USA werten deutsche Fluggastdaten intensiv aus
Der deutsche Flugpassagier ist gläsern: USA erstellen Bewegungsprofile auf Basis deutscher Fluggastdateninformationen - Fluggastdaten: Neues Verfahren und 15-jährige Speicherung
Deutsche Bundesregierung vermutet, dass "dabei ein bereichspezifischer und angemessener Datenschutz gewährleistet wird"
(20.11.07) – Nicht nur über den Wolken ist die Freiheit grenzenlos: Der Bundesregierung ist bekannt, dass das United States Department of Homeland Security, das Heimatschutzministerium, die Fluggastdaten, die ihm von europäischen Fluggesellschaften übermittelt werden, mittels des Analyseinstruments Automated Targeting System (ATS) auswertet und mit anderen System abgleicht. Das bestätigt sie in ihrer Antwort (16/6893) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (16/6713). Im Abkommen über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten sei jedoch sichergestellt, dass "dabei ein bereichspezifischer und angemessener Datenschutz gewährleistet wird".
Fluggastdaten: Neues Verfahren und 15-jährige Speicherung
Derner hat der deutsche Bundestag einem Gesetzentwurf zum Abkommen zwischen der EU und den Vereinigten Staaten über die Weitergabe der Fluggastdaten (16/6750) zugestimmt. Der Entwurf regelt, wie Fluggesellschaften, die Passagierflüge in oder aus den USA vornehmen, Fluggastdaten an das United States Department of Homeland Security (DHS) weiterleiten.
Danach wird sich unter anderem zum 1. Januar 2008 das Übermittlungsverfahren ändern: Während das DHS bislang im so genannten Pull-Verfahren - im automatisierten Abrufverfahren - selbst auf die Daten zugreift, werden die Fluggesellschaften künftig die Daten von sich aus übermitteln (Push-Verfahren). Sensible Daten wie etwa Rasse, Religion oder Daten über die Gesundheit sollen herausgefiltert und umgehend gelöscht werden.
Alle anderen Daten werden für sieben Jahre in einer "aktiven Datenbank" gespeichert und verbleiben dann weitere acht Jahre in einer "ruhenden" Speicherung.
Bewegungsprofile auf Basis deutscher Fluggastdateninformationen
Das US-Heimatschutzministerium, das die Verhandlungen mit der deutschen Ratspräsidentschaft über eine neues, dauerhaftes Abkommen zur Übermittlung von Fluggastdaten führte, sammelt laut einem Bericht der Washington Post (22. September 2007) mehr Daten über Reisende als vereinbart worden war. Vor dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages verkaufte der Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, die Reduzierung von ursprünglich 34 auf 19 Datensätzen europäischer Flugreisender im Fluggastdatenabkommen als einen Erfolg.
Nun wird berichtet, dass die Datensammlung von US-amerikanischer Seite wesentlich erweitert wurde. Demnach werden bei den PNR-Daten (PNR = Passenger Name Record) auch ethnische Abstammung, Telefonnummern von Bekannten oder Flüge von US-Bürgern registriert, die sie beispielsweise nur innerhalb Europas gemacht haben. Zudem seien die US-Stellen auch an der mitgeführten Literatur Flugreisender interessiert (http://futurezone.orf.at).
Antwort (16/6893) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (16/6713)
1. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die durch europäische Fluggesellschaften übermittelten personenbezogenen Daten europäischer Flugreisender durch das US-Heimatschutzministerium im so genannten ATS (Automated Targeting System) ausgewertet und gespeichert werden?
Wenn ja, welche Haltung nimmt die Bundesregierung hierzu ein, und wie beurteilt sie die Nutzungdes ATS vor dem Hintergrund deutscher Datenschutzstandards?
Der Bundesregierung ist bekannt, dass die von den europäischen Fluggesellschaften übermittelten PNR-Daten durch das United States Department of Homeland Security (DHS) mittels des Automated Targeting Systems (ATS) ausgewertet werden. Durch das Abkommen vom 26. Juli 2007 zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Records – PNR) und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an das DHS ist sichergestellt, dass dabei ein bereichspezifischer und angemessener Datenschutz gewährleistet wird.
2. War die Nutzung und Ausgestaltung des ATS Gegenstand der Verhandlungen zwischen dem Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, und dem Heimatschutzminister der USA, Michael Chertoff?
Welche Position hat hierzu der Bundesminister des Innern, Dr. Wolfgang Schäuble, in den Verhandlungen vertreten?
Das ATS stellt ein von den US-Behörden benutztes Analyseinstrument dar. Gegenstand der Verhandlungen waren keine Analyseinstrumente, sondern ein Vertragswerk, das Rechtssicherheit und einen angemessenen Datenschutz sicherstellt.
3. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die PNR-Daten nicht nur im ATS gespeichert und geprüft werden, sondern auch mit weiteren Systemen, wie dem ACS (Automated Commercial System), dem AES (Automated Export System), dem ACE (Automated Commercial Environment) und dem TECS (Treasury Enforcement Communication System) verknüpft werden?
Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diese Verknüpfungen?
Der Bundesregierung war und ist bekannt, dass die PNR-Daten mit anderen Systemen abgeglichen werden. Hierfür gelten die im Abkommen vom 26. Juli 2007 festgelegten datenschutzrechtlichen Sicherungen.
4. War der deutschen Verhandlungsdelegation bekannt, dass die PNR-Daten nicht nur im ATS gespeichert, sondern auch mit den anderen aufgeführten Systemen verknüpft werden sollen?
a) Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt wurde die Bundesregierung über diesen Sachverhalt informiert?
b) Wenn nein, zu welchem Zeitpunkt nach Abschluss der Verhandlungen über ein neues Fluggastdatenabkommen wurde die Bundesregierung über die Nutzungweiterer technischer Systeme durch die US-Stellen informiert?
Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen.
5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die US-Stellen, obwohl nicht im aktuellen Fluggastdatenabkommen vorgesehen, Telefonnummern von Bekannten, Kontaktnummern von Familienmitgliedern, Namen von Mitreisenden, die ethnische Herkunft Flugreisender und Titel mitgeführter Literatur sammeln und personenbezogen speichern?
a) Wenn ja, wie ist die mit der ursprünglich vorgesehenen Reduzierung der personenbezogenen Daten von 34 auf 19 Datensätze zu vereinbaren?
b) Wenn nein, wie beurteilt dann die Bundesregierung entsprechende Meldungen und Dokumente der Washington Post, des ORF und des Identity Project?
Die an die USA zu übermittelnden Daten sind in Abschnitt III. des US-Begleitschreibens zum PNR-Abkommen (Amtsblatt EU Nr. L 204 vom 4. August 2007, S. 18-25) abschließend festgelegt. Die Bundesregierung hat keine Anhaltspunkte, dass sich die USA weitere Daten aus den Buchungssystemen der Fluggesellschaften übermitteln lassen.
6. Wenn der Bundesregierung derartige Fälle von der Speicherung weiterer personenbezogener Daten bisher nicht bekannt waren, wird sie unverzüglich die US-Administration um Auskunft und Information ersuchen?
Wenn nicht, welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung dagegen?
Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen.
7. Ist es Bestandteil des aktuellen Fluggastdatenabkommens, dass personenbezogene Daten US-amerikanischer Staatsbürger die sich auf innereuropäischen Flügen fortbewegen, an das US-Heimatschutzministerium weitergeleitet werden?
Wenn ja, welche Gründe und welche Rechtsgrundlage sprechen aus Sicht der Bundesregierung für die Weitergabe dieser Informationen an US-Stellen?
Der Anwendungsbereich der PNR-Datenübermittlung ist in Paragraf 1 des Abkommens vom 26. Juli 2007 festgelegt. Erfasst werden danach Auslands-Passagierflüge in die oder aus den USA. Nach Abschnitt III Nr. 9 des US-Begleitschreibens ist dabei auch der Reiseverlauf – einschließlich Zubringer – und Anschlussflügen, soweit unter der gleichen PNR-Nummer erfasst – zu übermitteln.
(Deutsche Bundesregierung: ra)
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