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Welche Kündigungsfrist gilt tatsächlich


Kündigungserklärung mit zu kurzer Kündigungsfrist
Das kündigende Zeitarbeitsunternehmen hatte den Manteltarifvertrag Zeitarbeit (IGZ/DGB) in Bezug genommen

(27.04.15) - Der Agad - Arbeitgeberverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. in Essen begrüßt das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm vom 30.01.2015, in dem das LAG über eine Kündigung mit zu kurzer Kündigungsfrist entschieden hat. "Dem LAG Hamm ist vollumfänglich zuzustimmen. Aus dem Zusammenspiel von Gesetz, allgemeinverbindlichen und ehemals allgemeinverbindlichen Tarifverträgen ist es für den Arbeitgeber oftmals nur schwer zu erkennen, welche Kündigungsfrist tatsächlich gilt. Erklärt der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung, will er in jedem Falle mit zutreffender Kündigungsfrist kündigen. Diese seit Jahrzehnten bewährte Rechtsprechung sollte nicht geändert werden", erklärt Rechtsanwalt Dr. Oliver K.-F. Klug, Hauptgeschäftsführer des Agad.

Das kündigende Zeitarbeitsunternehmen hatte den Manteltarifvertrag Zeitarbeit (IGZ/DGB) in Bezug genommen. In dem Tarifvertrag ist festgelegt, dass innerhalb der ersten 4 Wochen der Probezeit eine ordentliche Kündigung mit einer zweitägigen Frist möglich ist und sich diese Frist bis zum Ablauf des 2. Monats auf 1 Woche und bis zum Ablauf des 6. Monats auf 2 Wochen verlängert. Demgegenüber hatte das Zeitarbeitsunternehmen mit seinem Mitarbeiter im Arbeitsvertrag vereinbart: "Die ersten 6 Monate des Beschäftigungsverhältnisses gelten als Probezeit. Hier kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 2 Tagen gekündigt werden."

Das Zeitarbeitsunternehmen kündigte noch innerhalb der Probezeit, allerdings nach drei Monaten Beschäftigungsdauer mit der Frist von nur 2 Tagen. Diese Kündigung griff der Kläger aus allen erdenklichen Gesichtspunkten an. Das Arbeitsgericht verlängerte die Kündigungsfrist in seiner Entscheidung von zwei auf 14 Tage, wies die Kündigungsschutzklage im Übrigen aber ab.

Diese Entscheidung hat das LAG Hamm bestätigt. Es setzt sich in der Entscheidung im Einzelnen mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Kündigungserklärungen mit zu kurzen Kündigungsfristen auseinander. Der 2. und 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts gingen davon aus, dass eine Auslegung ausscheide, wenn der Kündigungstermin "integraler Bestandteil der Willenserklärung" sei. Allerdings sei bei fehlerhaft berechneter Frist im Regelfall anzunehmen, dass jedenfalls eine fristwahrende Kündigung ausgesprochen werden sollte. Der Empfänger einer Kündigungserklärung dürfe sich nicht einfach auf den wörtlichen Sinn der Erklärung verlassen, sondern müsse seinerseits unter Berücksichtigung aller für ihn sichtbaren Umstände bemüht sein, das Gewollte zu erkennen. Bei einer ordentlichen Kündigung sei für den Erklärungsempfänger ersichtlich, dass dem Kündigenden daran gelegen sei, die zutreffende Kündigungsfrist grundsätzlich wahren zu wollen, an die er aufgrund gesetzlicher, tariflicher oder einzelvertraglicher Regelungen gebunden sei (BAG vom 06.07.2006 – 2 AZR 215/05 – Rn. 15; BAG vom 09.02.2006 – 6 AZR 283/05 – Rn. 32).

Demgegenüber stelle der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts die Annahme einer solchen Regelhaftigkeit in Frage, ohne sie allerdings abschließend und anders entschieden zu haben. Er gehe davon aus, dass jedenfalls dann, wenn eine ordentliche Kündigung ohne weiteren Zusatz zu einem bestimmten Datum erklärt worden sei, das Bestimmtheitsgebot einseitiger und rechtsgestaltender Willenserklärungen der Auslegung entgegenstehe, die Kündigung solle zu einem anderen Termin erklärt werden. In einem solchen Fall sei die Nichtigkeit der Kündigungserklärung anzunehmen, die allerdings – sofern rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben worden sei – nach § 140 BGB in eine Kündigungserklärung zum nächst zulässigen Termin umgedeutet werden könne (BAG vom 01.09.2010 – 5 AZR 700/09 – Rn. 27).

Der vom LAG Hamm entschiedene Fall bietet nach Auffassung der Kammer keinen Anlass zu einer Grundsatzentscheidung. Das Kündigungsdatum sei kein "integraler Bestandteil" der Kündigungserklärung. Der Arbeitgeber sei rechtsirrig davon ausgegangen, die zweitägige Kündigungsfrist für die gesamte Probezeit von sechs Monaten vereinbaren zu können, obwohl diese nach dem Tarifvertrag nur für die ersten Wochen der Probezeit vorgesehen sei. (Agad: ra)

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