Aktionsplan zur Kapitalmarktunion
Die EU-Reform des Insolvenzrechts könnte laut einer neuen AFME-Studie zu mehr Wachstum und Arbeitsplätzen in Europa führen
Eine stärkere Harmonisierung der Insolvenzregelungen in der EU würde zum Aufbau einer wirklich integrierten Kapitalmarktunion beitragen, von der Investoren und Unternehmen gleichermaßen profitieren und die für die Unternehmen eine größere Flexibilität bietet
(14.04.16) - AFME, der Verband der Finanzmärkte in Europa, hat eine neue Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht, dass die Reform des Insolvenzrechts in Europa das BIP steigern und Arbeitsplätze in ganz Europa schaffen könnte. Die Insolvenzrechtsreform ist ein zentraler Bestandteil des Aktionsplans der Europäischen Kommission zur Kapitalmarktunion. Die in Zusammenarbeit mit Frontier Economics und Weil Gotshal & Manges LLP erstellte Untersuchung, zeigt, dass Verbesserungen bei den Insolvenzregelungen in der EU das BIP um 41 bis 78 Milliarden Euro (bzw. 0,3 bis 0,55 Prozent des BIP der EU-28) steigern könnten. Die Studie kommt zudem zu der Einschätzung, dass die Gesamtzahl der Arbeitsplätze in der EU um 600.000 auf 1,2 Millionen ansteigen könnte.
Der Bericht mit dem Titel "Potential economic gains from reforming insolvency law in Europe", (Möglicher wirtschaftlicher Nutzen einer Reform des Insolvenzrechts in Europa) kommt zu dem Ergebnis, dass die größten Zuwächse aus einer Reform der Insolvenzgesetzgebung in absoluten Zahlen in großen Volkswirtschaften wie Italien, Spanien und Frankreich anfallen würden. Mitgliedsstaaten wie Griechenland, Ungarn und Rumänien würden relativ am meisten gewinnen und könnten ihr langfristiges BIP um ganze 2 Prozent steigern, wenn es ihnen gelingt, ihre Insolvenzregimes auf den europäischen Durchschnitt anzuheben.
Simon Lewis, Chief Executive von AFME, sagte: "Eine stärkere Harmonisierung der Insolvenzregelungen in der EU würde zum Aufbau einer wirklich integrierten Kapitalmarktunion beitragen, von der Investoren und Unternehmen gleichermaßen profitieren und die für die Unternehmen eine größere Flexibilität bietet. Unsere Untersuchung beleuchtet den Umfang der möglichen wirtschaftlichen Impulse. Da die Kommission im Laufe des Jahres einen neuen Gesetzgebungsvorschlag für Insolvenzen vorstellen wird, hoffen wir, dass dieser Bericht einen positiven Beitrag zur politischen Debatte beitragen wird."
Derzeit unterscheidet sich das nationale europäische Insolvenzrecht in vielerlei Hinsicht. Diese Unterschiede können diverse negative Auswirkungen auf die Finanzmärkte und die Realwirtschaft haben:
>> Steigerung der Unsicherheit unter Investoren; Verhinderung grenzübergreifender Investments;
>> Verhinderung einer zeitnahen Sanierung überlebensfähiger Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten; und
>> Erschwerung der Bewältigung der großen Menge an notleidenden Krediten im europäischen Bankensystem – ein zentrales Problem für die Bankenunion.
In ihrem Aktionsplan zur Kapitalmarktunion betonte die Kommission, dass die Einführung von Mindeststandards für das Insolvenzrecht in ganz Europa zur Verringerung dieser negativen Auswirkungen beitragen würde. In diesem Sinne empfiehlt die von AFME vorgelegte Studie Folgendes:
>> ein Chapter-11-ähnliches Ruhen des Verfahrens, um eine schnelle und effektive Sanierung zu ermöglichen.
>> Einräumung höchster Priorität für eine neue Finanzierung, um ein notleidendes Unternehmen mit Working Capital zu versorgen;
>> Zusicherung stärkerer Rechte für Gläubiger, um gangbare Sanierungspläne vorzuschlagen; und
>> Verpflichtung der nationalen Insolvenzbehörden zur Veröffentlichung der erzielten Fortschritte.
Andrew Wilkinson, Head of European Restructuring bei Weil, sagte: "Europa steht immer noch vor großen Herausforderungen aufgrund der Nachwirkungen der weltweiten Finanzkrise. In Anbetracht des Umfangs der Probleme mit notleidenden Krediten, der fragilen Erholung und anhaltender Sorgen über die Widerstandsfähigkeit der europäischen Finanzinstitute sind effiziente Gesetze zur Umschuldung dringend erforderlich und wichtig. Dieses schwierige Problem wurde zu lange nicht in Angriff genommen. Die EU könnte erhebliche Vorteile für Gläubiger und Schuldner in der ganzen EU schaffen, indem sie die Möglichkeiten zur Rettung überlebensfähiger Unternehmen verbessert, die Kreditkosten senkt, den Wertverlust im Rahmen einer Insolvenz begrenzt und sicherstellt, dass große Unternehmen ebenso wie KMU gleichberechtigten Zugang zu den bestmöglichen Sanierungswerkzeugen und -verfahren haben. Die Katalysatorwirkung, die eine Reform des Insolvenzrechts auf eine Stimulierung der Erholung der Wirtschaft in der EU haben könnte, indem sie einen besseren gesetzlichen Rahmen für Banken zur Bewältigung von notleidenden Krediten und zur Umverteilung von Kapital an prosperierende Unternehmen bereitstellt, unterstreicht den erheblichen makroökonomischen Nutzen, der durch eine von der Kommission gesteuerte Gesetzesreform in diesem Bereich erzielt werden könnte."
Amar Breckenridge, Senior Associate bei Frontier Economics, ergänzte: "Wir freuen uns, dass wir an dieser Studie mitarbeiten und mit ihren Ergebnissen aufzeigen konnten, wie eine Reform der Insolvenzgesetzgebung zur breiter gefassten EU-Agenda für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum in der EU beitragen kann."
Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Insolvenzrechtsreform in Europa sind ein relativ neuer Forschungsbereich, und die wirtschaftlichen Beweise waren bislang begrenzt. Die aktuelle Studie von AFME hat sich zum Ziel gesetzt, weiteres Material zur Verfügung zu stellen, indem sie anhand von Marktdaten die Auswirkungen der Qualität der nationalen Insolvenzregelungen auf die Renditen von Unternehmensanleihen untersucht.
Der Bericht enthält zudem einen Überblick über die derzeitigen nationalen Insolvenzregelungen in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Großbritannien, den Niederlanden und Luxemburg sowie Fallstudien zu jüngsten grenzübergreifenden Insolvenzverfahren und jüngsten Reformen auf nationaler Ebene. (AFME: ra)
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