wie sich die Wettbewerbsbedingungen in der EU in den letzten 20 bis 25 Jahren entwickelt haben.

  • Scoring beim Online-Shopping

    Das Bundeskartellamt hat den Abschlussbericht zu seiner verbraucherrechtlichen Sektoruntersuchung "Scoring beim Online-Shopping" vorgelegt. Das Bundeskartellamt kommt zu dem Ergebnis, dass Online-Händler, Zahlungsdienstleister und Auskunfteien die geltenden Vorgaben des Verbraucherrechts nicht immer einhalten.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen