Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesgerichtshof

Preisänderungsklauseln in Sonderkundenverträgen


BGH äußert sich zur Unwirksamkeit Preisänderungsklauseln in Sonderkundenverträgen
Kläger hielt die Gaspreiserhöhungen für unwirksam und forderte Beträge von der Beklagten zurück

(28.08.13) - Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich unter anderem mit der Frage befasst, ob eine in Sonderkundenverträgen eines Gasversorgungsunternehmens enthaltene Preisänderungsklausel, die sich auf eine Inbezugnahme von § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV* beschränkt, wirksam ist. Dabei hat der Bundesgerichtshof ein auf Vorlage ergangenes Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union umgesetzt.

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., verlangt von der Beklagten, einem Gasversorgungsunternehmen, die Rückzahlung von Gaspreisentgelten, die in der Zeit vom Januar 2003 bis Oktober 2005 auf Gaspreiserhöhungen gezahlt worden sind. Dazu sind ihm die Rechte von 25 Kunden in den Gasvertriebsregionen "Ost-Südwestfalen" und "Ruhr-Lippe" abgetreten worden. Im betreffenden Zeitraum erhöhte die Beklagte die Gaspreise insgesamt vier Mal. Die 25 Kunden bezahlten – zum Teil unter dem Vorbehalt der Rückforderung – die ihnen für das gelieferte Gas in Rechnung gestellten Entgelte einschließlich der Erhöhungsbeträge. Der Kläger hält die Gaspreiserhöhungen für unwirksam und fordert die Beträge, die über den Ende 2002 von der Beklagten verlangten Preis hinausgehen, von der Beklagten zurück. Das Landgericht hat der auf Zahlung von insgesamt 16.128,63 € gerichteten Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte zunächst mit Beschluss vom 9. Februar 2011 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Hierbei ging es um die Auslegung bestimmter Vorschriften der Klausel- und der Gasrichtlinie. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat durch Urteil vom 21. März 2013 (Rs. C-92/11 – RWE Vertrieb) entschieden, dass es für die Frage, ob eine Gaspreisänderungsklausel den Anforderungen der genannten Richtlinien an Treu und Glauben, Ausgewogenheit und Transparenz genügt, insbesondere darauf ankommt,

– ob der Anlass und der Modus der Änderung dieser Entgelte in dem Vertrag so transparent dargestellt werden, dass der Verbraucher die etwaigen Änderungen der Entgelte anhand klarer und verständlicher Kriterien absehen kann, und dass das Fehlen der betreffenden Information vor Vertragsabschluss grundsätzlich nicht allein dadurch ausgeglichen werden kann, dass der Verbraucher während der Durchführung des Vertrags mit angemessener Frist im Voraus über die Änderung der Entgelte sowie über sein Recht unterrichtet wird, den Vertrag zu kündigen, wenn er diese Änderung nicht hinnehmen will, und

– ob von der dem Verbraucher eingeräumten Kündigungsmöglichkeit unter den gegebenen Bedingungen tatsächlich Gebrauch gemacht werden kann.

Der Bundesgerichtshof hat nunmehr unter Zugrundelegung dieser für die Gerichte der Mitgliedstaaten verbindlichen Auslegung entschieden, dass Preisänderungsklauseln in Sonderkundenverträgen, die sich darauf beschränken, das für Tarifkundenverhältnisse vorgesehene Änderungsrecht des § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV* in Bezug zu nehmen, diesen Anforderungen nicht genügen und deshalb unwirksam sind. Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.

*§ 4 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (in der bis zum 7. November 2006 geltenden Fassung): Art der Versorgung

(1) Das Gasversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. …

(2) Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.



Urteil vom 31. Juli 2013 - VIII ZR 162/09

LG Dortmund - Urteil vom 18. Januar 2008 - 6 O 341/06

OLG Hamm - Urteil vom 29. Mai 2009 - 19 U 52/08

(veröffentlicht in RdE 2009, 261 = ZNER 2009, 274)
(Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 31.07.2013: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Weitere Urteile

  • Regelung der Unternehmensnachfolge gewesen

    Das Verschenken von Geschäftsanteilen an leitende Mitarbeiter zur Sicherung der Unternehmensnachfolge führt, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20.11.2024 - VI R 21/22 entschieden hat, nicht ohne Weiteres zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes).

  • Unerheblichkeit der Unternehmensidentität

    Mit Urteil vom 25.04.2024 - III R 30/21 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein ursprünglich im Betrieb einer Personengesellschaft entstandener und durch Anwachsung auf eine Kapitalgesellschaft übergegangener Gewerbeverlust nicht dadurch entfällt, dass die Kapitalgesellschaft den Verlust verursachenden Geschäftsbereich im Wege eines Asset Deals weiterveräußert.

  • Kläger wandte sich gegen Zinsfestsetzung

    Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält den gesetzlichen Zinssatz von 6 Prozent p.a. für sog. Aussetzungszinsen für verfassungswidrig. Er hat daher mit Beschluss vom 08.05. 2024 - VIII R 9/23 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen.

  • Gesamtsumme im Milliardenbereich

    Ein ausländischer Investmentfonds, der unter der Geltung des Investmentsteuergesetzes 2004 (InvStG 2004) mit Kapitalertragsteuer belastete Dividenden inländischer Aktiengesellschaften bezog, hat nach dem Unionsrecht im Grundsatz einen Anspruch auf Erstattung dieser Steuer.

  • Datenverarbeitung durch die Finanzverwaltung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschlüssen vom 27.05.2024 in zwei Verfahren (II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV)) des vorläufigen Rechtsschutzes zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden, dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen