Deutschland ein digitales Entwicklungsland


Störerhaftung: Endlich den Weg frei machen für öffentlich verfügbares Internet
Stefan Körner, Piratenpartei: "Seit Jahren warten wir vergeblich darauf, dass der Bundestag die aus dem Ruder gelaufene deutsche Regelung zur Störerhaftung korrigiert"

(09.12.14) - Der Bundestag debattierte im November erneut über die sogenannte Störerhaftung, die heute wesentlich die Entwicklung und den Ausbau freier WLAN-Netzwerke in Deutschland verhindert. Jeder, der privat oder geschäftlich sein WLAN-Netz zur freien Nutzung zur Verfügung stellt, riskiert nach aktueller Rechtslage die Haftung und teure Abmahnungen für etwaige Rechtsverletzungen durch die Nutzer des angebotenen Netzwerks.

Die Piratenpartei, geht selbst den Rechtsweg über die Europäische Union. In den nächsten Monaten soll der Europäische Gerichtshof (EUGH) in einem Verfahren des Gautinger Piraten Tobias McFadden gegen Sony Music klären, inwieweit europäische Richtlinien, die im Providerprivileg aus § 8 TMG festgehalten sind, auch für Betreiber von WLAN-Internetzugängen anzuwenden sind und ob Anbieter öffentlicher WLAN-Internetzugänge von der Haftung für begangene Urheberrechtsverletzungen befreit sind (Az. 7 O 14719/12). Die Piratenpartei erhofft sich eine wegweisende Entscheidung, die auch die Bundesregierung zum Handeln zwingt.

"Seit Jahren warten wir vergeblich darauf, dass der Bundestag die aus dem Ruder gelaufene deutsche Regelung zur Störerhaftung korrigiert. Rund um den Globus ist es völlig normal, über frei verfügbares WLAN ins Internet zu gehen. Nur Deutschland gibt sich da als digitales Entwicklungsland. Dabei sollte inzwischen auch der Letzte verstanden haben, dass das Internet ein wichtiger Teil der Infrastruktur für Gesellschaft und Wirtschaft ist", erklärt Stefan Körner, Bundesvorsitzender der Piratenpartei. "Der Zugang zu dieser Infrastruktur sollte einfach statt kompliziert sein. Immerhin geht es hier um den im Grundgesetz verankerten Anspruch eines jeden auf freien Zugang zu Information, Wissen und Bildung", so Körner weiter.

Die Piratenpartei fordert deshalb, die bisher geltende Regelung zur Störerhaftung fallen zu lassen - und zwar sowohl für kommerzielle und nicht kommerzielle Anbieter als auch Privatpersonen. Weiterhin fördern und forcieren die Piraten den Aufbau nichtkommerzieller Freifunk- bzw. Bürgerdatennetze.

Tobias McFadden verweist zudem auf den Zusammenhang zwischen Störerhaftung, Überwachung und Urheberrecht: "Die wahrscheinlich einzigen, die maßgeblich von der Störerhaftung und der Rechtsprechung bei privaten WLAN-Internetzugängen profitieren, sind die Telekommunikationsanbieter sowie die Content-Industrie und deren Anwälte. Auch dürfen wir nicht vergessen, dass zur Feststellung von Urheberrechtsverletzungen der Inhalt der Internetkommunikation analysiert werden muss, was einen tiefen Eingriff in den Datenstrom und damit die Privatsphäre erfordert. Für uns Piraten ist klar: Es führt kein Weg an einer Legalisierung des privaten Filesharing gegen Entschädigung der Urheber vorbei. Dann entfällt auch die Motivation, sich gegen den Wegfall der Störerhaftung zu sperren."

Die Bundesregierung und insbesondere Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat bereits im August 2014 eine Gesetzesinitiative zum Wegfall der Störerhaftung angekündigt, verschleppt diese aber nach Ansicht der Piraten nun allerdings bereits mehrere Monate. Auf einen konkreten Termin möchte er sich weiterhin nicht festlegen. (Piratenpartei: ra)


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