Betriebsrentenansprüche aufgrund Kapitalisierung
Insolvenz - Übergang Betriebsrentenansprüche - Vorfälligkeit – Schätzung - anwendbarer Zinssatz
Der Kläger ist der Pensionssicherungsverein - Der Beklagte ist der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter in dem am 1. Oktober 2017 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin
Bei der nach § 46 Satz 2 iVm. § 45 Satz 1 Insolvenzordnung (InsO) vorzunehmenden Schätzung des Vorteils, der durch die Vorfälligkeit der auf den Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung nach § 9 Abs. 2 Betriebsrentengesetz (BetrAVG), den Pensionssicherungsverein (PSV), übergegangenen Betriebsrentenansprüche aufgrund der Kapitalisierung der Ansprüche entsteht, ist der gesetzliche Zinssatz nach § 41 Abs. 2 InsO anzuwenden.
Der Kläger ist der PSV. Der Beklagte ist der gerichtlich bestellte Insolvenzverwalter in dem am 1. Oktober 2017 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin. Diese hatte ihren Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt und gewährt. Im Insolvenzverfahren meldete der Kläger gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG auf ihn übergegangene künftige Rentenansprüche aus diesen Zusagen umgerechnet auf einen Einmalbetrag zur Insolvenztabelle an. Den maßgeblichen Betrag hat der Kläger unter Zugrundelegung eines Abzinsungszinssatzes von 3,75 vH ermittelt. Das entspricht dem bilanzrechtlich für die Berechnung von Pensionsrückstellungen maßgeblichen Zinssatz für Oktober 2017 gemäß § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB. Der Beklagte hat die angemeldete Forderung nur zum Teil anerkannt und zur Insolvenztabelle festgestellt, sie im Übrigen bestritten.
Die Differenz der bestrittenen Forderung ergibt sich daraus, dass der Beklagte den gesetzlichen Zinssatz von 4 vH gemäß § 246 BGB als Abzinsungszinssatz zugrunde gelegt hat. Der Kläger verlangt die Feststellung weiterer 3.833,00 Euro - die bestrittene Differenz - zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren der ehemaligen Arbeitgeberin. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision des Beklagten hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Zwar ist in § 46 Satz 2 InsO bei wiederkehrenden Leistungen von unbestimmter Dauer, aber bestimmtem Betrag - wie monatlichen Rentenleistungen - auf § 45 Satz 1 InsO verwiesen, der eine Schätzung des Einmalbetrags vorsieht. Insoweit ist jedoch - nach versicherungsmathematischen Grundsätzen - nur die Dauer der Rentenleistungen zu schätzen; im Übrigen verbleibt es bei § 46 Satz 1 InsO. Das führt für die Frage der Abzinsung zur Anwendbarkeit des gesetzlichen Zinssatzes nach § 246 BGB iHv. 4 vH.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Mai 2021 - 3 AZR 317/20 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2020 - 15 Sa 2/20 - § 41 InsO „Nicht fällige Forderungen“ lautet auszugsweise:
(1) Nicht fällige Forderungen gelten als fällig.
(2) Sind sie unverzinslich, so sind sie mit dem gesetzlichen Zinssatz abzuzinsen. ...
§ 45 InsO „Umrechnung von Forderungen“ lautet auszugsweise: Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt ist, sind mit dem
Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann. ...
§ 46 InsO „Wiederkehrende Leistungen“ lautet:
Forderungen auf wiederkehrende Leistungen, deren Betrag und Dauer bestimmt sind, sind mit dem Betrag geltend zu machen, der sich ergibt, wenn die noch ausstehenden Leistungen unter Abzug des in § 41 bezeichneten Zwischenzinses zusammengerechnet werden. Ist die Dauer der Leistungen unbestimmt,
so gilt § 45 Satz 1 entsprechend.
(Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Mai 2021: ra)
eingetragen: 29.06.21
Newsletterlauf: 21.09.21
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