Bund nicht zuständig für Glücksspiel-Regelungen


Sachstand Glücksspielstaatsvertrag – Liberalisierung von Online-Glücksspiel und Rolle des Zahlungsdienstleisters Wirecard
Das Glücksspiel (einschließlich Online-Glücksspiel) ist nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung grundsätzlich eine Länderangelegenheit (vergleiche die Artikel 70 ff. des Grundgesetzes)



Regelungen zum Glücksspiel (einschließlich Online-Glücksspiele) sind nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung grundsätzlich Angelegenheiten der Länder. Dies stellt die Bundesregierung in der Antwort (20/4155) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (20/3867) fest. Angaben zu Anbietern und Umsätzen in diesem Bereich lägen daher nicht vor.

Der Bund sei auch nicht Partei des Glücksspielstaatsvertrages, sodass ihm auch keine Informationen zur Anwendung des Vertrages und der Aufsichtstätigkeit der Länder vorliegen würden. Auf die Frage nach den Einnahmen aus der Rennwett- und Lotteriesteuer teilt die Regierung mit, dass diese im zweiten Quartal 2022 661 Millionen Euro betragen hätten. Davon seien 123,4 Millionen Euro aus Online-Glücksspielen gekommen.

Vorbemerkung der Fragesteller
Der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) ermöglicht, dass seit Juli 2021 erstmals Online-Casinos in Deutschland eine Lizenz beantragen können. Zuvor waren diese Glücksspiele nur in einem Bundesland, in SchleswigHolstein, legal. Zudem war die Zahlungsabwicklung für solche illegalen Angebote rechtlich umstritten. Trotzdem boten zahlreiche Unternehmen jahrelang Online-Casino-Spiele um echtes Geld bundesweit an. Laut Glücksspielaufsicht der Länder standen deutschen Spielerinnen und Spielern im Jahr 2017 mehr als 730 Online-Glücksspielangebote zur Verfügung. Seitdem hatte sich die Zahl weiter erhöht, obwohl diese Angebote bis Juli 2021 illegal waren. Die Aufsicht über Online-Glücksspiel soll nunmehr durch eine Lizenzierung und Auflagen zur Suchtprävention verbessert werden.

Mit der Aufnahme neuer steuerrechtlicher Vorschriften in das Rennwett- und Lotteriegesetz wurde der Glücksspielstaatsvertrag flankiert, der nunmehr virtuelles Automatenspiel und Online-Poker auf Basis einer für alle Länder einheitlich erteilten Erlaubnis der Aufsichtsbehörde zulässt, für die bis dato keine adäquaten Steuervorschriften bestanden.

Es ist dennoch davon auszugehen, dass der Schwarzmarkt auch nach dem Inkrafttreten des GlüStV 2021 ein bestimmender Faktor im Online-Glücksspiel sein wird, zumal die zentrale Aufsicht über Glücksspiele im Internet erst im Jahr 2023 operativ sein wird und bisher kein aufsichtsrechtliches Konzept für die wirksame Bekämpfung des unerlaubten Online-Glücksspiels vorliegt (vgl. Findeisen, WM 2021, S. 2128 ff.).

Neben der bekannt hohen Suchtgefahr bei Glücksspielen (Problemkreis Spielerschutz) dürfen die Risiken in Sachen Finanzkriminalität und Geldwäsche nicht unterschätzt werden. Online-Glücksspielplattformen eignen sich hervorragend dafür, illegale Profite in den legalen Finanzmarkt zu schleusen. Es werden schlicht höhere Einnahmen als die tatsächlichen verbucht. Bedenklich erscheint insbesondere, dass viele Zahlungsabwickler das illegale Online-Glücksspiel unterstützen.

Zudem muss das Zusammenwirken von Glücksspielunternehmen speziell mit dem Zahlungsanbieter Wirecard näher in den Blick genommen werden. Viele Jahre lang hat Wirecard für eine laxe Glücksspielregulierung in Deutschland lobbyiert. Wirecard hat nach Ansicht der Fragestellenden zu diesem Zweck mehrere Ex-Politiker (wie Ole von Beust oder Peter Harry Carstensen) vorgeschickt. Scheinbar beriet laut Presseberichten die Kanzlei Hambach & Hambach bzw. Rechtsanwalt Wulf Hambach zahlreiche Glücksspielunternehmen sowie den insolventen Zahlungsabwickler Wirecard. Wirecard wickelte unter anderem Zahlungen für Anbieter von OnlineGlücksspiel ab, die dafür in Deutschland über keine Lizenz verfügten. Der Zahlungsanbieter sowie sein flüchtiger Chief Operating Officer Jan Marsalek gerieten dabei auch in den Fokus von US-Ermittlungsbehörden wegen Verstößen gegen den "Illegal Online Gambling Act". Dies führte zu einem US-Rechtshilfeersuchen bei der Staatsanwaltschaft München I. Deren Ermittlungen wurden jedoch später eingestellt.

Wirecard wollte im Zuge des Staatsvertrags zur Liberalisierung des Online-Glücksspiels zentrale Aufgaben bei der Zahlungsabwicklung und beim Spielerschutz übernehmen. Laut Tagesschau soll Wulf Hambach in einer E-Mail an Wirecard geschrieben haben, dass Peter Harry Carstensen den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), gut kenne und ein gemeinsamer Besuch, wie zuvor in Wiesbaden, "lohnend" sei. Mit einem solchen Treffen könne man einer damals geplanten Maßnahme zur Blockade von Zahlungsdienstleistern illegaler Online-Casinos "den Wind aus den Segeln nehmen". Ebenso soll es der Tagesschau zufolge Kontaktanbahnungen zum damaligen EU-Kommissar Guenter Oettinger sowie dem damaligen Ersten Bürgermeister
von Hamburg, Olaf Scholz (SPD), gegeben haben

Insgesamt soll erfragt werden, wie man bei der Regulierung von Glücksspiel und damit in Verbindung stehenden Zahlungsdienstleistern illegale Anbieter und Praktiken verhindert und bekämpft, Spielerinnen und Spieler schützt sowie Geldwäsche das Wasser abgräbt, damit endlich mehr Licht als Schatten zu sehen ist (vgl. Tullio-Francesco Puoti, Ein Jahr Glücksspiel-Staatsvertrag: Mehr Schatten als Licht, 1. Juli 2022).
(Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 15.11.22
Newsletterlauf: 02.02.23


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    Zum Stichtag 31. Dezember 2023 befanden sich 380 Verdachtsfälle zur Steuergestaltung bei Cum-Ex-Geschäften bei den Obersten Finanzbehörden der Länder und beim Bundeszentralamt für Steuern mit einem Volumen nicht anrechenbarer/erstatteter Kapitalertragssteuer inklusive Solidaritätszuschlag von rund 3,8 Milliarden Euro in Bearbeitung. Diese Angaben macht die Bundesregierung in ihrer Antwort (21/548) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion die Linke (21/310).

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