Sie sind hier: Home » Recht » Deutschland » Bundesgerichtshof

BGH zum Verkauf von Tankstellen


Bundesgerichtshof: Über Oligopol auf Benzinmarkt muss neu verhandelt werden
Nach den bisherigen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf den maßgeblichen Märkten ein marktbeherrschendes Oligopol
besteht

(13.12.11) - Die Frage, ob auf den Märkten für Benzin und Diesel ein marktbeherrschendes Oligopol der Mineralölgesellschaften Shell, Aral/BP, ConocoPhillips (Jet), ExxonMobil/Esso und Total besteht, bedarf weiterer Prüfung durch das Oberlandesgericht Düsseldorf. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Im Dezember 2008 hat die Total Deutschland GmbH (nachfolgend: Total) das Vorhaben angemeldet, von der OMV Deutschland GmbH (nachfolgend: OMV) 59 Tankstellenbetriebe in Sachsen und Thüringen zu erwerben.

Total betreibt mit mehr als 1.000 Stationen nach eigenen Angaben das viertgrößte Tankstellennetz in Deutschland. Der Schwerpunkt ihrer inländischen Aktivitäten liegt in den neuen Bundesländern. OMV ist insbesondere in Süd- und Ostdeutschland tätig und betreibt neben einem Tankstellennetz auch eine Raffinerie in Bayern.

Mit Beschluss vom 29. April 2009 (B 8 – 175/08) hat das Bundeskartellamt den Zusammenschluss untersagt, weil auf den Regionalmärkten Chemnitz, Dresden, Erfurt und Leipzig schon jetzt ein marktbeherrschendes Oligopol von Shell, Aral/BP, ConocoPhillips (Jet), ExxonMobil/Esso und Total bestehe. Beim Erwerb weiterer 59 Tankstellen durch Total sei damit zu rechnen, dass sich die marktbeherrschende Stellung des Oligopols verstärke.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat diesen Beschluss aufgehoben. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Bundeskartellamts. Im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat OMV die fraglichen Tankstellen anderweitig verkauft.

Der Bundesgerichtshof, der sich trotz des zwischenzeitlichen Verkaufs der Tankstellen mit der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung zu befassen hatte, hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben. Nach den bisherigen Feststellungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass auf den maßgeblichen Märkten ein marktbeherrschendes Oligopol besteht, das verstärkt würde, wenn Total weitere 59 Tankstellen in Sachsen und Thüringen erwirbt.

Das Oberlandesgericht hatte angenommen, das Wettbewerbsgeschehen, insbesondere die Preisschwankungen auf den betroffenen Regionalmärkten beweise, dass die großen Mineralölgesellschaften kein marktbeherrschendes Oligopol bildeten. Dabei hat es aber nicht hinreichend berücksichtigt, dass das Auf und Ab der Benzinpreise keinen eindeutigen Schluss auf bestehenden Wettbewerb zulässt, sondern vor dem Hintergrund der Marktstruktur, insbesondere des hohen Konzentrationsgrads, der vertikalen Integration der auch Produktionsanlagen und Raffinerien gemeinsam betreibenden Mineralölgesellschaften, der hohen Preistransparenz und der Homogenität des Produkts Benzin, gewürdigt werden muss.

Da wesentliche Sachverhaltsfragen noch nicht geklärt sind, musste die Sache zur neuen Verhandlung an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückverwiesen werden.

Beschluss vom 6. Dezember 2011 – KVR 95/10 – Total/OMV
OLG Düsseldorf - Beschluss vom 4. August 2010
VI-2 Kart 6/09 (V)
(WuW/E DE-R 3000-3016)
(Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 6. Dezember 2011: ra)


Kostenloser Compliance-Newsletter
Ihr Compliance-Magazin.de-Newsletter hier >>>>>>


Meldungen: Weitere Urteile

  • Datenverarbeitung durch die Finanzverwaltung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschlüssen vom 27.05.2024 in zwei Verfahren (II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV)) des vorläufigen Rechtsschutzes zu den Bewertungsregelungen des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden, dass Steuerpflichtige im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen.

  • Grenzen des Auskunftsanspruchs

    Mit Urteil vom 12.03.2024 - IX R 35/21 hat der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals zu den Voraussetzungen und der Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs entschieden. Die Datenschutz-Grundverordnung gewährt in Art. 15 Abs. 1 einen Anspruch auf Auskunft, welche personenbezogenen Daten über einen Steuerpflichtigen verarbeitet werden.

  • Datenverarbeitung durch die Finanzverwaltung

    Mit Urteil vom 12.03.2024 - IX R 35/21 hat der Bundesfinanzhof (BFH) erstmals zu den Voraussetzungen und der Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs entschieden. Die Datenschutz-Grundverordnung gewährt in Art. 15 Abs. 1 einen Anspruch auf Auskunft, welche personenbezogenen Daten über einen Steuerpflichtigen verarbeitet werden.

  • Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer

    Ein Parkhaus ist in der Erbschaftsteuer nicht begünstigt - dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 28.02.2024 - II R 27/21 entschieden. Der Kläger war testamentarisch eingesetzter Alleinerbe seines im Jahr 2018 verstorbenen Vaters, des Erblassers. Zum Erbe gehörte ein mit einem Parkhaus bebautes Grundstück.

  • Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG)

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 06.05.2024 - III R 14/22 entschieden, dass die Art und Weise, in der ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt, seine Aufzeichnungen geführt hat, eine Tatsache ist, die -wird sie dem Finanzamt (FA) nachträglich bekannt- zur Korrektur eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids führen kann.

Wir verwenden Cookies um unsere Website zu optimieren und Ihnen das bestmögliche Online-Erlebnis zu bieten. Mit dem Klick auf "Alle akzeptieren" erklären Sie sich damit einverstanden. Erweiterte Einstellungen