Warnung vor der Überregulierung aus Brüssel


Geplante EU-Datenschutzverordnung schießt über Ziel hinaus
Datenschutzrecht muss moderner werden und praktikabel bleiben


(19.02.13) - Bitkom warnt vor einer Überregulierung aus Brüssel gewarnt. Nach der Vorlage eines Entwurfs für eine EU-weit einheitliche Datenschutzverordnung hatte das Europaparlament kürzlich Vorschläge für eine weitere Verschärfung vorgelegt. Aus Sicht der Hightech-Industrie verfehlen viele der geplanten Regelungen das Ziel, den Datenschutz zu modernisieren. "Der Schutz unserer Privatsphäre wird nicht dadurch besser, dass jede Datenverarbeitung mit bürokratischen Hürden versehen wird", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. "Nach der geplanten Datenschutzverordnung werden viele bislang kostenlose Online-Dienste in Europa nicht mehr möglich sein."

Der Grundsatz "Keine Datenverarbeitung ohne Einwilligung" klinge zwar sinnvoll, sei in der Praxis aber kaum umzusetzen und schränke die Benutzerfreundlichkeit massiv ein. Das gelte zum Beispiel für die Einblendung von Werbung auf Webseiten oder Bonitätsprüfungen bei Bestellvorgängen im Internet.

Grundsätzlich unterstützt die ITK-Branche die Bemühungen der EU, den Datenschutz in Europa auf ein einheitlich hohes Niveau zu bringen. Dabei müsse aber verhindert werden, dass die Regelungen eine sinnvolle Nutzung von Daten zu stark einschränken oder unmöglich machen. "Mit der Digitalisierung von Infrastrukturen in den Bereichen Energie, Gesundheit, Verkehr, Bildung und Verwaltung werden die Datenmengen noch einmal steigen", sagte Rohleder. "Der Wert digitaler Infrastrukturen liegt insbesondere in der sinnvollen, kontrollierten Nutzung dieser Daten. Ein zu enges Datenschutzkorsett macht jedoch innovative Dienste zum Wohl der Menschen und der gesamten Gesellschaft fast unmöglich." Besser sei es, Anreize zu schaffen, damit Daten so oft wie möglich nur anonymisiert oder verschlüsselt verarbeitet werden, um Missbrauch auszuschließen.

Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Bitkom sind 93 Prozent der Internetnutzer in Deutschland der Ansicht, dass das Thema Datenschutz zunehmend wichtiger wird. 44 Prozent der Befragten meinen, dass ihre persönlichen Daten im Internet "eher unsicher" sind, 15 Prozent sogar "völlig unsicher". Immerhin 39 Prozent halten ihre persönlichen Daten dagegen im Internet für sicher oder sehr sicher. 35 Prozent haben aus Datenschutzgründen bereits Falschangaben im Internet gemacht. Die Hauptverantwortung für den Schutz ihrer Daten sehen Internetnutzer vor allem bei sich selbst: Gut die Hälfte (54 Prozent) der Internetnutzer ist der Ansicht, dass die Nutzer für den Schutz persönlicher Daten zuständig sind. 23 Prozent sehen die Verantwortung beim Staat, 13 Prozent bei den Datenschutzbeauftragten und nur 6 Prozent bei den Unternehmen. Rohleder: "Jeder muss seinen Beitrag zum Datenschutz leisten. Die Nutzer durch ein sorgsames und bewusstes Verhalten und die Unternehmen, indem sie ihre Angebote möglichst datenschutzfreundlich gestalten."

Der Bitkom hat folgende Schwachpunkte in der geplanten EU-Datenschutzverordnung identifiziert:

>> Der Anwendungsbereich der Datenschutzverordnung droht auszuufern und Sachverhalte des täglichen Lebens und Wirtschaftslebens zu erfassen, die keinen Zusammenhang mehr mit dem eigentlichen Schutzzweck der Verordnung aufweisen.

>> Um die zahlreichen Einwilligungen für die Datenverarbeitung bei Online-Angeboten korrekt einzuholen, müssen aller Voraussicht nach mehr Daten erhoben werden als zuvor. Bislang funktioniert die Datenverarbeitung vielfach auf Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis unter Einsatz von Pseudonymen, zum Beispiel einer dynamischen IP-Adresse.

>> Arbeitnehmer werden auf freiwillige Leistungen ihrer Arbeitgeber wie zum Beispiel Aktien- oder Gesundheitsprogramme verzichten müssen, weil diese die dazu notwendigen Daten künftig nicht mehr legal verarbeiten können.

>> Rahmenbedingungen für Start-ups und die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle verschlechtern sich massiv aufgrund erheblicher Unsicherheiten über die künftige Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Die Wettbewerbsfähigkeit Europas wird in dieser Hinsicht erheblich beeinträchtigt.
(Bitkom: ra)

Bitkom: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Bedrohungslage ganzheitlich verstehen

    Mit dem Kabinettsbeschluss vom 30. Juli 2025 hat die Bundesregierung einen überfälligen Schritt getan. Die Umsetzung der europäischen NIS-2-Richtlinie kommt damit in die nächste Phase - verspätet, aber mit deutlich geschärften Konturen. Der Regierungsentwurf schafft erstmals einen verbindlichen Rahmen für Cybersicherheit in weiten Teilen der Wirtschaft und verankert Mindeststandards, die weit über den bisherigen KRITIS-Kreis hinausreichen.

  • KI-Assistent ein potenzieller Angriffspunkt

    Der Schwerpunkt des neuen freiwilligen Verhaltenskodexes der Europäischen Union für künstliche Intelligenz liegt verständlicherweise auf der verantwortungsvollen Entwicklung künstlicher Intelligenz. Doch indirekt wirft er auch die Frage nach einem weiteren wichtigen Pfeiler der gewissenhaften Einführung auf: der Sicherheit bei der Nutzung von KI.

  • Umsetzung der E-Rechnungspflicht

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte kürzlich ein neues Entwurfsschreiben zur elektronischen Rechnungsstellung. Darin korrigiert das BMF Fehler des Einführungsschreibens vom Oktober 2024 und nimmt Ergänzungen vor. Für Unternehmen gilt es nun zu verstehen, ob sich aus dem Entwurfsschreiben vom 28. Juni 2025 neue oder geänderte Anforderungen für das interne Rechnungswesen ergeben. Dies ist insbesondere für mittelständische Unternehmen kein leichtes Unterfangen.

  • Globale Regulierung Künstlicher Intelligenz

    Vor einem Jahr, am 1. August 2024, ist der europäische AI Act in Kraft getreten - ein historischer Meilenstein für die globale Regulierung Künstlicher Intelligenz. Europa hat damit umfassende Maßstäbe gesetzt. Doch in Deutschland fehlt der Digitalwirtschaft weiterhin die notwendige Orientierung. Der eco - Verband der Internetwirtschaft e.?V. sieht in der Regulierung neue Chancen für den digitalen europäischen Binnenmarkt, warnt aber zugleich vor Versäumnissen: Unternehmen fehlt es an konkreten Standards, an Rechtssicherheit - und an einer verlässlichen politischen Perspektive. Das Risiko: Deutschland droht, den Anschluss an die nächste Welle der KI-Innovation zu verlieren.

  • VdK prüft Musterklagen seiner Mitglieder

    VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht im Haushaltsentwurf 2026 von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil keine nachhaltige Lösung für die Sozialversicherungen: "Der Haushaltsentwurf 2026 von Finanzminister Klingbeil verschärft die chronische Unterfinanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung. Statt im kommenden Haushaltsjahr lediglich ein zinsfreies Darlehen in Höhe von zwei Milliarden Euro bereitzustellen und großzügige Bundeszuschüsse auszuschließen, fordere ich die Bundesregierung auf, erst einmal ihre Schulden bei den Pflegekassen zu begleichen. Wir prüfen derzeit Musterklagen von VdK-Mitgliedern, da sich die Bundesregierung konsequent weigert, ihre Verpflichtungen gegenüber den Pflegekassen zu erfüllen."

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen