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Regelung zur Entgeltumwandlung


Arbeitgeberzuschuss zu Entgeltumwandlung - Tariföffnung
Die Auslegung von § 19 Abs. 1 BetrAVG ergibt, dass von § 1a BetrAVG abweichende Regelungen auch in vor dem Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes geschlossenen Tarifverträgen enthalten sein können



Von den gesetzlichen Regelungen zur Entgeltumwandlung (§ 1a BetrAVG) einschließlich des Anspruchs auf einen Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG kann gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG* auch in Tarifverträgen abgewichen werden, die bereits vor Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes am 1. Januar 2018 geschlossen wurden.

Der Kläger ist seit 1982 als Holzmechaniker bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beidseitiger Tarifbindung der seit dem 1. Januar 2009 geltende Tarifvertrag zur Altersversorgung zwischen dem Landesverband Niedersachen und Bremen der Holz und Kunststoff verarbeitenden Industrie e.V. und der IG-Metall vom 9. Dezember 2008 (TV AV) Anwendung. Der Kläger wandelt seit 2019 auf der Grundlage dieses Tarifvertrags monatlich Entgelt um. Der Tarifvertrag gewährt den Arbeitnehmern, die Entgelt umwandeln, einen zusätzlichen Altersvorsorgegrundbetrag in Höhe des 25-fachen des Facharbeiter-Ecklohns.

Der Kläger verlangt von der Beklagten ab dem 1. Januar 2022 zusätzlich zu seinem umgewandelten Entgelt den Arbeitgeberzuschuss nach § 1a Abs. 1a BetrAVG iHv. 15 vH. Er hat gemeint, der TV AV sei keine abweichende Regelung im Sinne von § 19 Abs. 1 BetrAVG. Der Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses aus § 1a Abs. 1a BetrAVG könne gemäß § 19 Abs. 1 BetrAVG nicht durch eine tarifvertragliche Regelung zur Entgeltumwandlung ausgeschlossen werden, die bereits vor In-Kraft-Treten der Regelung bestanden habe. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers war vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Die Auslegung von § 19 Abs. 1 BetrAVG ergibt, dass von § 1a BetrAVG abweichende Regelungen auch in vor dem Inkrafttreten des Ersten Betriebsrentenstärkungsgesetzes geschlossenen Tarifverträgen enthalten sein können. Mit den Regelungen des TV AV liegt eine solche von § 1a BetrAVG abweichende Regelung im Sinne des § 19 Abs. 1 BetrAVG vor.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. August 2024 - 3 AZR 285/23 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16. Oktober 2023 - 15 Sa 223/23 B -

Der Senat hat am selben Tag in zwei weiteren Parallelverfahren - 3 AZR 286/23 - und - 3 AZR 287/23 - zum selben Tarifvertrag identisch entschieden.
*§ 19 Abs. 1 BetrAVG (Allgemeine Tariföffnungsklausel) lautet:
Von den §§ 1a, 2, 2a Abs. 1, 3 und 4, § 3, mit Ausnahme des § 3 Abs. 2 Satz 3, von den §§ 4, 5, 16, 18a Satz 1, §§ 27 und 28 kann in Tarifverträgen abgewichen werden.
(Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. August 2023: ra)

eingetragen: 02.09.24
Newsletterlauf: 11.11.24


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