BGH-Beschluss: Durchbruch für geschädigte Anleger
Anlageberatung: Bundesgerichtshof (BGH) weist Kreditinstitut hinsichtlich Rückvergütungen in ihre Schranken
Beschluss mit Signalwirkung - Keinerlei Absprachen hinter dem Rücken der Kunden
(02.05.11) - Wer sich von seiner Bank beraten lässt, der muss über Rückvergütungen aufgeklärt werden, damit er nicht fälschlicherweise von der Neutralität der Beratung ausgeht. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Beschluss vom 9. März dieses Jahres (Az. XI ZR 191/10). Auf dieses Urteil (derzeit noch nicht veröffentlicht) weist die Kanzlei Mutschke jetzt hin.
Die Beklagte im aktuellen Fall war in früheren Entscheidungen zunächst häufig verurteilt worden, weil sie Anleger nicht über Rückvergütungen aufgeklärt hatte. In jüngster Vergangenheit machte sich die Bank aber immer wieder zunutze, dass es an einer eindeutigen Entscheidung des Bundesgerichtshofes fehlte, welche Zahlungen an die Bank genau unter den Begriff "Rückvergütung" fielen. So argumentierte die betroffene Bank regelmäßig – wie diverse andere Banken auch –, dass die Vergütungen, die sie bei der Vermittlung von Fonds erhielten, keine aufklärungspflichtigen Rückvergütungen seien, sondern allenfalls bloße Innenprovisionen, über die sie nicht aufklären müsse.
Hierbei verwies die Bank in der Regel auf eine Entscheidung des BGH aus Oktober 2009 (Az. XI ZR 338/08). Mit Beschluss vom 9. März dieses Jahres erteilte der Bundesgerichtshof dieser Argumentation der Bank eine deutliche Absage. Denn mit dem aktuellen Beschluss liefert der BGH nach Ansicht der Kanzlei Mutschke eine eindeutige, äußerst anlegerfreundliche Definition, was unter dem Begriff "Rückvergütungen" zu verstehen sei. Nicole Mutschke, Fachanwältin für Bank und Kapitalmarktrecht, stuft den BGH-Beschluss als Durchbruch für geschädigte Anleger ein.
Wirtschaftliches Interesse der Bank muss offengelegt werden
Der BGH grenze in seinem aktuellen und derzeit noch nicht veröffentlichten Beschluss Innenprovisionen eindeutig von Rückvergütungen ab. Innenprovisionen seien danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen. Über sie müsse bei einem Fonds – so der BGH – nur unter bestimmten Umständen aufgeklärt werden, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage hätten und deswegen bei diesem insoweit eine Fehlvorstellung herbeiführen könnten.
Rückvergütungen seien aber – regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt würden. Werde deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart, sondern erfolge hinter dem Rücken des Anlegers, könne beim Anleger daher zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, der Anleger könne aber das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen. Über Rückvergütungen müsse der Anleger daher immer aufgeklärt werden, damit er nicht fälschlicherweise von einer Neutralität der Beratungsleistung der Bank ausgehe.
Beweislast bei der Bank
Ob ein Kunde sich anders entschieden hätte, wenn er von der Rückvergütung gewusst hätte, müsse er nicht selbst belegen. Denn nach dem aktuellen Beschluss müsse die Bank nachweisen, dass der Kunde die Kapitalanlage auch bei Kenntnis der Rückvergütung erworben hätte. Dieser Nachweis wird, so die Kanzlei Mutschke, regelmäßig für die Bank nur schwer zu erbringen sein.
Der Beschluss gebe auch zahlreichen geschädigten Fondszeichnern Anlass zur Hoffnung, die vor Jahrzehnten Fondsbeteiligungen über ihre Bank erworben haben. Mit Beschluss vom 29. Juni 2010 (Az. XI ZR 308/09) hat der BGH nämlich bereits entschieden, dass die Rückvergütungsproblematik auch Jahre zurückliegende Anlageentscheidungen betreffe. "Anleger, die von ihrer Bank nicht darüber informiert wurden, ob und auch in welcher Höhe Rückvergütungen geflossen sind, haben jetzt grundsätzlich sehr gute Karten", sagt deshalb Rechtsanwältin Nicole Mutschke. (Kanzlei Mutschke: ra)
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