Fusionskontrolle im Bereich des Milchsektors
Genehmigung des Bundeskartellamtes: Humana und Nordmilch dürfen den Vertrieb ihrer Molkereiprodukte zusammenlegen
Den Milchlieferanten werden in allen von dem Vorhaben betroffenen Regionalmärkten auch nach dem Zusammenschluss eine Reihe weiterer Molkereien zur Verfügung stehen
(15.06.09) - Das Bundeskartellamt hat die beabsichtigte Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (GU) zur Bündelung der wesentlichen Vertriebsaktivitäten der Humana Milchindustrie GmbH, Everswinkel, und der Nordmilch AG, Bremen, freigegeben. Das GU wird unter dem Namen Nord Contor GmbH firmieren.
Das Vorhaben betrifft zum einen die bundesweiten Absatzmärkte für eine Reihe von Molkereiprodukten (u.a. Frischmilch, Sauerrahmprodukte, Frischkäse, Quark, Butter, Schnittkäse). Lediglich auf dem Markt für Quarkprodukte konnten hier wettbewerbliche Bedenken nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Die Marktanteile der Beteiligten liegen hier nach dem Zusammenschluss zwar in etwa auf der Höhe der Marktbeherrschungsvermutung von 33,3 Prozent und damit zugleich erheblich über den Marktanteilen der Wettbewerber, die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung war dennoch nicht zu erwarten.
Die relevanten Produkte der Beteiligten sind sog. Milchbasisprodukte, die von einer Vielzahl von Molkereien hergestellt bzw. vertrieben werden. Zu den Wettbewerbern in Deutschland gehören große Unternehmen wie der Campina/Friesland-Konzern, Ehrmann und Danone. Zudem steht Humana und Nordmilch mit den Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels eine hoch konzentrierte und finanzkräftige Marktgegenseite gegenüber. Gerade bei Produkten, die nicht schon aufgrund ihrer hohen Markengeltung "vorverkauft" sind, verfügen diese Unternehmen über ausreichend hohe Nachfragemacht, um einen unkontrollierbaren Verhaltensspielraum der Beteiligten zu verhindern.
Abnehmer stammen darüber hinaus aus der weiterverarbeitenden Industrie. Auch auf den Erfassungsmärkten für Rohmilch wird der Zusammenschluss nicht zur Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führen. Sowohl der Deutsche Bauernverband als auch der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter hatten sich zum Verfahren beiladen lassen, um die Interessen der Milchlieferanten zu vertreten.
Nach der Überzeugung des Bundeskartellamtes werden den Milchlieferanten, in allen von dem Vorhaben betroffenen Regionalmärkten, auch nach dem Zusammenschluss eine Reihe weiterer Molkereien zur Verfügung stehen, an welche sie ihre Rohmilch verkaufen können. Auch wenn angesichts der gegenwärtigen Marktverhältnisse - Sättigung der Milchnachfrage - ein Wechsel der Molkerei nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist, kann dies nicht zu einer Untersagung führen, da der Zusammenschluss für die gegenwärtige Marktsituation nicht ursächlich ist und sich diese Situation auch nicht durch den Zusammenschluss weiter verschlechtern wird.
Entgegen entsprechender Beschwerden ist nach Auffassung des Bundeskartellamtes auch nicht zu erwarten, dass die Zusammenschlussbeteiligten über die Vergemeinschaftung der Absatzseite in die Lage versetzt werden, ihren Milchlieferanten ein so hohes Milchentgelt zu zahlen, dass die als Wettbewerber benannten Molkereien ihre Rohstoffbasis verlieren und zum Marktaustritt gezwungen sein könnten.
Der Zusammenschluss der beiden großen Molkereien konnte freigegeben werden, da einerseits, bezogen auf die Absatzmärkte, für den nachfragenden Handel und andere Nachfrager genügend Ausweichmöglichkeiten auf andere Lieferanten vorhanden sind und andererseits auf den betroffenen regionalen Milcherfassungsmärkten hinreichend Alternativen für die betroffenen Milcherzeuger bestehen bleiben. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von anderen in der Vergangenheit zu prüfenden Zusammenschlüssen im Molkereibereich, die teilweise wesentlich kleinere Märkte und Marktvolumina betrafen, aber dennoch wettbewerbliche Bedenken aufwarfen.
Präsident Dr. Bernhard Heitzer, sagte: "Auch dieser Fall zeigt, dass das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen für die Fusionskontrolle im Bereich des Milchsektors die notwendigen und sachgerechten Instrumentarien bereit hält. Bei möglichen Fusionen erlaubt der bestehende Rechtsrahmen sowohl die konkreten Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite (hier des Handels) als auch die Wirkungen auf den Erfassungsmärkten für Rohmilch angemessen zu berücksichtigen. Letztlich ist es Sache der Branche, eine weitere Konsolidierung in der Molkereiwirtschaft anzustoßen. Hierzu bedarf es nicht - wie von Interessenverbänden und Politik wiederholt gefordert - einer sektorspezifischen Änderung des Wettbewerbsrechts." (Bundeskartellamt: ra)
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