Korruption im Wassersektor
Neuer Bericht zeigt Zusammenhang zwischen Korruption, Klimawandel und Nahrungsmittelknappheit auf – Wenn Bestechung im Spiel ist, steigen die Kosten des Anschlusses eines Haushalts an das Wassernetzwerk nach Expertenschätzungen um 30 Prozent
An jedem Punkt der Wasserversorgungs- und Abwasserkette kann es zu Korruption kommen - Arme Haushalte in Jakarta, Lima, Nairobi oder Manila höhere Wasserkosten als die Einwohner New Yorks, Londons oder Roms
(27.06.08) - Korruption im Wassersektor ist Ursache und Auslöser für die globale Wasserkrise, die Milliarden Menschenleben bedroht und die Umweltzerstörung verschlimmert: Dies ist die zentrale Aussage des "Global Corruption Report 2008: Corruption in the Water Sector", der von Transparency International vorgestellt wurde.
"Wasser ist ein unersetzbarer Rohstoff und so wichtig für unsere Gesundheit, Nahrungsmittelsicherheit, Energie und unser Ökosystem. Aber das Wassermanagement und die Nutzung des Wassers wird von der Pest der Korruption heimgesucht", sagt Huguette Labelle, die Vorsitzende von Transparency International.
Es ist der erste Bericht dieser Art, der den Einfluss und die Reichweite der Korruption in verschiedenen Bereichen des Wassersektors untersucht. Eine Reihe von Problemen werden herausgestellt: Kleinkriminalität in der Wasserlieferung, die Plünderung von Finanzmitteln für Bewässerung und Wasserkraft im Zusammenhang mit Ausschreibungen, die Vertuschung industrieinduzierter Wasserverschmutzung und Betrug beim Wassermanagement und der Wasserverteilung. "Der Einfluss von Korruption im Wassersektor ist ein grundsätzliches und strukturelles Problem. Allerdings wird es in keiner der weltweiten Initiativen zu Umwelt, Entwicklung und Nahrungs- und Energiesicherheit hinreichend berücksichtigt. Das muss sich ändern", fordert Labelle.
Die Wasserkrise ist nicht zu leugnen und die Korruptionsprobleme sind dringend anzupacken. Mehr als eine Mrd. Menschen haben keinen gesicherten Zugang zu Wasser; mehr als zwei Mrd. Menschen leben in unzureichenden sanitären Verhältnissen. Die Konsequenzen für Entwicklung und Armutsbekämpfung sind verheerend.
Trinkwasser und sanitäre Anlagen: Die Armen haben den größten Schaden
Wenn Korruption im Spiel ist, steigen die Kosten des Anschlusses eines Haushalts an das Wassernetzwerk nach Expertenschätzungen um 30 Prozent. Damit wird der Preis zur Erreichung des siebten Milleniumsziels im Bereich Wasser und Abwasser um erschütternde 48 Mrd. US-Dollar in die Höhe getrieben.
An jedem Punkt der Wasserversorgungs- und Abwasserkette kann es zu Korruption kommen: von der Planung und Finanzierung über den Bau bis hin zur Inbetriebnahme und Instandhaltung von Wassernetzen versickern Investitionen, wodurch die Preise steigen und die Wasserversorgung leidet. Als Folge haben arme Haushalte in Jakarta, Lima, Nairobi oder Manila höhere Wasserkosten als die Einwohner New Yorks, Londons oder Roms.
Dennoch sind auch die Industrienationen nicht vor Korruption gefeit. Korruption beeinflusst die Ausschreibungsentscheidungen für wasserbezogene Verträge in Städten wie Grenoble, Mailand und New Orleans. In Schweden sind Fälle von Submissions- und Preisabsprachen bei der Wasserinfrastrukturbereitstellung bekannt geworden. In Chicago wurden Finanzmittel für die Wasserversorgung für politische Kampagnen missbraucht.
Eine besondere Verantwortung kommt den multinationalen Unternehmen, die im Wasser- und Abwassersektor tätig sind, zu. Dazu zählen auch die in der Projektentwicklung aktiven Unternehmen und die in der Wasserinfrastruktur tätigen Bauunternehmen, die bei Vergabeentscheidungen vor Ort durch Beschäftigung integrer Subunternehmer ein Beispiel setzen können. Sie müssen sich zur Korruptionsprävention und -bekämpfung bekennen und sich zur Implementierung eines Programms zur Korruptionsbekämpfung verpflichten.
Gabriele C. Klug, Mitglied des Vorstands von Transparency Deutschland: "Transparency International hat bewährte Instrumente entwickelt, die im präventiven Bereich ansetzen. Korruptionsbekämpfung sollte nicht erst dann beginnen, wenn der Karren schon im Dreck steckt."
Zeit zu handeln: Lösungsansätze für Sauberkeit im Wassersektor
Korrupte Rahmenbedingungen im Wassersektor bestehen, weil die Hauptbetroffenen - insbesondere Frauen, Arme, zukünftige Generationen und die Umwelt – kaum eine Stimme und die geringsten Einflussmöglichkeiten haben.
Nichtsdestotrotz zeigt der Global Corruption Report 2008 wirksame und umsetzbare Möglichkeiten im Kampf gegen Korruption im Wassersektor auf.
Kernforderungen sind:
>> Transparenz und Partizipation als Leitlinien im Wassersektor: Transparente Finanzierungspläne, partizipatorische Strukturen, öffentliche Bekanntmachung von Wasserverschmutzung, öffentliche Anhörungen zu Projekten und der Zugang zu Verträgen, Gutachten und Berichten stärken die Integrität, müssen jedoch weltweit eingesetzt werden.
>> Stärkung der Aufsichtsbehörden: Regierung und öffentlicher Sektor spielen weiterhin die größte Rolle im Wassersektor und müssen effektiv ihren Aufsichtspflichten in den Bereichen Umwelt, Wasser, Abwasser, Landwirtschaft und Energie genüge tun. Dabei sind institutionelle Reformen und Weiterbildung entscheidende Faktoren, um die Transparenz im Wassersektor den Standards anderer Sektoren anzugleichen.
>> Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs und einer verantwortlichen Umsetzung von Projekten: Alle Akteure müssen einbezogen werden. Verträge müssen Anti-Korruptions-Vorkehrungen beinhalten. Regierungen und Unternehmen sollten Vereinbarungen zur fairen öffentlichen Vergabe eingehen. Finanziers und Geberinstitutionen müssen ihre Anti-Korruptions-Vorkehrungen in ihren Projektprüfungen einbauen und verstärken.
(Transparency: ra)
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