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Gefahren von strategischer Korruption
Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) 2024: Deutschland mit niedrigster Punktzahl seit 2012
Dringender Handlungsbedarf bei Parteienfinanzierung, strategischer Korruption und Informationsfreiheit
Transparency International hat den Korruptionswahrnehmungsindex 2024 (Corruption Perceptions Index, CPI) veröffentlicht. Der jährlich erscheinende Index ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator. Er umfasst 180 Staaten und Gebiete und bewertet den Grad der in Politik und Verwaltung wahrgenommenen Korruption. Der Meta-Index beruht auf der Einschätzung von Experten sowie Führungskräften.
Auf einer Skala von 0 (hohes Maß an wahrgenommener Korruption) bis 100 (keine wahrgenommene Korruption) erreicht Dänemark von allen Ländern mit 90 Punkten den höchsten Score und beansprucht damit zum siebten Mal in Folge den weltweiten Spitzenplatz für sich. Danach folgen Finnland (88 Punkte), Singapur (84) und Neuseeland (83). Die letzten Plätze des CPI-Rankings belegen weiterhin Syrien (12 Punkte), Venezuela (10), Somalia (9) und Südsudan (8). Insgesamt erreichen über 120 der Länder, die vom CPI erfasst werden – also mehr als zwei Drittel – weniger als 50 von 100 Punkten.
Mehr als ein Viertel der Länder (47 von 180) sackt auf die bislang für sie jeweils niedrigste Punktzahl auf dem Index ab. Österreich (67 Punkte) gehört zu dieser Gruppe ebenso wie Belgien (69), Frankreich (67) und Deutschland, das mit 75 Zählern punktgleich mit Kanada den 15. Rang im CPI belegt. Damit verliert Deutschland im Vergleich zum Vorjahr drei Punkte und fällt im vergleichenden Länderranking zurück.
Dazu erklärt Alexandra Herzog, Vorsitzende von Transparency Deutschland:
"Korruptionsbekämpfung gehört ganz oben auf die politische Prioritätenliste, das veranschaulicht der neue Korruptionswahrnehmungsindex in aller Deutlichkeit. Seit 2012 tritt Deutschland mehr oder weniger auf der Stelle, aber drei Punkte weniger als im Vorjahr zeigen, dass die Bundesrepublik bei der Bekämpfung von Korruption im Vergleich mit anderen Ländern ins Hintertreffen gerät. Das ist ein besorgniserregender Trend. Insbesondere in den Bereichen Informationsfreiheit und Parteienfinanzierung ist der Handlungsbedarf groß. Außerdem müssen endlich die Gefahren von strategischer Korruption stärker in den Blick genommen und Maßnahmen ergriffen werden. Angesichts aktueller politischer und gesellschaftlicher Herausforderungen können wir uns keine politische Zögerlichkeit leisten.
Als besonders dringlich erachten wir eine Reform der Parteienfinanzierung, was der aktuelle Wahlkampf sehr deutlich macht. Unzureichende Transparenz und unkontrollierte Großspenden – teils aus dem Ausland – gefährden einen fairen politischen Wettbewerb und untergraben das Vertrauen der Bürger:innen in die Demokratie. Zweifelhafte Wege der Parteienfinanzierung mit unklarer externer Unterstützung, etwa bei der AfD oder auch beim BSW, nehmen derzeit eklatant zu. Deutschland liegt bei der Parteienfinanzierung mittlerweile deutlich hinter den Regelsystemen anderer westlicher Demokratien. Die unzulänglichen Regelungen machen unser Land auch anfälliger für strategische Korruption – also strategische und langfristig angelegte Einflussversuche von ausländischen Staaten mit Hilfe von Korruption.
Auch muss die Einführung des von uns schon lange geforderten Bundestransparenzgesetzes eine Priorität in der kommenden Legislaturperiode sein. Ein modernes Transparenzgesetz trägt nicht nur dazu bei, Korruption vorzubeugen, es fördert auch die Bürgerbeteiligung und erhöht die Effizienz von Verwaltungsprozessen. Die Bundesrepublik wird im Übrigen von internationalen Experten, in vergleichenden Rankings und durch den Europarat als eines der Schlusslichter im Bereich der Informationsfreiheit eingestuft – nicht nur in Europa, sondern weltweit.
Am Beispiel von Estland wird sehr gut deutlich, dass sich auch die Investition in eine umfassende Digitalisierung positiv auszahlt: Estland konnte sich im Korruptionswahrnehmungsindex im Verlauf der letzten Jahre deutlich nach vorne arbeiten und erreicht aktuell 76 Punkte - einen Punkt mehr als Deutschland.
Bei allem Grund zur Sorge hat Deutschland im vergangenen Jahr jedoch auch Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung gemacht. Die Reform des Lobbyregistergesetzes, seit März 2024 in Kraft, verpflichtet Interessenvertreter:innen nun auch, ihre politischen Regelungsvorhaben inklusive schriftlicher Stellungnahmen offenzulegen. Allerdings fehlt noch ein echter "Lobby-Fußabdruck". Nur ein verpflichtender, im Lobbyregistergesetz verankerter Fußabdruck sorgt für mehr Transparenz im Gesetzgebungsverfahren, denn er legt offen, wie und an welcher Stelle Forderungen von Lobbyisten berücksichtigt wurden."
Margarete Bause, stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland und Leiterin der AG Klima und Umwelt, ergänzt:
"Der aktuelle CPI legt den Schwerpunkt auf den Zusammenhang von Korruption und Klimakrise. Denn Korruption hängt untrennbar mit einer der größten Herausforderungen zusammen, vor der wir als gesamte Menschheit stehen – der dramatischen Erhitzung unseres Planeten. Korruption und Interessenkonflikte in der internationalen Klimapolitik sind die zentralen Probleme bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Das liegt vor allem daran, dass Unternehmen mit fossilen Geschäftsmodellen – etwa Öl- oder Gaskonzerne – und ihre gut vernetzten Lobbygruppen aktiv klimapolitische Maßnahmen behindern und abschwächen. Auch kommen Fördergelder nicht da an, wo sie besonders gebraucht werden, nämlich in den vom Klimawandel besonders betroffenen Ländern des globalen Südens. Für Transparency Deutschland gilt: Das beste Antikorruptionsprogramm ist die Abkehr von Gas und Öl.
Auch Deutschland muss seine Hausaufgaben machen. So ist der Einfluss der fossilen Lobby auf die Politik hier besonders stark, wie sich exemplarisch bei der Durchsetzung der Nord Stream Pipelines oder beim Einsatz für den Verbrennermotor für die deutsche Automobilindustrie zeigt. Aber auch beim Kampf gegen den Missbrauch und die Zweckentfremdung von Klimaschutzgeldern gibt es Handlungsbedarf. Dies zeigt der Skandal um gefälschte Klimaschutzprojekte in China. Dieses Betrugsmodell hat nicht nur einen finanziellen Schaden von mutmaßlich über eine Milliarde Euro verursacht, sondern es untergräbt auch das Vertrauen in die Klimafinanzierungs- und Transformationsmaßnahmen – und damit nicht zuletzt in die Demokratie.
Integrität und Transparenz sind auch in der Klimapolitik essenzielle Instrumente, um Korruption einzudämmen und illegitimer Einflussnahme entgegenzutreten. Angesichts der dramatischen Zunahme von Extremwetterereignissen wie dem Hochwasser im spanischen Valencia im November oder den mittlerweile jährlich auftretenden Hitzewellen in Südeuropa und dadurch verursachten Großbränden z.B. in Griechenland ist entschlossenes und schnelles Handeln dringend nötig."
Die Situation in Europa
Der regionale Durchschnitt der EU-Länder und Westeuropas ist im zweiten Jahr in Folge gesunken und beträgt nun 64 von 100 Punkten. Von den 31 bewerteten Ländern in der Region Westeuropa/EU haben sich nur sechs verbessert, während sich 19 verschlechtert haben. Deutschland muss sich daher auch auf europäischer Ebene für eine wirksame Korruptionsbekämpfung einsetzen.
Methodik
Der CPI ist der weltweit bekannteste Korruptionsindikator und bewertet die in Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption. Er fasst 13 Einzelindizes von zwölf unabhängigen Institutionen zusammen und beruht auf Daten aus Einschätzungen von Experten und Befragungen von Führungskräften. Er bezieht sich auf den öffentlichen Sektor und erfasst keine Aktivitäten wie Steuerbetrug, Geldwäsche, illegale Finanzströme oder andere Formen der Korruption im privaten Sektor. Antworten auf häufig gestellte Fragen sowie Informationen zu den Quellen finden Sie unter www.transparency.de/cpi. (Transparency: ra)
eingetragen: 11.02.25
Transparency International: Kontakt und Steckbrief
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