Haftungsprivileg und Internet-Provider
ACTA: Ein geheimes Abkommen bedroht nach Ansicht der Piratenpartei die Grundrechte und die Freiheit des Internets
ACTA-Abkommen soll unter anderem Urheberrechtsverletzungen im Internet bekämpfen
(03.12.09) - Das EU-Parlament hat sich kürzlich auf eine "abgestufte Erwiderung" bei Copyright-Verletzungen im Internet geeinigt: Rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und das Recht auf Privatsphäre seien zu respektieren. Seit Anfang 2008 verhandeln jedoch die USA, die EU, Japan und acht weitere Staaten unter strenger Geheimhaltung darüber, wie der Umgang mit Urheberrechtsverletzungen völlig neu geregelt werden soll. Das dabei entstehende ACTA-Abkommen (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) sieht tiefe Einschnitte in die Freiheit des Internets und die Privatsphäre der Nutzer vor.
Die Piratenpartei Deutschland kritisiert nicht nur den Inhalt des Abkommens scharf, sondern auch die Art und Weise, wie es geheim ausgearbeitet wird: Die bereits bekanntgewordenen Details müssten sorgfältig geprüft werden. Nicht nur Verletzer des Urheberrechts, sondern auch ganz normale Nutzer des Internets würden von den geplanten neuen Regeln betroffen sein.
Ein breites Netzwerk aus Bürgerrechts-, Entwicklungshilfe- und Bibliotheksverbänden sowie Bündnisse aus Schwellen- und Entwicklungsländern haben jüngst einen breiteren Zugang zu Wissen und Kultur gefordert. Auch haben sich die Mehrheitsverhältnisse in der "World Intellectual Property Organization" (WIPO) geändert, die für die geistigen Monopolrechte zuständig ist. Das sei ein Grund, warum jetzt begonnen wurde, neu zu verhandeln. Die "Deutungshoheit" solle wieder zugunsten der Lobbyverbände der Rechteindustrie verschoben werden.
Das ACTA-Abkommen soll unter anderem Urheberrechtsverletzungen im Internet bekämpfen. Es umfasst Regelungen, die weit über das nationale Urheberrecht hinausgehen. Es will die Haftung Dritter ausweiten und das Haftungsprivileg für Internet-Provider einschränken. In dem Dokument werden neue Maßnahmen bis zur Sperrung von Internetanschlüssen aufgelistet; es ist unter der Federführung der USA entstanden.
Das Abkommen zielt unter anderem auf die Internet Service Provider. Diese sollen entweder für illegale Inhalte haften, die durch ihre Kunden bereitgestellt oder heruntergeladen werden, oder diesen Nutzern die Zugänge sperren. Die Provider würden daher gezwungen, den gesamten Datenverkehr ihrer Kunden zu überwachen. Damit würden sie sowohl deren Privatsphäre als auch das in Deutschland geltende Post- und Briefgeheimnis verletzen. Jeder Internetnutzer werde unter Generalverdacht gestellt und überwacht.
Durch die strikte Geheimhaltung der Inhalte des ACTA-Papiers solle die öffentliche Diskussion vermieden werden. Während die Interessenvertreter der Rechteinhaber an dem Vertragswerk mitschreiben würden, würden der Internetwirtschaft und den Nutzergruppen nur Ausschnitte zugänglich gemacht, die an rigide Verschwiegenheitsabkommen gekoppelt seien.
"Ein Abkommen von derartiger Tragweite darf nicht hinter verschlossenen Türen verhandelt und über Nacht in Kraft gesetzt werden", fordert Thorsten Wirth, Vorstandsmitglied der Piratenpartei. "Die Piratenpartei sieht hier massive Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte eines jeden Bundesbürgers sowie die potentielle Beschneidung des Grundrechts auf Information. Auch sind Fragen des Datenschutzes und der Überwachung des Internets ungeklärt. Die totale Überwachung jeglichen Internetverkehrs und die Kriminalisierung eines jeden Internetnutzers stehen in krassem Widerspruch zu geltendem Recht und dürfen nicht durch die Hintertür des EU-Rechts heimlich aufgezwungen werden."
Die Piratenpartei Deutschland fordert und unterstützt den freien Zugang zu Informationen sowie die Unverletzlichkeit der Privatsphäre und den Schutz des Briefgeheimnisses. Die Bundesregierung müsse sich dafür einsetzen, die genauen Inhalte des Abkommens und den aktuellen Verhandlungsstand offenzulegen und auf europäischer und internationaler Ebene den Stopp der ACTA-Verhandlungen verlangen. (Piratenpartei: ra)
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