Schaden für alle mit deutlich langfristigen Folgen


Breko und VATM warnen vor Einstieg in regionalisierte Regulierung
Die Regulierungsbehörde plant, die Deutsche Telekom in 15 Städten aus der Regulierung beim IP-Bitstromprodukt zu entlassen

(09.12.14) - Mit großer Sorge reagieren Deutschlands führende Breitbandverbände auf den Vorschlag der Bundesnetzagentur (BNetzA), im Vorprodukt-Bereich Bitstromzugang erstmals eine regionale Differenzierung vorzunehmen. Der Einstieg in eine solche regionalisierte Regulierung ist aus Sicht der Verbände ein Dammbruch und macht Deutschland beim Breitbandausbau noch kleinteiliger. Die Auswirkungen dürften weit über das konkrete Vorleistungsprodukt hinausgehen und könnten schon bald auch die wichtigste aller Vorleistungen, den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL), betreffen. Auch die jetzt vorgenommene Beschränkung auf 15 Städte dürfte nicht von Dauer sein. Das bedeutet für die Zukunft eine ständige Planungsunsicherheit, die Investoren abschreckt.

Neben dem Ausbau eigener Glasfasernetze mieten Wettbewerber der Deutschen Telekom auch den Bitstrom-Zugang zum Netz des Ex-Monopolisten, um ihren Endkunden Breitbandprodukte anbieten zu können. Die Regulierungsbehörde plant laut ihrem vor wenigen Tagen veröffentlichten Entwurf, die Deutsche Telekom in 15 Städten aus der Regulierung beim IP-Bitstromprodukt (Layer-3-Ebene) zu entlassen. Damit kann sie hier alleine die Mietpreise und Zugangsbedingungen festlegen.

Dabei sollte der Plan beim Breitbandausbau in Deutschland ein gemeinsames, konstruktives Vorgehen der Wirtschaft sein. "Wenn wir den Breitbandausbau hierzulande wirklich voranbringen wollen, brauchen wir eine gemeinsame Anstrengung aller Marktteilnehmer. Gestern haben wir noch während eines Termins im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur verdeutlicht, dass nur alle gemeinsam den Breitbandausbau hierzulande voranbringen können", sagt VATM-Präsident Martin Witt. Es dürfe keine einseitige Bevorzugung von Unternehmen geben. "Unsere Chance ist der regionale Ausbau der Netze", so Witt. Die Regionalisierung von Regulierung mache die Sache nicht besser, sondern noch viel komplizierter.

Breko-Präsident Ralf Kleint warnt vor einer Ausweitung der von der Bundesnetzagentur vorgestellten, regionalisierten Regulierung auch auf die "Mutter aller Vorleistungen" – den physikalischen Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung, der so genannten "letzten Meile". "Die Entscheidung der Bonner Regulierungsbehörde ist ein Dammbruch – und damit ein gefährliches Signal für den gesamten Telekommunikationsmarkt", sagt Kleint. "Wenn Wettbewerber der Deutschen Telekom in bestimmten Städten sowie Ballungsräumen künftig außen vor bleiben, werden der Telekom erhebliche Spielräume eingeräumt. Sobald sie diese Spielräume nutzt, werden Vielfalt und Wettbewerb in Deutschland massiv eingeschränkt werden. Die Folge wird letztlich auch ein ausbleibender Breitbandausbau im ländlichen Raum sein, da die Investitionsmittel fehlen."

"Wenn wir so weiter machen, werden wir die Ausbauziele der Bundesregierung kaum noch erreichen können", befürchten Breko-Präsident Ralf Kleint und VATM-Präsident Martin Witt. Die Entlassung der Telekom aus der Regulierung in einem Teilbereich werde Schritt für Schritt zu Nachteilen für Verbraucher und Wirtschaft führen. Die Schere zwischen Land und Stadt könnte noch viel größer werden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass nun in 15 Städten – entgegen des vorangegangenen Beschlusses der Bundesnetzagentur – der Ex-Monopolist aus dieser Bitstrom-Regulierung entlassen werden solle.

Dr. Karl-Heinz Neumann vom renommierten WIK-Institut hat erst vor kurzem in einem Gutachten zum Thema "Regionalisierung der Regulierung" festgestellt, dass sich die grundlegenden Voraussetzungen, die den damaligen BNetzA-Marktanalysen zugrunde lagen, nicht so verändert hätten, "als dass eine geänderte Entscheidung nahe läge". "Im Gegenteil, insbesondere für den Bitstrom-Zugangsmarkt haben sich die Perspektiven für Wettbewerb eher verschlechtert und werden dies in den nächsten Jahren weiter tun", heißt es in dem WIK-Gutachten. Breko und VATM halten Erwägungen zur Einführung einer regionalisierten Regulierung – gegen wissenschaftlichen Rat – daher für verfehlt.

Hinzu kommt, dass der Leistungsumfang und die Konditionen des angekündigten Ersatzproduktes auf Layer-2-Ebene – dieses muss die Telekom dem Beschluss zufolge ihren Wettbewerbern in den 15 betroffenen Städten zur Verfügung stellen – noch nicht einmal bekannt sind. Das führe zusätzlich zu völlig unnötiger Verunsicherung im Markt, so die Verbandspräsidenten unisono. "Seit Jahren reden wir über ein leistungsstarkes neues Produkt, über das auch Fernsehen wirtschaftlich sinnvoll angeboten werden kann. Die EU fordert das Gleiche, aber es wird von der Telekom nicht bereitgestellt. Hierauf eine Marktanalyse aufzubauen und nicht einmal abzuwarten, wann und wie das Produkt angeboten wird, ist nicht nachvollziehbar", unterstreichen Kleint und Witt.

Die beiden Verbands-Präsidenten sind sich einig: "Gerade der Wettbewerb in Deutschland ist der Treiber für den Breitbandausbau – insbesondere auch in ländlichen Gebieten." Auch wer Glasfasernetze ausbaue, brauche langfristig den Bitstrom als Zugang, wenn er Kunden und Unternehmen nicht nur regional, sondern auch Businesskunden mit verschiedenen, über Deutschland verteilten Standorten versorgen wolle. Es würde daher bei einer regionalen Entlassung der Telekom aus der Bitstrom-Zugangsregulierung ein Schaden für alle mit deutlichen langfristigen Folgen entstehen.

Aus Sicht des Breko und VATM sollte eine Marktanalyse der Bitstrommärkte erst dann erfolgen, wenn der Layer-2-Bitstrom tatsächlich verfügbar ist und Preise und Akzeptanz am Markt tatsächlich feststehen, das Vorleistungsprodukt also als marktfähig anerkannt ist.

Das Gutachten des WIK finden Sie unter:
http://www.brekoverband.de/mediathek/studien-gutachten-praesentationen/
(Breko: ra)

Breko: Kontakt und Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Praktikabilität des Blauen Engels

    Die vom eco Verband initiierte Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen kritisiert die vom Umweltbundesamt (UBA) vorgesehenen Richtlinien-Neuerungen des Blauen Engels als weiterhin untauglich und praxisfern. Dazu sagt Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland: "Der Blaue Engel muss handhabbar und praktikabel für Rechenzentren werden. Bei der Überarbeitung des Umweltzeichens hat das UBA die Gelegenheit verstreichen lassen, den sehr starren Anforderungskatalog flexibler auszugestalten und die Praktikabilität des Blauen Engels zu stärken."

  • "Was erlauben DSK?"

    Vor 25 Jahren gab es die Wutrede von Herrn Trapattoni mit dem Ausruf: "Was erlauben Strunz?" Jeder mag sich seine Meinung zu Microsoft 365 bilden, aber heute müsste der Ausruf lauten: "Was erlauben DSK?" In einem Artikel der FAZ vom 13. Januar 2023 beginnen die Autoren Kristin Benedikt, Thomas Kranig und Professor Dr. Rolf Schwartmann ihren Beitrag mit: "Die deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden haben Ende November 2022 eine Stellungnahme zu Microsoft 365 veröffentlicht, die es in sich hat. Microsoft-Kunden können danach einen rechtmäßigen Einsatz der Software nicht nachweisen, mit anderen Worten: Microsoft 365 ist rechtswidrig."

  • BGH zur Haftung für Affiliate-Links

    In seinem Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 27/22 hat der BGH entschieden, dass Online-Händler für Werbelinks auf Partnerseiten nicht haften. Bei Affiliate-Links können Teilnehmende eines Partnerprogramms auf eigenen Seiten einen Link zu Produkten eines Online-Händlers setzen und bekommen dafür eine Provision.

  • Bitkom zur EU-Richtlinie zur Plattformarbeit

    Das EU-Parlament hat ihre Position zur geplanten Richtlinie zur Regulierung der Plattformarbeit festgelegt. Dazu erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: "Plattformarbeit braucht einen EU-weit einheitlichen Regulierungsrahmen, der unerwünschte Entwicklungen verhindert, ohne diese neue Form der Arbeit abzuwürgen. Wer über digitale Arbeitsplattformen arbeitet, muss genau wissen, welche arbeitsrechtlichen und sonstigen Bedingungen gelten. Und wer über Plattformen Aufträge, Aufgaben oder Jobs anbietet, muss die juristischen Konsequenzen schnell und sicher erfassen können. Dies muss auch das Ziel der anstehenden Trilog-Verhandlungen sein."

  • Datenschutzpflichten für Unternehmen verschärft

    In seinem Urteil hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) geklärt, inwieweit Verbrauchern ein Auskunftsrecht zu von Unternehmen verarbeiteten Daten nach der DSGVO zusteht. Konkret betraf dies die Frage, ob ein Unternehmen die genauen Kontaktdaten offenlegen muss, an die es die Daten des Betroffenen weitergegeben hat oder lediglich eine Kategorie, wie zum Beispiel NGO, IT-Unternehmen oder ähnliches ausreicht.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen