EU-Richtlinie zur alternativen Streitbeilegung


Gute Schlichtung muss unabhängig sein: vzbv sieht Verbesserungsbedarf bei der Umsetzung der Richtlinie zur alternativen Streitbeilegung
Die Schlichtung ist eine schnelle, unbürokratische und kostengünstige Lösung - Allerdings dürfen bei Unabhängigkeit, Kompetenz und Rechtmäßigkeit keine Kompromisse gemacht werden

(16.04.15) - Verbraucher sollen zur Lösung von Streitigkeiten mit Unternehmen verstärkt außergerichtliche Schlichtungsangebote in Anspruch nehmen können. Das ist Ziel der EU-Richtlinie zur alternativen Streitbeilegung, die die Bundesregierung bis Juli 2015 umsetzen muss. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert von Bundesregierung, bei der Umsetzung deutlich höhere Maßstäbe zur Qualitätssicherung anzusetzen als sie in der Richtlinie vorgegeben werden. Eine Eins-zu-eins-Umsetzung sei nicht geeignet, die Schlichtung als echte Alternative zum Gerichtsweg zu etablieren, weil sich höhere Standards in Deutschland – etwa beim Versicherungsombudsmann oder in der Energieschlichtung – bereits bewährt haben.

"Die Schlichtung ist eine schnelle, unbürokratische und kostengünstige Lösung. Allerdings dürfen bei Unabhängigkeit, Kompetenz und Rechtmäßigkeit keine Kompromisse gemacht werden", sagt Klaus Müller, Vorstand des vzbv.

Der Referentenentwurf für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vom November 2014 hatte viele Frage offen gelassen, auf die die Bundesregierung nun Antworten finden muss. Dabei sind vor allem grundsätzliche Weichenstellungen von Bedeutung. Zur Absicherung von Unabhängigkeit und Unparteilichkeit privater Schlichtungsstellen sind klare organisatorische Vorgaben und Mitwirkungsrechte von Verbrauchervertretern unerlässlich. Weder sind Unternehmen noch Verbraucherorganisationen sinnvolle Träger von Schlichtungseinrichtungen, weil sie parteiisch sind und sein müssen. Wenn Unternehmen oder deren Verbände Schlichtungsstellen einrichten, ist ein unabhängiger Trägerverein vorzusehen, in dem die wichtigen Entscheidungen in einem paritätisch besetzten Verwaltungsrat fallen.

Auch die rein freiwillige Teilnahme für Unternehmen und die Unverbindlichkeit der Ergebnisse wird vermutlich nicht ausreichen, um die in Deutschland bislang wenig entwickelte Schlichtungskultur voranzubringen.

Zentrale Auffangstelle statt regionaler Zersplitterung
Um ein Schlichtungsangebot für alle Arten von Verbraucherverträgen zu gewährleisten, fordert der vzbv die Einrichtung einer bundeseinheitlichen Auffangschlichtungsstelle. Die Bundesregierung will diese Aufgabe bislang den Bundesländern übertragen.

"Schlichtung braucht Fach- und Rechtskompetenz, aber keine regionale Zersplitterung", sagt Klaus Müller. Bei einer bundeseinheitlichen Auffangschlichtungsstelle könnte dies deutlich besser gebündelt werden als bei einem föderalen Ansatz.

Geltendes Verbraucherrecht nicht unterlaufen
Nachbesserungsbedarf sieht der vzbv auch bei der im Referentenentwurf noch unklaren Regelung zur Anwendung des geltenden Rechts. "Schlichtung ist nur dann eine Alternative, wenn Verbraucherrechte nicht unterlaufen werden. Trotz aller Vorteile darf die Schlichtung nicht zu willkürlichen Ergebnissen führen", so Müller.

Parallel zur Schlichtung muss aber auch die Weiterentwicklung des Rechts durch ordentliche Gerichte möglich bleiben. Bislang unentschiedene Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sollten deshalb weiterhin höchstrichterlich entschieden werden – auch um Schlichtungsstellen Orientierung in der Rechtsanwendung zu geben. Verbraucherzentralen führen in solchen Fällen häufig Musterverfahren. Um diese Aufgabe auch in Zukunft wahrnehmen zu können, ist es wichtig, dass Schlichtungsstellen transparent arbeiten und über ihre Ergebnisse berichten müssen. (Verbraucherzentrale Bundesverband: ra)

Verbraucherzentrale Bundesverband: Steckbrief

Der Informationsanbieter hat seinen Kontakt leider noch nicht freigeschaltet.


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Kommentare und Meinungen

  • Berichtspflichten dürfen kein Selbstzweck sein

    Die Europäische Kommission hat ihre Omnibus-Initiative zur Vereinfachung der ESG-Regulierung vorgestellt. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) hat bereits im Vorfeld Vorschläge gemacht, wie das Regelwerk effizienter und steuerungsrelevanter werden kann.

  • Vereinfachung von Nachhaltigkeitsvorschriften

    Die EU-Kommission legte ihr erstes sogenanntes Omnibus-Paket zur Vereinfachung von Nachhaltigkeitsvorschriften vor, um Regulierungen und Bürokratie abzubauen. Zugleich sollen mit dem Clean Industrial Deal (CID) wichtige industriepolitische Weichen gestellt werden.

  • FIDA-Einführung belastet Finanzsektor erheblich

    Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) fordert eine umfassende und sorgfältige Überprüfung des Vorschlags der Europäischen Kommission zur Financial Data Access Regulation (FiDA). Die Debatte um das neue Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission bis hin zu einer Rücknahme des FiDA-Vorschlags verdeutlicht den erheblichen Klärungsbedarf in zentralen Fragen.

  • EU-Regulierung von Online-Marktplätzen

    Zur Mitteilung der EU-Kommission zu den aktuellen Herausforderungen im Bereich von E-Commerce-Plattformen erklärt Dr. Bernhard Rohleder, Bitkom-Hauptgeschäftsführer: "Die EU-Kommission schlägt mit ihrer Mitteilung den richtigen Weg ein. Wer online einkauft, muss sich auf die Sicherheit der angebotenen Produkte verlassen können. Dafür braucht es allerdings keine weiteren Regeln, sondern stärkere Importkontrollen und die Aufhebung der Zollfreigrenze von 150 Euro. Denn wenn außereuropäische Händler unter Ausnutzung dieser Grenze illegale Produkte einführen, gefährdet das nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch europäische Anbieter."

  • Künstliche Intelligenz: Was für Unternehmen gilt

    Seit Sonntag, 2. Februar 2025 sind weitere Regelungen der europäischen KI-Verordnung (AI Act) in Kraft. Dabei handelt es sich zum einen um Verbote von bestimmten KI-Praktiken wie Social-Scoring-Systemen, manipulative KI-Techniken oder Emotionserkennung am Arbeitsplatz. Zum anderen greifen Vorgaben für KI-Kompetenzanforderungen von Beschäftigten.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen