Angela Merkel: Über TTIP im Gespräch bleiben
Merkel: Löhne und Arbeitsbedingungen sollten zwischen den Sozialpartnern und nicht in der Politik ausgehandelt werden
"Doch wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es Bereiche gibt, in denen die Tarifbindung kaum mehr vorhanden ist"
(23.11.15) - Auf dem Gewerkschaftstag der IG Metall in Frankfurt am Main hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die gute Sozialpartnerschaft betont. Das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA lege auch soziale Standards fest. Dies komme den Arbeitnehmern zugute, so Merkel. In ihrer Rede auf dem 23. Ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall in Frankfurt am Main widmete Bundeskanzlerin Angela Merkel sich ausführlich dem Thema "Gute Arbeit". Sie dankte den Gewerkschaftern für die gute Zusammenarbeit und große Unterstützung bei der Integration der Flüchtlinge.
Tarifverträge und Mitbestimmung bleiben wichtig
"Die Sozialpartnerschaft hat sich in Deutschland bewährt", so Merkel. Deshalb gäbe es in Deutschland "Gute Arbeit". Die IG Metall habe diese "Gute Arbeit" entscheidend geprägt. Deutschland gehe es wirtschaftlich gut, die Beschäftigung sei auf Rekordhöhe. Dennoch dürften die fast drei Millionen Arbeitslose nicht aus dem Blick geraten.
Tarifverträge hätten in den vergangenen zwanzig Jahren zu großen gesellschaftlichen Innovationen geführt, sagte Merkel. Die Sozialpartner hätten mit Tarifverträgen früh auf die demografischen Veränderungen reagiert und Arbeitszeiten flexibilisiert. Zwar sollten Löhne und Arbeitsbedingungen zwischen den Sozialpartnern und nicht in der Politik ausgehandelt werden. "Doch wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es Bereiche gibt, in denen die Tarifbindung kaum mehr vorhanden ist", so Merkel. "Deshalb ist es unser gemeinsames Anliegen, die Tarifbindung auf stärkere Füße zu stellen."
Aus diesem Grund habe sie sich davon überzeugen lassen, dass ein gesetzlicher Mindestlohn nötig sei. Auch die Regelung von Werkverträgen und Leiharbeit werde deshalb von der Bundesarbeitsministerin vorbereitet. Dies sei ein wichtiges Anliegen der Gewerkschaften an die Politik. "Die Bundesregierung steht zu ihrem Wort", bekräftigte Merkel.
Handelsabkommen setzen Standards
In Deutschland gebe es ein starkes Gefühl für Globalisierung, stellte die Bundeskanzlerin fest. Denn die Betriebe, die von der IG Metall vertreten würden – allen voran die Automobilindustrie – agierten international. Handelsabkommen unterstützten dies.
Die aktuellen Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika über das gemeinsame Freihandelsabkommen TTIP gingen über die herkömmlichen Abkommen hinaus: "Das Besondere ist, dass wir zum ersten Mal nicht nur über Zölle, sondern über Standards reden, zum Beispiel über Verbraucherschutz, über technische Standards und Umweltschutz", hob die Bundeskanzlerin hervor.
Die Angst, dass dadurch die für Deutschland errungenen Standards hinfällig würden, könne sie nicht nachvollziehen. "Wir werden keinen einzigen EU-Standard ändern", bekräftigte Merkel. Vielmehr würden Maßstäbe für die Globalisierung gesetzt, wenn sich die beiden größten Wirtschafträume mit hohen Standards zusammentun. Dies komme auch den deutschen Arbeitnehmern zugute. Deshalb forderte Merkel die Gewerkschafter auf: "Lassen Sie uns nochmal darüber reden."
Digitalisierung verändert unser Leben
Besonders in der Metall- und Automobilbranche gebe es eine rasante Entwicklung der Digitalisierung in der Arbeitswelt, stellte Merkel fest. Industrie 4.0 sei das Schlagwort für die Verbindung von digitaler und realer Arbeitswelt. Zunehmend gehe es um die Verarbeitung großer Datenmengen. Daten seien der neue Rohstoff in der Produktion.
"Aber wir müssen mit dem Rohstoff Daten vernünftig umgehen, und wir brauchen die richtige Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung", warnte Merkel. Gute Arbeit und gutes Leben in der neuen Arbeitswelt müssten ausgehandelt werden – hierfür sei eine starke Mitbestimmung nötig. Erreichbarkeit rund um die Uhr dürfe es nicht geben.
Flüchtlinge bringen Globalisierung zu uns
"Bislang war unsere Erfahrung von Globalisierung, dass wir in andere Länder exportieren oder dort Firmen gründen", sagte Merkel. "Die Flüchtlinge, die nun in großer Zahl nach Deutschland kommen, bringen die Globalisierung zu uns."
In einer digitalisierten Welt voller Smartphones könne man sich nicht abschotten. Umso wichtiger sei es, diese Herausforderung anzunehmen. "Wir schaffen das", betonte Merkel erneut. Sie verwies auf Europas Grundrechtecharta und darauf, dass es nicht einfach sei, die Außengrenzen zu schützen.
Es gäbe viele gute Gründe, illegale Migration zu stoppen. "Aber wir brauchen viel mehr legale Migration", bekräftigte die Bundeskanzlerin. Asyl könne nur bekommen, wer tatsächlich Schutz brauche. (Deutsche Bundesregierung: ra)
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