Artikel-29-Datenschutzgruppe
Aus "Safe Harbor" wird "EU-US Privacy Shield" – wird jetzt alles gut?
Zu beachten ist, dass diese auf politischer Ebene getroffenen Vereinbarungen in den nächsten Wochen noch in die Form einer gültigen Vereinbarung zu überführen sind. Bis jetzt liegt nur eine Absichtserklärung vor
Autor: SKW Schwarz, Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
(01.03.16) - Nachdem der EuGH im Oktober 2015 das Safe Harbor Abkommen für ungültig erklärt hat, hatte die Artikel 29-Datenschutzgruppe den Verhandlungsparteien am 16.Oktober 2015 ein Ultimatum gesetzt, dem sich die meisten deutschen Aufsichtsbehörden angeschlossen haben. Die EU-Kommission, die EU-Regierungen und die US-Regierung sollten bis zum 31. Januar 2016 den Datenaustausch zwischen den USA und Europa rechtssicher nach den Vorgaben des EuGH-Urteils regeln. Diese Frist haben die Verhandlungsführer leicht überschritten und gestern, am 2. Februar 2016, verkündet, dass eine Einigung erzielt worden sei.
Laut der EU-Justizkommissarin Vera Jourová und dem Kommissar für den digitalen EU-Binnenmarkt Andrus Ansip wird es jedoch noch einige Wochen dauern, bis aus der Einigung eine tragfähige Rechtsgrundlage wird. Das neue Regelwerk soll unter dem etwas sperrigen Namen "EU-US Privacy Shield" bekannt werden.
Kernaussagen der Einigung
Gemäß der Mitteilung der Justizkommissarin und des Kommissars für den digitalen EU-Binnenmarkt wird das kommende Abkommen die folgenden Kernaussagen in Bezug auf den Datentransfer zwischen Europa und den USA enthalten:
>> Selbstverpflichtung: Unternehmen verpflichten sich zunächst – wie schon im Safe Harbor-Abkommen – effektive Datenschutzregelungen zu unterhalten. Diese müssen veröffentlicht werden und sind damit nach US-amerikanischen Recht rechtlich durchsetzbar. Zudem haben Betroffene die Möglichkeit sich direkt bei dem Unternehmen zu beschweren und dieses verpflichtet sich darauf hin, die Datenschutzverstöße selbst abzustellen. Die Unternehmen unterliegen einer strengen Aufsicht durch die Federal Trade Commission
>> Rechtsschutzmöglichkeiten: Es wird ein mehrstufiges Beschwerde- und Eskalationsverfahren für EU-Bürger bei Nichteinhaltung der Selbstverpflichtung durch US-Unternehmen eingeführt. Am Ende soll im Ausnahmefall auch eine gerichtliche Prüfung möglich sein.
>> Sanktionen: Verstöße gegen Vorschriften zur datenschutzkonformen Verarbeitung sollen mit Strafen für die Unternehmen belegt werden.
>> Rechte der europäischen Aufsichtsbehörden: US-amerikanische Unternehmen verpflichten sich, Entscheidungen der europäischen Aufsichtsbehörden anzuerkennen und entsprechend umzusetzen.
>> Transparenz: Die USA haben den europäischen Verantwortlichen eine Garantie gegeben, dass Geheimdienste und Gerichte strengen Voraussetzungen und einer Überwachung unterliegen, wenn sie auf Daten europäischer Bürger zugreifen. Es wird zudem keine Massen-Überwachung europäischer Bürger geben. Die Zugriffe sind auf Einzelfälle beschränkt. Für EU-Bürger gibt es bei Nichteinhaltung eine Beschwerdemöglichkeit bei einem Ombudsmann.
Jährliches Review
Europa wird zusammen mit den USA jährlich die wirksame Umsetzung der neuen Regelungen überprüfen. In Europa soll dazu ein jährlicher Bericht erscheinen.
Was geschieht jetzt?
Zu beachten ist, dass diese auf politischer Ebene getroffenen Vereinbarungen in den nächsten Wochen noch in die Form einer gültigen Vereinbarung zu überführen sind. Bis jetzt liegt nur eine Absichtserklärung vor. In welcher Form der Datentransfer mit den USA zukünftig geregelt sein wird, bleibt bislang offen. Die EU-Kommissare sprechen insofern nur von einem "new arrangement". Die USA hat sich jedoch schon jetzt verpflichtet, die Schritte für eine Umsetzung der getroffenen Vereinbarungen einzuleiten. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die US-Behörden in den nächsten Wochen an die Zusagen gebunden fühlen.
Die EU-Kommission wird in den kommenden Wochen eine so genannte "Angemessenheitsentscheidung" entwerfen. Mit einer solchen Entscheidung würde die Kommission dem "EU-US Privacy Shield" ein angemessenes Datenschutzniveau bescheinigen.
Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff, begrüßt die Ankündigung der Europäischen Kommission. Es sei aber noch zu prüfen, ob das neue Regelwerk tatsächlich den Vorgaben durch das EuGH-Urteil entspricht und die notwendigen Garantien für einen rechtskonformen Datentransfer in die USA erfüllt.
Im Internet finden sich bereits die ersten kritischen Stellungnahmen zu der Neuregelung. So hat sich unter anderem der ehemalige Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (von 2003 bis 2013) Peter Schaar bereits kritisch in Bezug auf das neue Regelwerk geäußert. Er hält vor allem den gerichtlichen Schutz für EU-Bürger nicht für weitreichend genug.
Angesichts dieser ersten Stellungnahmen zu dem neuen Regelwerk bleibt abzuwarten, wie sich die Artikel-29-Datenschutzgruppe zu dem neuen Regelwerk positionieren wird. Diese tagt am heutigen Mittwoch und mit einer ersten Stellungnahme ist noch in dieser Woche zu rechnen. Zudem wird die Artikel-29-Datenschutzgruppe entscheiden, ob die Rechtsinstrumente der EU-Standardvertragsklauseln und der verbindlichen Unternehmensregelungen (Binding Corporate Rules) weiterhin einen Datentransfer in die USA ermöglichen. Zumindest die deutschen Datenschutzbehörden sehen dies kritisch, da die rechtsstaatliche Hintergrundsituation in den USA einen effektiven Datenschutz nicht ermöglichen würde.
Im Bereich des Datentransfers in die USA bleibt es somit spannend und Unternehmen sollten die weitere Entwicklung eng verfolgen, um rechtzeitig reagieren und ihre Datenübermittlungen anpassen zu können. Wir halten Sie selbstverständlich weiterhin informiert.
(Dr. Matthias Orthwein, SKW Schwarz, Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft: ra)
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