Offener Brief an Transparency
Angebliche Verwicklung deutscher Firmen im "Oil-for-Food-Skandal": Kanzlei Wessing Rechtsanwälte übt Kritik an Transparency-Methoden
"Eine schlechte Methode ist sicherlich die Behauptung unwahrer Tatsachen zum Beleg eigenen Handelns"
(13.06.07) – Am 6. Juni veröffentlichte Compliance-Magazin.de einen Beitrag der Transparency International Deutschland e.V. Diese hat gegen 57 deutsche Unternehmen Beschwerde beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) eingelegt. Laut Transparency, das sich auf eine Expertenuntersuchung der UNO beruft, haben die Unternehmen im Rahmen des Programms "Öl für Lebensmittel" (Oil for Food) der Vereinten Nationen insgesamt 11,9 Millionen US-Dollar Schmiergelder an den Irak gezahlt.
Transparency macht geltend, dass die Unternehmen gegen die OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen verstoßen haben. Diese von Deutschland und 38 weiteren Staaten unterzeichneten Leitsätze legen Verhaltensstandards in Bezug auf Umwelt, Soziales und Korruptionsbekämpfung fest.
Siehe:
Oil for Food-Skandal - Deutsche Firmen beteiligt
Oil for Food - Die deutsche Sünderkartei
Zu unserem Beitrag erreichte die Redaktion ein Offener Brief, der an Prof. Dr. Hansjörg Elshorst, Vorsitzender des Vorstandes von Transparency Deutschland und ehem. Geschäftsführer von Transparency International, gerichtet ist.
Absender des Briefes ist die Kanzlei Wessing Rechtsanwälte (Absender: Dr. Jürgen Wessing), die die Methodik von Transparency als "plakativ", "oberflächlich" und "falsch" kritisiert.
Offener Brief im Original
Sehr geehrter Herr Professor Dr. Elshorst
Ihre Pressemitteilung vom 05.06.2007 "Transparency Deutschland legt Beschwerde gegen 57 deutsche Unternehmen ein, die in den Oil-for-Food-Skandal im Irak verwickelt sind" liegt mir vor.
Ich habe als Strafrechtler eigentlich immer ein sehr entspanntes Verhältnis zu Transparency International gehabt, ich begrüße deren Zielsetzung. Gute Ziele rechtfertigen aber – wie Sie aus Ihrer Arbeit wissen – keine schlechten Methoden.
Eine schlechte Methode ist sicherlich die Behauptung unwahrer Tatsachen zum Beleg eigenen Handelns. Unwahr ist aber ohne jeden Zweifel, dass der Bericht der Volcker-Kommission bis ins Detail Schmiergeldzahlungen der von ihm benannten deutschen Firmen belegen würde. Sie wissen als Experte sehr wohl, dass in dem Bericht – bezogen auf deutsche Firmen - nichts weiter als Zahlen aus den Lieferbeziehungen zwischen den deutschen Firmen und dem Irak kompiliert sind. Alles andere ist Behauptung, zu der die UN noch nicht einmal bereit ist, die Beweismittel zu liefern. Der klägliche Auftritt der Ermittler aus der Volcker-Kommission gegenüber deutschen Staatsanwälten ist allen, die mit diesen Verfahren näher zu tun hatten, bekannt. Ich frage mich deshalb, ob Ihr wertvolles Anliegen, Korruption insgesamt zu bekämpfen, es nötig hat, mit Unwahrheiten dieser Art zu operieren.
Eine weitere Frage stellt sich mir: Über die Tatsache hinaus, dass Sie Öffentlichkeit für Ihr Anliegen schaffen, bringt Ihre Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft keinerlei Erkenntnisgewinn. Der Volcker-Bericht ist, wie Sie wissen, durch das Zollkriminalamt minutiös aufgearbeitet. Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass Sie die Staatsanwaltschaft nicht informieren, sondern drängen wollen.
Ein Letztes und das mir Wichtigste:
Es hat im Rahmen der Ermittlungsverfahren Unternehmen gegeben, die Fehlverhalten eingestanden haben. Es gibt andere Unternehmen, die motiviert und bis ins Einzelne belegt darauf hingewiesen haben, dass die Anschuldigungen gegen sie falsch sind und keine Grundlage haben. Diesen Unternehmen und den handelnden Personen steht die Unschuldsvermutung zur Seite, die Sie mit Ihrer Pressemeldung mit Füßen treten. Verräterisch ist insoweit das Ihnen zugeschriebene Zitat, dass "insbesondere die in den Skandal involvierten Unternehmen nicht einfach weitermachen wie bisher", mit dem Sie die Notwendigkeit eines Eingreifens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie begründen.
Sie haben damit zum Ausdruck gebracht, dass eine Anschuldigung alleine ausreicht, Schuld zu belegen, wenn Sie ausführen, alleine die Involvierung in einen Skandal – wie dies jedem Unschuldigen geschehen kann – reiche aus, dass Maßnahmen gegen Unternehmen ergriffen werden sollen.
Sie schädigen mit derartigen Ausführungen plakativer, oberflächlicher und falscher Art nicht nur das Ansehen Ihres Anliegens, sondern leisten damit auch den von Ihnen gelobten Ermittlungsbehörden einen Bärendienst.
Der Umstand, dass Sie Ihre Mitteilung als offenen Brief in das Internet gestellt haben, führt mich dazu, dies ebenfalls zu tun.
Mit verbindlicher Empfehlung
Dr. Wessing
Wessing Rechtsanwälte, Düsseldorf
(Wessing: ra)
Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>