Whistleblower-Schutz im öffentlichen Dienst
Gutachten zeigt: Whistleblower in Behörden nicht geschützt
Piratenpartei will anonyme Meldesysteme
(02.09.14) - Whistleblower, die als Beamte oder Angestellte beim Staat arbeiten, genießen kaum rechtlichen Schutz, so das Ergebnis eines von der Piratenpartei in Auftrag gegebenen Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes des Schleswig-Holsteinischen Landtags. Auf der sicheren Seite sind Staatsbedienstete nur, so das Gutachten, wenn sie bei Korruption oder anderen Straftaten schweigen. Das Gutachten soll nun Thema auf der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten werden. Dort sollen Empfehlungen für einen wirksamen Whistleblower-Schutz im öffentlichen Dienst erarbeitet werden.
"Die Ergebnisse des Gutachtens sind erschreckend: Whistleblower in Deutschlands Amtsstuben müssen sich bis heute wie Verräter fühlen und Verfolgung fürchten, obwohl sie in vorbildlicher Weise ihre persönlichen Interessen hinter das Allgemeinwohl zurückstellen", erklärt Patrick Breyer, Abgeordneter der Piraten im Landtag Schleswig-Holstein. Nach den deutschen Beamtengesetzen besteht in der Tradition des vorletzten Jahrhunderts bis heute eine fast ausnahmslose Verschwiegenheitspflicht, so das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes.
"Dass die Bundesregierung hier keine Änderung anstrebt, belegt nur eins: Weder aus der Entlassung der BSE-Whistleblowerin Margrit Herbst in den 90er Jahren noch aus dem Machtwort des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs im Jahr 2011 oder aktuell aus dem Fall Snowden haben die etablierten Parteien gelernt", so Breyer weiter.
Die Piratenpartei setzt sich dafür ein, dass Whistleblower in Deutschland endlich Anerkennung statt Repression erfahren. Sie kämpft deshalb auf allen Ebenen für eine allgemeine und umfassende gesetzliche Regelung zum Schutz von Personen, die Fälle von Korruption, Insiderhandel oder Ethikverstößen und Ähnlichem öffentlich machen.
"Es freut mich sehr, dass nun auch die Beauftragten für Informationsfreiheit den Handlungsbedarf aufzeigen wollen. Solange das Recht nicht hilft, muss allerdings die Technik für Schutz und Anonymität von Whistleblowern sorgen. Wir wollen deshalb, dass Bund und Länder für Hinweisgeber Systeme zur anonymen Meldung von Straftaten einrichten, um die gefährlichen bundesrechtlichen Schutzlücken zu umgehen. Diese Systeme müssen eine Kommunikation mit dem Hinweisgeber ermöglichen", erläutert Breyer die weiteren Pläne der Piraten.
Aktueller Hintergrund des Gutachtenauftrags der Piraten ist die vorübergehende Schließung eines großen schleswig-holsteinischen Schlachthofs wegen schwerer Hygienemängel. Diese sind nur bekannt geworden, weil ein Veterinär unter Umgehung des Dienstwegs sich unmittelbar an den Minister gewandt hatte. Seine Vorgesetzten sahen keinen Anlass zum Einschreiten (wie schon im Fall der BSE-Whistleblowerin Margrit Herbst). Der betroffene Veterinär soll nach Medienberichten bis heute krank gemeldet sein und steht unter enormem Druck, weil viele Arbeitsplätze in der Region auf dem Spiel stehen. (Piratenpartei: ra)
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