Diskussion über ein Unternehmensstrafrecht
Welche Probleme bringt ein Strafrecht für Unternehmen mit sich?
Ausweitung des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) als gute Alternative zum Unternehmensstrafrecht: Eine Ausweitung des OWiG ist leichter umzusetzen und in der Praxis besser anwendbar
Statement von Dr. Konstantin Philipp von Busekist und Jens Carsten Laue, KPMG
(01.09.14) - Bundesjustizminister Heiko Maas hat angekündigt nach der Sommerpause zügig an der Etablierung eines umfassenden Unternehmensstrafrechts zu arbeiten. Dr. Konstantin Philipp von Busekist, Leiter der Practice Group Compliance & Investigations, und Jens Laue, Leiter des Bereichs "Assurance Services" bei KPMG, begrüßen eine Regelung für Anforderungen an Compliance Management Systeme (CMS) durch den Gesetzgeber.
Sie sehen aber eine gewisse Gefahr, dass die Regulierung im Handstreich erfolgt und Unsicherheit und Unklarheit statt mehr Sicherheit das Ergebnis ist. Für sie ist die Ausweitung des Ordnungswidrigkeitengesetzes eine gute Alternative. Welche Probleme ein Strafrecht für Unternehmen aus Sicht von von Busekist und Laue mit sich bringt, können Sie beigefügtem Statement entnehmen.
"Unternehmen können nicht ins Gefängnis gehen"
>> Wir begrüßen die Idee einer Regelung für Anforderungen an Compliance Management Systeme durch den Gesetzgeber. Wenn die Anforderungen konkretisiert werden, würde das Unternehmen mehr Klarheit bringen. Denn aktuell existiert ein Wirtschaftsprüferstandard für Compliance Management Systeme, der Anforderungen an Unternehmen definiert – eine gesetzliche Regelung, die diese Anforderungen entsprechend verankert, gibt es noch nicht.
>> Die Frage lautet aber: Hat ein Unternehmensstrafrecht Vorteile gegenüber einer Ausweitung des bestehenden Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG)?
>> Unternehmen würden durch einen strafrechtlichen Rahmen etwa von Vorgaben beim Self-Reporting profitieren. Derzeit laufen Unternehmen zum Beispiel Gefahr, bei der Weitergabe eines Verstoßes an die Behörden in Bedrängnis zu geraten – es drohen Durchsuchungen und steuerrechtliche Auswirkungen. Weitere offene Punkte: Müssen Unternehmen ein Helpdesk, eine Whistleblower-Hotline oder ein Risk Assessment vorhalten oder nicht – diese Punkte werden derzeit von Fall zu Fall durch die Rechtsprechung beantwortet. Das zeigt etwa eine Entscheidung des Landgerichts München I (Az.: 5 HK O 1387/10) zur Frage, welche Aufsichts- und Überwachungspflichten einem Vorstand mit Blick auf ein bestehendes Compliance Management System zukommen. Eine Konkretisierung auch von Vorstandspflichten durch den Gesetzgeber ist daher zu begrüßen.
>> Wir sehen eine Ausweitung des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) als eine gute Alternative zum Unternehmensstrafrecht. Eine Ausweitung des OWiG ist leichter umzusetzen und in der Praxis besser anwendbar. Denn nach unserer juristischen Auffassung wirft ein Strafrecht für Unternehmen verschiedene Probleme auf. Unternehmen müssten darin behandelt werden wie natürliche Personen. Aber ist das möglich? Unternehmen können nicht ins Gefängnis gehen. Und wie können einem Unternehmen Beschuldigtenrechte wie das Zeugnisverweigerungsrecht zugesprochen werden?
>> Für eine sorgfältige gesetzliche Ausgestaltung eines Unternehmensstrafrechts in Ergänzung unseres Personalstrafrechts wäre unserer Einschätzung nach noch einige Zeit zur rechtswissenschaftlichen Klärung der Anforderungen Voraussetzung. Wir sehen eine gewisse Gefahr, dass die Regulierung im Handstreich erfolgt und Unsicherheit und Unklarheit statt mehr Sicherheit das Ergebnis ist.
>> Leichter umsetzbar und unserer Ansicht nach passgenauer – weil er auch Bußgeldtatbestände erfasst und nicht nur Straftaten – ist da der Reformvorschlag des BUJ (Bund der Unternehmensjuristen), der sich ins Ordnungswidrigkeitenrecht und damit die bestehende Systematik einbettet. Allerdings könnte auch dieser noch etwas weiter gehen, wenn es darum geht, die Anforderungen an das Compliance Management zu definieren.
>> In jedem Fall steigt durch die Debatte der Druck auf Unternehmen, ein funktionierendes Compliance Management System auf- oder auszubauen und dessen Wirksamkeit nachzuweisen. Damit ist das erste Ziel des Gesetzgebers schon einmal erreicht.
Zur Person:
Dr. Konstantin Philipp von Busekist ist Rechtsanwalt/Steuerberater in Köln und Leiter der Practice Group Compliance & Investigations bei KPMG Law. Außerdem leitet er die Globale Compliance Working Group des KPMG Law Netzwerkes und betreut mit seinem rund 20-köpfigen Team seit vielen Jahren nationale und internationale Unternehmen in allen Bereichen der Compliance-Beratung.
Jens Carsten Laue ist Wirtschaftsprüfer/CPA und leitet als Partner in Deutschland den Bereich "Assurance Services" bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG. Er befasst sich dabei schwerpunktmäßig mit der Prüfung und Beratung von Compliance Management Systemen.
(KPMG: ra)
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