Auch Social-Media-Plattformen in der Verantwortung
Furcht vor Fake News: Befragte weltweit für mehr Kontrolle und Regulierung im Internet – Deutsche gespalten
Mehrheit weltweit findet, dass Regierungen und Behörden mehr gegen manipulative Falschmeldungen im Internet tun müssen - Jeder dritte Befragte in Deutschland sagt, dass es unmöglich ist, seine persönlichen Daten im Internet zu schützen
Sie verunsichern, sie verwirren und sie beeinflussen: Gezielt gestreute, manipulative Falschmeldungen, kurz Fake News, gefährden den gesellschaftlichen Frieden. Nicht immer sind sie einfach zu erkennen, einmal veröffentlicht, verbreiten sie sich im Internet schnell weiter und sind schwer einzufangen. Die Mehrheit der Befragten in Deutschland (59 Prozent) fordert, dass Regierung und Behörden mehr tun müssen, um die Verbreitung von Fake News zu verhindern. Im internationalen Vergleich ist das allerdings der zweitgeringste Wert, nur die Schweden (50 Prozent) sind bei diesem Punkt noch zurückhaltender. In Spanien (71 Prozent), Frankreich (69 Prozent) und Großbritannien (68 Prozent) wollen sogar noch deutlich mehr Bürger die Behörden in die Pflicht nehmen.
Auch wenn es generell um eine stärkere Regulierung der Inhalte im Internet geht, sind die Befragten in Deutschland und Schweden im internationalen Vergleich eher vorsichtig. So befürworten in Schweden (31 Prozent) und Deutschland (35 Prozent) gerade einmal rund ein Drittel eine solche Forderung. In Frankreich (69 Prozent), Großbritannien und Italien (55 Prozent) gibt es für diese Forderung dagegen deutliche Mehrheiten.
Das sind Ergebnisse der diesjährigen "Digital Household Study" der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. Für die Studie wurden mehr als 20.000 Menschen weltweit befragt, 2.500 davon in Deutschland.
Olaf Riedel, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei EY, sagte: "In den sozialen Medien kann jeder veröffentlichen, was er will, Hürden gibt es kaum. Und die meisten User nutzen diese Freiheiten zur Unterhaltung, um sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen oder um sich zu informieren. Einige nutzen den nahezu unregulierten Raum aber auch für das genaue Gegenteil: gezielte Desinformation mit dem Ziel, die Gesellschaft zu spalten. Hier sind die Strafverfolgungsbehörden gefordert, mit Augenmaß einzuschreiten – nach Regeln, die der Gesetzgeber vorgibt. Denn Debatten sind wichtig, aber es gibt auch hier Grenzen. Wer Falschinformationen verbreitet, muss sich bewusst sein, dass er hierfür gegebenenfalls belangt werden kann."
Ein weiteres wichtiges Thema für viele Internetnutzer ist der Schutz der persönlichen Daten im Internet. Dies ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden, und die Möglichkeiten, sich zu schützen, haben sich deutlich verbessert – doch sie sind bei weitem nicht auf dem Niveau, das sich die Nutzer wünschen. Mehr als jeder dritte Befragte in Deutschland (38 Prozent) sagt, dass es unmöglich sei, seine persönlichen Daten im Netz zu schützen. Und damit sind die Studienteilnehmer hierzulande noch am "optimistischsten": In allen anderen Ländern liegt der Anteil deutlich höher, im internationalen Schnitt ist fast jeder Zweite (46 Prozent) der Meinung, seine persönlichen Daten im Netz nicht schützen zu können.
Deutsche mit geringsten Sorgen vor schädlichen Inhalten im Netz
Während sich in Italien (50 Prozent) und Spanien (49 Prozent) knapp die Hälfte der Befragten vor schädlichen Inhalten im Internet sorgt, ist die Sorge der Studienteilnehmer in Deutschland auch hier geringer: Nur jeder Vierte fürchtet sich davor, dass Mitglieder des eigenen Haushalts den schädlichen Auswirkungen von Gewaltvideos, Fake News oder ähnlichem ausgesetzt sein könnten.
Bei der Bekämpfung dieser Inhalte sehen die Befragten allerdings wieder Regierung und Behörden in der Pflicht: In Deutschland sagt deutlich mehr als die Hälfte der Befragten (57 Prozent), dass es die Aufgabe der Institutionen sei, solche Inhalte aus dem Netz zu halten oder von dort zu entfernen. Damit bildet Deutschland fast genau den internationalen Mittelwert (56 Prozent) ab. In Großbritannien und Spanien (beide 66 Prozent) liegt der Anteil am höchsten, nur in Schweden (49 Prozent) findet sich für diese These keine Mehrheit.
Fast die Hälfte der Deutschen will sich digitale Auszeit nehmen
Immer mehr Nutzer nervt der ständige Blick auf das Smartphone. Die Folge: Fast jeder Zweite (45 Prozent) in Deutschland versucht aktiv, weniger Zeit vor Bildschirmen zu verbringen. Gleichzeitig sagt allerdings fast die Hälfte der Befragten in Deutschland (42 Prozent), dass das Internet fundamental wichtig für das eigene Sozialleben ist. Auch hier nimmt Deutschland im weltweiten Vergleich einen hinteren Platz ein.
Befragte in Italien (60 Prozent), Spanien (56 Prozent) und Frankreich (55 Prozent) stufen die digitale Kontaktpflege mit Familie, Freunden und Bekannten deutlich wichtiger ein. Wenig verwunderlich ist der Anteil derer, die über das Netz Kontakte pflegen, bei den jüngeren Erwachsenen deutlich höher als bei den Älteren. Aber selbst in der Gruppe der über 66-Jährigen sagt fast jeder Dritte (30 Prozent), dass Social Media, E-Mails und Internetforen essenziell für sein Sozialleben sind.
Die Zeit, die Angehörige des eigenen Haushalts vor Bildschirmen verbringen, wird in Spanien, Frankreich und Italien mit Sorge betrachtet. Jeweils 41 Prozent sagen dies. In Deutschland sind es dagegen nur 26 Prozent. Umgekehrt sagt hierzulande fast die Hälfte der Studienteilnehmer (49 Prozent), dass sie sich keine Sorgen wegen der Bildschirmzeit ihrer Angehörigen machen.
Florian Dickgreber, Leiter Consulting für den Sektor Technologie, Medien & Telekommunikation bei EY, erläuterte: "Während der Corona-Pandemie haben die Menschen mehr Zeit als je zuvor vor Bildschirmen verbracht und dabei zahlreiche neue Technologien und digitale Angebote entdeckt, die ihr Leben bereichert und erleichtert haben. Es ist aber auch nur logisch, dass hier eine gewisse Sättigung eingesetzt hat. Dabei spielen natürlich auch die Lockerungen der Corona-Maßnahmen im öffentlichen Leben eine Rolle; die Menschen genießen es, wieder draußen und unter Leuten zu sein. Das bedeutet aber nicht, dass die Nutzer technikmüde geworden sind. Im Gegenteil: Das Interesse an guter Hard- und Software ist weiterhin vorhanden. Vielmehr fokussieren sich die Kunden auf die digitalen Programme und Geräte, die ihnen den größten Nutzen bringen – im Privat- und im Berufsleben." (Ernst & Young: ra)
eingetragen: 15.11.22
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