Vom Gärtner zum Bock?


"Das Urteil des EuGH weckt nur den Eifer der Behörden, neue Wege der Überwachung zu finden."
Grund zur Freude: Das Europäische Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung ist gekippt - Doch die Verschnaufpause währte nur kurz

(09.05.14) - Der Europäische Gerichtshof hat die EU-Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt. Ein Kommentar zu den Folgen von Dr. Wieland Alge, General Manager EMEA bei Barracuda Networks.

"Bisher versteckten sich die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung gerne hinter der EU-Richtlinie, die man leider befolgen müsse. Nun ist diese annulliert, und man möchte meinen, dass ein kollektives Aufatmen mit sofortiger Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung folgt. Mitnichten! Mit großer Begeisterung gehen viele Politiker und Behördenvertreter ans Werk, Wege zu finden, uns weiterhin auszuspähen.

Dazu wurde in den letzten Tagen viel geschrieben, gelesen und gestritten. Manche essentiellen Aspekte wurden dabei aber fast gänzlich außer Acht gelassen.

So wurde wird viel über gesellschaftspolitische Verantwortung gesprochen. Was Vorratsdatenspeicherung für Bürger und Bürgerinnen bedeutet, welche Auswirkungen sie auf den Alltag hat. Es geht aber noch weiter. Selbstverständlich wird auch die Kommunikation aller Unternehmen durch verschiedene Behörden protokolliert. Die Datenspeicherung macht nicht vor den Schlafzimmer halt - aber auch nicht vor den Vorstandszimmern. Deswegen wird es Zeit, dass nicht nur gesellschaftspolitisch gegen jede Art der Überwachung argumentiert wird, sondern dass auch die Handelskammern aufbegehren.

Besonders die Hintermänner der Wirtschaftsspionage scheuen nämlich keine Mühen und Kosten. Das ist natürlich nicht neu. Wirtschaftsspionage setzte immer schon gern bei Behörden an, die Informationen über Wirtschaftsunternehmen sammelten. Sie war nur noch nie so lukrativ. Denn die gespeicherten Kommunikationsdaten von Unternehmen sind nicht nur ein überaus wertvolles Element der intelligenten Überwachung. Sie sind bares Geld wert. Damit werden die überwachenden Behörden automatisch selber zum Ziel von Ausspähung. Sie haben damit die enorme, möglicherweise nicht zu bewältigende Aufgabe, auf die Daten aufzupassen.

Zu viele Politiker möchten so viel überwachen wie es nur geht. Von mehreren Seiten ist man aktiv auf der Suche nach Schlupflöchern, um auch in Zukunft Vorratsdatenspeicherung zu betreiben. Möglicherweise wird sie dann anders genannt und anders legitimiert, aber sie nimmt sicher nicht ab. Der Staat, der uns und unsere Wirtschaft vor Angriffen schützen sollte, ist drauf und dran, vom Gärtner zum Bock zu werden."
(Barracuda Networks: ra)

Barracuda Networks: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Politik auf EU-Ebene gefordert

    Der Digitalverband Bitkom plädiert vor der Konstituierung der neuen EU-Kommission für ein Umdenken in der europäischen Verbraucherpolitik. In den letzten Jahren wurde eine kaum überschaubare Vielzahl neuer Regeln wie Datenschutz-Grundverordnung, Digital Markets Act, Data Act, AI Act oder dem Digital Services Act und diverse Verbraucherrechtsrichtlinien erlassen.

  • Quantum-Sicherheit beginnt jetzt

    Die Veröffentlichung der Post-Quantum-Standards durch das NIST markiert einen entscheidenden Fortschritt in der Absicherung der digitalen Zukunft. Bislang befanden sich Entwickler und Sicherheitsteams in einer abwartenden Position, doch mit der Finalisierung dieser Standards beginnt nun der Weg zur Quantum-Sicherheit.

  • NIS2-Umsetzung & Null-Toleranz-Strategie

    148 Milliarden Schaden im vergangenen Jahr - und längst noch kein Ende in Sicht: Die Bedrohungslage ist und bleibt prekär. Zudem sorgen Digitalisierung, Cloud und KI für neue Angriffsflächen und eröffnen den Hackern eine Vielzahl an Möglichkeiten. Dies zeigt auch die jüngste Lünendonk-Studie. Der zu Folge hakt es insbesondere bei der E-Mail-Sicherheit und dem Schwachstellenmanagement. Trotz einer anhaltend massiven Bedrohungslage hat rund ein Drittel der Unternehmen keinen Überblick über den tatsächlichen Cybersecurity-Status.

  • Herausforderungen und Chancen der NIS-2-Direktive

    Mit der bevorstehenden Frist zur Umsetzung der NIS-2-Direktive stehen viele Unternehmen vor einer bedeutenden Herausforderung. Unsere Beobachtungen zeigen, dass viele Unternehmen Schwierigkeiten haben werden, die Anforderungen rechtzeitig zu erfüllen. Dies liegt vor allem daran, dass das Thema zu lange vernachlässigt wurde.

  • NIS-2-Richtlinien treten bald in Kraft

    Die NIS-2-Richtlinien treten in wenigen Monaten in Kraft und sind derzeit in aller Munde. Die zahlreichen Vorträge und Veranstaltungen zu diesem Thema unterstreichen nicht nur dessen Bedeutung, sondern zeigen auf, dass es noch viel Informationsbedarf bei Verantwortlichen und Entscheidern gibt.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen